Die Zinngruben bei Austle in Cornwallis

CLXII. Dublin Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Vierter Band (1837) von Joseph Meyer
CLXIII. Die Zinngruben bei Austle in Cornwallis
CLXIV. Odessa
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Die ZINNGRUBEN in CORNWALLIS
(England)

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CLXIII. Die Zinngruben bei Austle in Cornwallis.




Unter den Metallreichthümern Englands ist keiner größer als der, welchen seine Zinngruben verbergen. Schon die Phönizier kannten ihn, und er gab dem Lande seinen ältesten Namen. Ihr Hauptsitz ist in dem romantischen Cornwallis, dessen Inneres 200 bis 600 Fuß hohe wild-geklüftete Felswände durchkreuzen, in dem die Zinnadern, bald mehr oder minder reich, zu Tage ausgehen, oder in eine Tiefe hinabsteigen, deren Gränzen noch nicht erforscht sind. Viele dieser seit Jahrtausenden bebaueten Gruben gehen meilenweit unter dem Meerboden hin, und hoch über den Köpfen der Bergleute rauschen, ihnen hörbar, die Wogen. An andern Orten ist das zinnreiche Gestein in weiten Kratern ausgebrochen, von deren Boden oft noch Schafte viele hundert Fuß tiefer hinabdringen, einzelne reiche Adern verfolgend. Eine solche Grube ist die bei Austle, eine der reichsten und merkwürdigsten des Landes.

Mit Erstaunen sieht man diese Aushöhlung des harten Felsens, gegen die, als Werk von Menschenhand, die bewunderten Tempelaushöhlungen Indiens als klein erscheinen. Es mißt dieser Krater über eine halbe Stunde im Umfang und feine Tiefe wechselt zwischen 250 bis 300 Fuß. Schachten und Stollen, die man vom Boden aus in verschiedenen Richtungen zur Verfolgung einzelner Adern getrieben, sind jetzt, wegen vertheuerten Handlohns und verminderten Gehaltes der Erze, größtentheils ersäuft und verlassen: der Bau in horizontaler Richtung wird jedoch eifrig fortbetrieben und beschäftigt immer einige hundert Hände. Einige auf dem Plateau des Gebirges entspringende Quellen sind in die Grube geleitet und sie bilden vereinigt einen kleinen Bach, dessen starkes Gefälle mehrere Triebwerke zum Verkleinern der Erze, Heben der Grubenwasser etc. treibt, und deren Gebäude auf der Sohle bes Schachtes stehen. Wenige Reisende dürfen es wagen auf den schmalen Felsentreppen, die an den senkrechten [71] Wänden kleben, hinab zu steigen in die schauerliche Tiefe, in der die Arbeiter, von oben gesehen, klein wie Ameisen erscheinen. Unglücksfälle sind nicht selten, und erst vor Kurzem ereignete sich der Fall, daß ein junger Mann, schwindelich geworden, stürzte, und noch zwei seiner Begleiter, die ihn halten wollten, mit sich hinab in den schreckenvollen Tod zog.