Die Vergänglichkeit (Hebel, 1834)
Siehe auch: Die Vergänglichkeit (1803) |
Der Bueb seit zum Aetti:
Fast allmol, Aetti, wenn mer’s Röttler Schloß
so vor de Auge stoht, se denki dra,
öbs üsem Hus echt au e mol so goht.
im Basler Todtetanz? Es gruset eim,
wie länger as me’s bschaut. Und üser Hus,
es sizt io wie ne Chilchli uffem Berg,
und d’Fenster glitzeren, es isch e Staat.
I mein emol, es chönn schier gar nit sy.
Der Aetti seit:
Du gute Bursch, ’s cha frili sy, was meinsch?
’s chunnt Alles iung und neu, und Alles schlicht
und nüt stoht still. Hörsch nit, wie’s Wasser ruuscht,
und siehsch am Himmel obe Stern an Stern?
Me meint, vo alle rühr si kein, und doch
ruckt Alles witers, Alles chunnt und goht.
De bisch no iung; närsch, i bi au so gsi,
iez würds mer anderst, ’s Alter, ’s Alter chunnt,
und woni gang, go Gresgen oder Wies,
in Feld und Wald, go Basel oder heim,
briegg, alder nit! und bis de bisch wien ich,
e gstandne Ma, se bini nümme do,
und d’Schof und Geiße weiden uf mi’m Grab,
Io wegerli, und ’s Hus wird alt und wüest;
und d’Sunne bleicht der’s schwärzer alli Tag,
und im Vertäfer popperet der Wurm.
Es regnet no dur d’Bühne ab, es pfift
der Wind dur d’Chlimse. Drüber thuesch du au
und pletze dra. Z’letzt fuults im Fundement,
und ’s hilft nüt meh. Und wemme nootno gar
zweitusig zehlt, isch Alles z’semme g’keit,
Und ’s Dörfli sinkt no selber in si Grab.[a 1]
goht mit der Zit der Pflueg. –
Der Bueb seit:
Nei, was de seisch!
Der Aetti seit:
Isch Basel nit e schöni tolli Stadt?
’s sin Hüser drinn, ’s isch mengi Chilche nit
so groß, und Chilche, ’s sin in mengem Dorf
nit so viel Hüser. ’s isch e Volchspiel, ’s wohnt
und menge, wonni gchennt ha, lit scho lang
im Chrütz-Gang hinterm Münster-Platz und schloft.
’s isch eithue, Chind, es schlacht e mol e Stund,
goht Basel au in’s Grab, und streckt no do
en alte Thurn, e Giebel-Wand; es wachst
do Holder druf, do Büechli, Tanne dört,
und Moos und Farn, und Reiger nitze drinn[a 2] –
’s isch schad derfür! – und sin bis dörthi d’Lüt
d’Frau Faste, ’s isch mer iez, sie fang scho a,
mer seits emol, – der Lippi Läppeli,[a 3]
und was weiß ich, wer meh. Was stoßisch mi?
Der Bueb seit:
do sin, und do an Berg und Wald verbei!
Dört obe iagt e wilde Jäger, weisch?
Und lueg, do niden in de Hürste seig
gwiß ’s Eier-Meidli g’lege, halber fuul,
Der Aetti seit:
Er het der Pfnüsel! Seig doch nit so närsch!
Hüst Laubi, Merz! – und loß die Todte go,
sie thüen der nüt meh! – Ie, was hani gseit?[a 4]
Und goht in langer Zit e Wanders-Ma
ne halbe Stund, e Stund wit dra verbei,
se luegt er dure, lit ke Nebel druf,
und seit si’m Kamerad, wo mittem goht:
seig d’Peters-Chilche gsi, ’s isch schad derfür!“[a 5]
Der Bueb seit:
Nei, Aetti, ischs der Ernst? ’s cha nit sy!
Der Aetti seit:
und mit der Zit verbrennt di ganzi Welt.
Es goht e Wächter us um d’Mitternacht,
e fremde Ma, me weiß nit, wer er isch,
er funklet, wie ne Stern, und rüeft „Wacht auf!
der Himmel, und es dundert überal,
z’erst heimlig, alsg’mach lut, wie sellemol
wo Anno Sechsenünzgi der Franzos
so uding gschosse het. Der Bode schwankt,[a 6]
und lüte selber Bett-Zit wit und breit,
und Alles bettet. Drüber chunnt der Tag;
o, b’hüetis Gott, mer brucht ke Sunn derzue,
der Himmel stoht im Blitz, und d’Welt im Glast.
und endli zündets a, und brennt und brennt,
wo Boden isch, und Niemes löscht. Es glumst
wohl selber ab. Wie meinsch, siehts us derno?[a 7]
Der Bueb seit:
de Lüte denn, wenn Alles brennt und brennt?
Der Aetti seit:
He, d’Lüt sin nümme do, wenns brennt, sie sin –[a 8]
wo sin sie? Seig du frumm, und halt di wohl,
Siehsch nit, wie d’Luft mit schöne Sterne prangt!
’s isch iede Stern verglichlige ne Dorf,
und witer obe seig e schöne Stadt,[a 9]
me sieht sie nit vo do, und haltsch di guet,
und findsch der Aetti dört, wenn’s Gottswill isch,
und ’s Chünge selig, d’ Muetter. Oebbe fahrsch
au d’Milchstroß uf in die verborgni Stadt,
und wenn de sitwärts abe luegsch, was siehsch?
der Blauen au, as wie zwee alti Thürn,
und zwische drinn isch Alles use brennt,
bis tief in Bode abe. D’Wiese het
ke Wasser meh, ’s isch Alles öd und schwarz,
und seisch di’m Kammerad, wo mitder goht:
„Lueg, dört isch 'd’Erde gsi, und selle Berg
het Belche gheiße! Nit gar wit dervo
isch Wisleth gsi, dört hani au scho glebt,
und broochet, Matte g’raust, und Liecht-Spöh’ g’macht,
und g’vätterlet, bis an mi selig End,
und möcht iez nümme hi.“ – Hüst Laubi, Merz!
Ausgabe I.
- ↑ Und endli sinkt’s ganz Dörfli in si Grab.
- ↑ Und Moos und Farn, und Reiger sitze druf –
- ↑ Der Sulger, wo die arme Bettel-Lüt
vergeistert het, der Lippi Läppeli, - ↑ ’s sin Narr-Posse! – Ie, was hani gseit?
- ↑ isch d’ Peters-Chilche gsi, ’s isch schad derfür!“
- ↑ so uding gschosse het. Der Bode wankt,
- ↑ z’lezt selber ab. Wie meinsch, siehts us derno?
- ↑ Närsch, d’Lüt sin nümme do, wenns brennt, sie sin –
- ↑ und witer obe seig e schöni Stadt,