Die Thurbrücke bei Bischofszell
Wer hat diesen steinernen Bogen
Ueber die wilde Thur gezogen?
Daß der Wand’rer die Straße lobet,
Daß das Wasser vergeblich tobet?
Der den Strom gelegt in Bande?
War’s ein Führer in Kriegestagen,
Der die Brücke dem Heer geschlagen?
Oder richtet für Mann und Rosse
Und indeß sein Haus zerfallen,
Ist sein Pfad noch immer zu wallen?
Nein, die Brücke, die ihr schauet,
Manneswort hat sie nicht erbauet;
Stieg sie über dem Felsengrunde.
Die dort auf der Burg gehauset
Hörte wie die Woge brauset,
Sah den Fluß von Waldesquellen
Der vom Strande führt zum Strande,
Sah sie drüben sich drehn und wiegen:
Wehe, wenn Einer hineingestiegen.
Sieht sie ihn mit zwei Wanderern schwanken,
Die sie schauet, es sind in Schöne
Ihre jungen, einzigen Söhne.
Von dem Waidwerk heimgekehret,
Haben doch, die rüstigen Jungen,
Kecklich in den Kahn sich geschwungen.
Doch es lassen sich die Wellen
Nicht wie Thiere des Waldes fällen,
Als sie den Kahn sah umgeschlagen.
Wie sie nun in langem Harme
Breitet’ ihre beiden Arme
Bey den Wellen, den schaumesbleichen,
Mußte sie der Mütter gedenken,
Die noch können schau’n versenken
In den schnell empörten Wogen
Söhne, die sie sich erzogen.
Leichter ihr die bittern Schmerzen,
Wenn sie Andern kann ersparen
Solches Leid, wie sie’s erfahren.
Und noch ehe sie ausgetrauert,
Ward der Strom in’s Bett gezwänget
Und die hohe Brücke gesprenget.
Sah sie dann oft fröhliche Knaben
Ueber den Pfad von Steine traben,
Die in felsiger Tiefe tönen;
Und mit leichtem Tritte wallen
Mütter hinter den Kindern allen,
Sieh da flossen ihre Thränen
End ihr Werk, das fromme, dauert,
Aber sie hat ausgetrauert,
Höret die Wasser nicht mehr toben,
Ist bei den jungen Söhnen droben.