Die ehemalige Begräbnis- oder Hospitalkirche zu Stolpen

Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Die ehemalige Begräbnis- oder Hospitalkirche zu Stolpen
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 104–105
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: SLUB Dresden und Wikimedia Commons
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47. Die ehemalige Begräbnis- oder Hospitalkirche zu Stolpen.

In unmittelbarer Nähe des Hospitals und des Gottesackers zu Stolpen stand bis zum Jahre 1795 eine schmucke Kirche, die Begräbnis- oder auch Hospitalkirche genannt. Bei einem furchtbaren Brande am 20. März 1795, dem nicht weniger als 52 Häuser zum Opfer fielen, wurde auch die Hospitalkirche, die bei den früheren Feuersbrünsten immer glücklich verschont geblieben war, bis auf die Umfassungsmauern vollständig zerstört. Bei jenem wütenden Feuer, das früh gegen 2 Uhr ausbrach und die Bewohner Stolpens aus dem tiefsten Schlafe schreckte, wurden alle Häuser vom ehemaligen „Stadtrichter König’schen Hause, neben welchem das Feuer ausgebrochen war, bis zur Hospitalkirche samt dem Vorwerke“ ein Raub der verheerenden Flammen.

Burg-Ruine Stolpen. Ruine der Hospitalkirche, jetzt abgebrochen.

Die Hospitalkirche diente in den früheren Jahrhunderten fast ausschließlich als Begräbniskirche und wurde eigentlich nur bei Begräbnissen benützt. Den Namen „Hospitalkirche“ erhielt sie von dem neben ihr befindlichen Hospitale. Als am 1. August 1632 und am 4. März 1723 die Stadt-, Pfarr- oder Hauptkirche unterhalb des Schlosses durch Feuer zum größten Teile zerstört worden war, diente während des Wiederaufbaues derselben die Begräbniskirche draußen am Hospitale den Bewohnern Stolpens und der eingepfarrten Dörfer als Gotteshaus, und es wurden hier damals regelmäßige Gottesdienste Sonn- und Festtags abgehalten.

[105] Die Geschichte der ehemaligen Begräbniskirche Stolpens ist nicht uninteressant. Wie M. Senff und M. Dinter, zwei frühere Geistliche Stolpens, schreiben, ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, daß die alte Hospitalkirche die frühere Kirche des im Hussitenkriege 1429 verwüsteten Städtchens Jockrim gewesen ist. In ihrer Umgebung haben wir höchst wahrscheinlich auch das alte Jockrim zu suchen. An der Stelle der Hospitalkirche hat ursprünglich eine Kapelle gestanden. Dieselbe soll „unter dem Papsttume von einer andächtigen Person gestiftet worden sein“. An diese ehemalige Kapelle erinnert noch heute der sogenannte Kapellgarten unterhalb des Hospitales und Gottesackers. P. Johann Gottlob Dinter von Stolpen schreibt hierüber folgendes:

„Diese Kapelle hat sicherlich bei der Ausbreitung des Christentums allhier dem alten Stolpberge eine Praevalenz [Überlegenheit, Übergewicht] gegeben, welche die Verwandlung dieser Kapelle in eine Kirche notwendig machte, und aus der sich der jetzige Parochialnexus[1] erklären läßt. In der Nähe dieser Kirche müssen auch die ersten Geistlichen gewohnt haben; denn einige Schritte davon befindet sich ein alter Pfarrgarten. Dem Kapellgarten gegenüber liegen alle Pfarrfelder nach Altstadt zu und Grundstücke, die sich in den Tiergarten hineinziehen und sämtlich im Jahre 1569 vom Kurfürsten August zur Einrichtung seines Vorwerks gekauft worden sind.

An gedachter Kirche war ein Hospital, welches ursprünglich noch einige Schritte weiter heraus nach der jetzigen Stadt zu gestanden hat und vom Bischof Dietrich auf’s Neue erbaut worden war; daher hat sie auch den Namen Hospitalkirche erhalten. Dieses Hospitalgebäude zerstörte das Feuer, worauf es an die Dresdner Straße weiter hinaus verlegt wurde, während an seine alte Stelle ein Töpferofen kam. Dort zerstörte es die Zeit, und es wurde wieder so ziemlich an seinen ersten Ort gesetzt. Dieses Hospital wird nach einer Verschreibung von 2 Schock Zinsen im Jahre 1473 ausdrücklich genannt: „Hospital zu Jockrim, vor der Stadt gelegen.“ –

Im Jahre 1534 ließ Bischof Johann VII. von Schleinitz, der den Bischofsstuhl von 1518–1535 einnahm, den Gottesacker anlegen, bez. bedeutend erweitern und weihte diesen am 3. März desselben Jahres. Die alte Begräbniskirche wurde im Jahre 1616 abgebrochen und von Grund auf aus Steinen neuerbaut und zwar durch den damaligen Bürgermeister Nikolaus Cramer. Die Kirche wurde diesmal größer angelegt und erhielt ein freundlicheres Innere. Die Baukosten wurden gedeckt aus Legaten einiger Engländer, an welche von Stolpen aus Leinwandwaren gesandt wurden. Im Jahre 1698 renovierte man zum letzten Male die neuerbaute Hospitalkirche. Sie blieb in diesem Zustande bis zum Jahre 1795.

In der Begräbniskirche wurde am 3. Dezbr. 1722 der damalige Pastor Stolpens, M. Christoph Freyberg, beigesetzt. Er war der Vater des später so berühmten Rektor der Sankt Annenschule zu Dresden, des M. Christian August Freyberg, dem wir so manche wertvolle Nachricht über die Stadt Stolpen verdanken.

Von der ehemaligen Begräbniskirche Stolpens sind in dem Hospitale am Eingange zum Gottesacker noch Reste erhalten bis auf diesen Tag. –


  1. Kirchenverband. Bis zum 31. Dezember 1891 waren Altstadt und Helmsdorf mit Stolpen zu einer Kirchgemeinde verbunden. Der Diakonus zu Stolpen war gleichzeitig Pfarrer von Altstadt und Helmsdorf.