Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Die Weltuhr
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 51
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1885
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Fortschritte und Erfindungen der Neuzeit.

Die Weltuhr.

In dem jetzigen Zeitalter des Dampfes und der Elektricität, in welchem durch Eisenbahnen Entfernungen auf der Erdoberfläche gewissermaßen abgekürzt und durch Telegraphen sogar fast ganz aufgehoben werden, machen sich die Unterschiede der Orts-Zeiten um so mehr bemerklich. Reist man von Berlin nach Paris, so findet man, daß die Taschenuhr, welche nach Berliner Zeit gestellt war, gegen die Pariser Uhren um 44½ Minuten vor geht, während bei einer Reise nach Moskau die Taschenuhr um 1 Stunde 36½ Minuten nach gehen würde. Die Zeitunterschiede werden immer größer, je weiter man nach West oder Ost reist. Am auffallendsten treten dieselben bei Anwendung des elektrischen Telegraphen auf. Wird z. B. eine Depesche in London Mittags 1 Uhr nach New-York aufgegeben, so muß dieselbe Morgens 8 Uhr 4½ Minuten desselben Tages dort sein, während eine Depesche, in New-York Mittags 1 Uhr nach London aufgegeben, dort Abends 5 Uhr 55½ Minuten eintreffen wird, obwohl zur Beförderung der Depesche nur wenige Minuten nöthig sind.

Alle derartige Zeitdifferenzen werden hervorgebracht durch die Verschiedenheit der Orts-Zeiten, welche wiederum bedingt sind durch die Lage der Orte nach geographischer Länge.

Eine Vervollkommnung unserer Uhren, wonach dieselben nicht allein die Zeit des Ortes zeigen, für welchen sie gestellt sind, sondern zugleich auch fortlaufend die lokalen Zeiten der wichtigsten Orte der Erde angeben, ist nun gewiß ganz zeitgemäß.

Bei der oben abgebildeten Uhr, die von Otto Wigand in Zeitz hergestellt wird, ist dies schwierig scheinende Problem in einfachster Weise gelöst. Innerhalb eines in 24 Stunden getheilten Zifferblattes, auf welchem die 12 Tagstunden und 12 Nachtstunden besonders markirt sind, dreht sich eine Scheibe, auf welcher alle diejenigen Orte, für welche die Orts-Zeiten verglichen werden sollen, entsprechend ihrer Lage nach geographischer Länge eingezeichnet sind.

Die Scheibe macht (wie die Erde, welche sie darstellt) in je 24 Stunden einen Umlauf, und mit ihr zugleich auch der Stundenzeiger. Dieser wird über denjenigen Ort auf der Scheibe fixirt, für welchen der Apparat als gewöhnliche Uhr dienen soll. In Berlin wird man also den Stundenzeiger über den Punkt, welcher Berlin bezeichnet, in Petersburg über den von Petersburg feststellen etc. Der Minutenzeiger, welcher, wie bei jeder anderen Uhr, in jeder Stunde einen Umlauf macht, vervollständigt den Apparat zu einer gewöhnlichen Uhr. Ein dritter Zeiger, welcher sich durch seine Form und weiße Farbe deutlich von den beiden anderen unterscheidet, läßt sich leicht auf der Achse drehen und dient zur Vergleichung der lokalen Zeiten. Man hat zu dem Zweck nur nöthig, denselben über den Ort zu stellen, für welchen die augenblickliche Zeit gesucht werden soll, um sofort an seiner Spitze dieselbe ablesen zu können. Zeigt z. B. ein nach Leipziger Zeit gehender Apparat Nachmittags 3 Uhr 10 Minuten, und man will wissen, wie spät es in demselben Augenblick in Sydney ist, so dreht man den weißen Zeiger über Sydney, welcher dann 12 Uhr 25 Minuten Nachts als die gesuchte Zeit angeben wird. Aus der mit eingezeichneten Datumgrenze erkennt man zugleich, daß um diese Zeit in Sydney der folgende Tag bereits angebrochen, während es beispielsweise in Honolulu in demselben Augenblick erst Morgens 3 Uhr 48 Minuten des nämlichen Tages ist. – Auch ohne Uhrwerk dient der Apparat zur Vergleichung und Bestimmung der lokalen Zeiten und ist in dieser Form ebensowohl ein instruktives Lehrmittel für Schule und Haus, wie auch eine zeitgemäße Beigabe für jede Uhr und ein Schmuck für Komptoir und Wohnzimmer.