Textdaten
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Autor: Unbekannt
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Titel: Die Tekke-Frau
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aus: Die Gartenlaube, Heft 17, S. 291
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[291] Die Tekke-Frau. In seinen „Reiseschilderungen durch Centralasien“ giebt Heinrich Moser, der jugendliche Reisende, interessante Bilder aus der Kirgisensteppe, aus Taschkend, Bochara, Chiwa und Persien, die Kapitel des Werkes aber, die vorzugsweise die Theilnahme fesseln, behandeln die durch ihren Widerstand gegen die russische Uebermacht rühmlich bekannten Turkmenen und geben uns von Land und Leuten ein anschauliches Bild. Die Illustrationen und Schilderungen aus der Turkmenenwüste und den andern Gebieten, welche dieser Volksstamm bewohnt, sind durchaus stimmungsvoll. Von den Frauen der Tekke-Turkmenen berichtet der Reisende, daß ihre Kleidung, obschon sehr einfach, ihre Reize zur Geltung kommen läßt; sie besteht aus einem langen walleneden, blau- oder rothseidenen Hemde, das von keinem Gürtel gehalten wird. Dieses Hemd ist um den Hals und bis zum Ende der Taille mit Münzen und Silberplatten überladen, woraus eine Art Panzer entsteht, zu dem kleine Silberglöckchen gehören, die bei jedem Schritte erklingen. Diese verschiedenen Münzen, Platten, Glöckchen sowie auch die Armbänder, womit alte Frauen geschmückt sind, beweisen nicht allein den Reichthum des Mannes, sondern auch seinen Muth; denn diese Kleinodien, obgleich von einheimischen Künstlern in turkmenischem Geschmack gearbeitet, stammen von den Raubzügen des Gemahls: die Frau trägt die Siegeszeichen. Der Kopf der verheiratheten Frau ist mit einer kleinen runden gestickten Mütze bedeckt, aus der das lange Haar hervorquillt. Das junge Mädchen trägt die Haare unbedeckt in Flechten. Die Tekke-Frau ist schön, groß und schlank; sie ist die einzige Frau in Centralasien die das Gehen versteht.

„Nichts ist anmuthiger, als ein Mädchen dieser Rasse mit dem großen Krug auf der Schulter nach einem Brunnen wandern zu sehen; oft stand ich still, um dieses Schauspiel zu genießen, das mich die häßlichen Masken von Chiwa und Bochara vergessen ließ. Ich hatte noch einige Arm- und Halsbänder und sonstige Kleinigkeiten übrig, die ich unter meine schönen Besucherinnen vertheilte; sie brachten mir dafür von ihnen angefertigte Handarbeiten, denn die Tekke-Frau ist eine Künstlerin, und unsere feinen europäischen Damen würden sich sehr verwundern, wenn sie sähen, was eine arme Wilde mit ihren Fingern zu Werke bringt. Die Teppiche, welche die Weiber herstellen, sind die schönsten und dauerhaftesten von allen. Uebrigens stehen die Preise sehr hoch; denn in der Achaloase selbst kostet wohl ein kleiner Bettteppich, wenn er schön ist, vierzig Rubel. Größere Arbeiten dieser Art, die ich zu Gesicht bekam, werden bis zu 6000 bis 8000 Mark geschätzt. Im Nothfall wird diese Frau eine Heldin; bei der Eroberung von Gök-Tepe durch die Russen kämpften die Frauen neben den Männern; ein Blatt ihrer langen Schere, am Ende eines Stockes befestigt, bildete die Lanze, von der noch heute mancher russische Soldat die Spuren trägt.“

Obgleich die Vielweiberei im turkmenischen Lande sehr verbreitet ist, behält dennoch die Frau ein gewisses Ansehen. Es giebt sogar einige, die auf die öffentlichen Angelegenheiten Einfluß ausüben. In Merw z. B. erfreute sich die Witwe Nur Werdi Chans eines großen Ansehens und die Tekke sagten: sie regiert in Merw.

Der Bräutigam kauft seine Frau von ihrem Vater. Der Kalim (Kaufpreis) bestand ehemals in einer gewissen im voraus bestimmten Zahl von Sklaven. Vor der russischen Eroberung schwankte der Preis einer Frau zwischen 1000 bis 1600 Mark; aber seit dem Blutbad von Gök-Tepe sind die Frauen viel zahlreicher als die Männer und ihr Preis ist sehr gefallen. Die Frau, die sich verheirathet, bringt als Mitgift eine gewisse Anzahl Filze, welche sie in ihren Mußestunden angefertigt hat und unter denen sich eine sehr feine Decke für das Pferd ihres Gemahls befinden muß. Eines der Sprichwörter der Tekke sagt: Je feiner der Filz für den Renner ist, desto größer ist die Liebe für den Reiter.