Die Ursache des Einschlagens vom Blitze:§ 10

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Die Ursache des Einschlagens vom Blitze ab S. 18
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§. 10.

Aus diesen Beobachtungen können wir genugsame Folgen ziehen: ich werde aber noch jeden Punkt durch fernere Erfahrungen bestätigen *). Es war zwar schon von alten Zeiten her angemerket worden, daß der Blitz oft mit Vorbeygehung anderer Körper, auf Metalle gefallen sey: allein, man hatte keinen Nutzen daraus zu ziehen gewußt. Dem vortreflichen Naturforscher, Dr. Franklin[1] in Philadelphia, haben wir endlich die wichtige Entdeckung zu danken, wie man aus der beobachteten Eigenschaft des Blitzes, daß er vor allen festen Körpern dem Metalle nachfolget, und auch ungehindert dadurch fähret, seine Gebäude zu beschützen lernen könnte **). Seine Landesleute sind gleich bereit gewesen, guten Rath anzunehmen, und sie haben sich sehr wohl dabey befunden. Es war aber auch auf diese Gedanken zuerst |[19] durch die beobachtete Aehnlichkeit des Blitzes mit den elektrischen Erfahrungen, dabey er vorzügliche Schafsinnigkeit bezeiget hat, geführet worden, und sie wurden hernach auch durch Bemerkungen bey würklichen Wetterschlägen vielfältig bestätiget. So erzehlet er z. E. *) eine Beobachtung von einem Thurme zu Newbury in Neuengland, welcher von Holz gebauet, und mit der Spitze 140. Fuß hoch war. In dessen Mitte hing die Stundenglocke. Als nun 1754. ein starker Wetterstrahl auf diesen Thurm fuhr, ward die hölzerne Spitze, welche 70 Fuß über die Glocke erhaben war, und oben eine Wetterfahne trug, gänzlich in Stücken, und aus einander geschlagen. Von dem Hammer der Glocke aber ging ein dünner eiserner Drath durch zween Böden zur Uhr, welche 20 Fuß niedriger im Thurm war. Dieser ward bis auf die beyden Enden gänzlich vom Blitze zerstäubet. Hernach war der Strahl noch längst der Pendulstange von der Uhr, welche als eine Schreibfeder dick war, herunter gegangene. So weit nun theils der dünne obgleich vom Blitze zerschmolzene Drath, theils die Pendulstange, welche unversehrt geblieben, heruntergereichet, war das Gebäude nicht beschädiget, und nur einige Zeichen von dem Zuge des Blitzes daran zu sehen, unterwärts aber war es bis auf die Grundmauer wieder sehr zerschmettert. Es sind auch an andern Orten verschiedene ähnliche Be|[20]merkungen von der Leitung eines Wetterstrahls durch metallene Dräthe, und dergl. gemacht worden *).

|[18]*) Dabey muß ich erinnern, daß die würklichen Beobachtungen aus glaubwürdigen Schriftstellern getreulich anführen werde, ohne mich indessen an die verschiedenen Vorstellungen und Erklärungen zu binden, wenn mich der Zusammenhang der Erfahrungen, anders davon zu denken, leitet, und ohne die Meinungen dieser Schriftsteller zu widerlegen.

**) S. seine New Experiments and observations on Electricity. 2. edit. Lond. 1754. 4. Der Auszug den Hr. Mylius[2] in den Physikal. Belust.[3] im 17ten St. p. 459. aus diesem Werk giebet, und die Französische Uebersetzung sind hie und da unrichtig ausgedrückt.

|[19]*) Phil. Trans. Vol. XLIX. p. 307.[4]

|[20]*) Ich kann hiebey auch anführen, was ich 1760. bey der von einem Blitze getroffenen Kirche zu Altona beobachtet habe. Die Umstände des ersten Einbruchs in die Kirche, welche ich damals verhindert ward zu betrachten, werde ich unten (§. 13. not. *) erwägen. Was mich aber besonders aufmerksam machte, waren verschiedene Reihen von kleinen Löchern, welche hie und da in gerader Linie, und gleichsam mit gemessenem Abstande überall an der Gipsdecke der Kirche zu sehen waren. Ich vermuthete bald, daß der metallene Drath, dessen sich die Gipser bedienen, die Rethe, darauf der Gips haften soll, zu befestigen, darunter stecken würde. Als ich nun an einem Orte, wo ich hinzu kommen konnte, es zu sehen und zu fühlen, hinan stieg, fand ich es auch in der That. Die Löcher waren da, wo man die kleinen Nägel zur Befestigung des Drathes eingeschlagen hatte, und an einigen Stellen, wo ein Stück Drath an das andere gefüget war, fanden sich grössere Flecke aus dem Gipse ausgerissen. Hier hatte also der Blitz durch den Drath sich über die ganze Kirche verbreitet, und bey jedem Nagel einen kleinen Absatz gemachet. Das Holzwerk, darauf die Nägel geschlagen, war unbeschädiget. Ich fürchte aber, da mancher Nagel durch den heranfahrenden Blitz abgeschlagen seyn kann, und man nur beschäftiget war, die Löcher gleich wieder zuzuschmieren, daß die Gipsdecke einmal Gefahr laufen könne abzufallen.

Anmerkungen (Wikisource) Bearbeiten

  1. Dr. FranklinBenjamin Franklin (1706–1790) gilt als Erfinder des Blitzableiters.
  2. Hr. Mylius – …
  3. Physikal. Belust. – die zwischen 1751 und 1753 in Berlin von Christoph Mylius (Stück 1–20) und Abraham Gotthelf Kästner (Stück 21–30) herausgegebene Zeitschrift Physikalische Belustigungen, ISSN 0369-9757.
  4. Phil. Trans. Vol. XLIX. p. 307 – Benjamin Franklin: Extract of a Letter concerning Electricity, from Mr. B. Franklin to Mons. Delibard, Inclosed in a Letter to Mr. Peter Collinson, F. R. S., in: Philosophical Transactions 49 (1755/56), S. 305–309, hier: S. 307.