Die beiden Mädchen
[119] Die beiden Mädchen.
Zwey junge Mädchen hofften beide,
Worauf? Gewiß auf einen Mann;
Denn dies ist doch die größte Freude,
Auf die ein Mädchen hoffen kann.
War nicht unordentlich gebaut;
Sie hatt ein rund Gesicht, und eine zarte Haut;
Doch eine sehr gezwungne Miene.
So fest geschnürt sie immer gieng,
So schön sie auch ihr Haar zusammen rollte:
So ward sie doch bey alle dem,
Je mehr man sah, daß sie gefallen wollte,
Um desto minder angenehm.
War im Gesichte nicht so zart;
Doch frey und reizend in der Miene,
Und liebreich mit gelaßner Art.
Und wenn man auf den heitern Wangen
Ward ihrem Reiz doch nichts dadurch entwandt;
Und selbst ihr Reiz schien, solche zu verlangen.
Sie putzte sich nicht mühsam aus,
Sie pralte nicht mit theuren Kostbarkeiten.
Die über ihren Ort, den sie erlangt, sich freuten,
[120] Und eine nach dem Leib wohl abgemeßne Tracht,
War Carolinens ganze Pracht.
Ein Freyer kam; man wies ihm Philippinen;
Allein sein Herz blieb frey, er wollte wieder gehn.
Kaum aber sah er Carolinen:
So blieb er vor Entzückung stehn.
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Im Bilde dieser Frauenzimmer
Die erste pralt mit weit gesuchtem Schimmer,
Sie fesselt nicht; sie blendet nur.
Die andre sucht durch Einfalt zu gefallen,
Läßt sich bescheiden sehn; und so gefällt sie allen.