Die goldene Hochzeitsreise aufs Wetterhorn
[532 a] Die goldene Hochzeitsreise aufs Wetterhorn. In den Junitagen dieses Jahres wurde in Grindelwald eine goldene Hochzeit gefeiert, die einzig in ihrer Art dasteht; denn das greise Jubelpaar hat zur Verherrlichung seines Festtages das Wetterhorn bestiegen und somit eine Tour ausgeführt, vor der Tausende Neuvermählte in der Vollkraft der Jugend sicher zurückschrecken würden. Die ungewöhnliche goldene Hochzeitsreise erscheint jedoch durchaus natürlich, wenn wir erfahren, daß der Jubilar als einer der bewährtesten Führer in den Alpen weit und breit berühmt ist. Christian Almer aus Grindelwald hat seit mehr als vierzig Jahren als Führer gewirkt und zahlreiche Berggipfel bestiegen – vom Montblanc bis zu den Dolomitzacken in Südtirol. Er steht bereits im 72. Lebensjahre, und seine Frau, das „Schlunegger-Gritli“, ist um ein Jahr älter. Fürwahr, das greise Jubelpaar muß sich eiserner Gesundheit und unverwüstlicher Kraft erfreuen, daß es eine derartige Vergnügungstour unternehmen und glücklich ausführen konnte! Bei schlechtem Wetter, unter strömendem Regen trat es den Weg an, und Frau Almer sah in ihrem weißen Schleier und grauen Filzhütchen recht frisch und munter, beinahe jugendlich aus. Den Jubilaren schlossen sich zwei Söhne und eine Tochter Almers an. Trotz des schlechten Wetters wurde die Klubhütte beim Gleckstein glücklich erreicht, und hier verbrachte die Gesellschaft im warmen Sonnenschein einen fröhlichen Tag. In der Frühe des 22. Juni ging es weiter bergauf, und morgens 61/2 Uhr war der Berggipfel erreicht, den Almer vor 42 Jahren mit einem jungen Tannenbaum geschmückt hatte. Der Abstieg wurde rüstig vollzogen, und abends 7 Uhr war das Jubelpaar wieder in Grindelwald angelangt. Es war noch so kräftig und munter, daß es an dem Feste teilnehmen konnte, welches zu seinen Ehren im Hotel Adler begangen wurde. – Mögen den braven Alten noch viele glückliche Jahre in ihrer herrlichen Alpenheimat beschieden sein!