Die französische Jury und die englische Jury

Textdaten
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Autor: Sir Richard Phillips
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Titel: Die französische Jury und die englische Jury
Untertitel:
aus: Das Ausland, Nr. 22, S. 85
Herausgeber: Eberhard L. Schuhkrafft
Auflage:
Entstehungsdatum: 1927
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Cotta
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Erscheinungsort: München
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Die französische Jury und die englische Jury.


Bei Gelegenheit eines kürzlich erschienenen Werkes über die Geschwornengerichte[1] äußert der französische Globe in einem seiner letzten Blätter: „Täglich wird es offenbarer, wie illusorisch die Garantien sind, die wir in unsern Gesetzen zu finden wähnten. Selbst denen, welche am geneigtesten sind, sich solchen Hoffnungen hinzugeben, muß mehr und mehr die Täuschung schwinden. Sogar die gerichtliche Gewalt, die einzige, welche in Frankreich noch eine Stütze gegen die von den Agenten des Ministeriums der Macht ausgehende Unterdrückung bilden könnte, fühlt sich in ihrer Wirksamkeit gehemmt, so oft der Schwache gegen die Macht der ausübenden Gewalt ihre Hülfe anruft. Die den militärischen Autoritäten eingeräumte Befugniß über Verbrechen, die von Soldaten gegen Bürger begangen werden, zu richten; das den Tribunalen auferlegte Verbot, die Klagen von Bürgern gegen Agenten des Ministeriums, die ihre Pflichten überschritten haben, ohne Autorisation des Staatsrathes zu untersuchen; endlich das Vorrecht der Administration, den gerichtlichen Gang durch das einzige Wort conflit aufzuhalten, würde allein schon hinreichen, Personen und Eigenthum des Schutzes der Gesetze zu berauben, selbst wenn auch keine andern Mängel in den politischen Institutionen vorhanden wären.

Dieser Mangel an Garantien, der uns jedesmal bemerklich wird, so oft es sich um Ausübung irgend eines öffentlichen Rechts handelt, muß selbst dem weniger mit der Sache Bekannten in die Augen fallen. Nicht eben so klar ist die Quelle des Uebels selbst. Comte’s vorliegendes Werk löst dieses Problem rücksichtlich der gerichtlichen Gewalt, der Institution des Geschwornengerichts und folglich der Wahl der Deputirten[WS 2], auf welche das Jury-Gesetz so großen Einfluß übt.

Comte stellt die Jurygesetze Englands und Frankreichs einander gegenüber; er untersucht die Gründe der Macht des einen und der Schwäche des andern, und gelangt auf diesem Wege zu folgenden Hauptresultaten:

In England werden die Vorbereitungslisten der Geschwornengerichte von den, durch die Bürger ernannten Beamten der Kirchspiele entworfen; in Frankreich von Agenten, die das Ministerium nach Willkür ernennt und absetzt. In England wird über die Reklamationen, welche gegen die Listen erhoben werden, öffentlich Recht gesprochen, und zwar von Männern, welche durch ihr Vermögen unabhängig sind und von der Regierung keinerlei Art von Besoldung ziehen; in Frankreich werden jene Reklamationen bei verschlossenen Thüren und von den nämlichen Agenten abgeurtheilt, welche die Listen entworfen haben. In England ist die Fähigkeit, im Geschwornengericht zu sitzen, von dem Einkommen abhängig, das jeder besitzt, oder von andern Umständen, auf welche die Regierung keinen Einfluß hat, in Frankreich aber von dem Betrag der Steuern, die man bezahlt, und diese Steuern sind vertheilt, wie es der Willkühr der Minister oder ihrer Agenten gefällt. In England genügt, um Geschworner seyn zu können, ein Alter von 21 Jahren und ein reines Einkommen von zehn Pfund Sterling (etwa 120 fl.) von Grundbesitz; in Frankreich ist ein Alter von 30 Jahren und eine Steueranlage von 300 Frkn. direkter Abgaben nöthig. In England endlich, und dieß ist der Hauptpunkt, kann der Beamte keinerlei Nachläßigkeit, keinerlei Untreue in Entwerfung der Listen begehen, ohne Gefahr zu laufen, daß seinem Vergehen unausbleiblich die angemessene Strafe folge; in Frankreich aber gibt es keine Art von Nachläßigkeit, keine Art von Untreue, welche sich die Agenten der Regierung nicht ungestraft erlauben dürften; denn nicht nur setzt das Gesetz durchaus keine Strafe für Pflichtverletzung dieser Art fest, sondern das Ministerium findet auch, selbst wenn seine Agenten gerichtliche verfolgt werden, immer Mittel, ihre Straflosigkeit zu sichern.


  1. Des pouvoirs et des obligations des Jurys, par Sir R. Phillips, ex-sherif de Londres et de Middlesex, traduit de l’anglais et précédé de considérations sur le pouvoir judiciaire[WS 1] et sur l’institution du jury en France, en Angleterre et aux Etats-Unis d’Amérique; par Ch. Comte, avocat, prof. hon. de droit etc. etc. 2me edit. Paris 1827.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: udiciaire
  2. Vorlage: Deputirteu