Die Societätsbrauerei zum Waldschlößchen bei Dresden

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Titel: Die Societätsbrauerei zum Waldschlößchen bei Dresden
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 3–5
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Societäts-Brauerei zum Waldschlösschen bei Dresden.

[3] Das Bier ist ein sehr altes Getränk, dessen Erfindung man mit ziemlicher Sicherheit einem der intelligentesten Völker des Alterthums, den Aegyptern, zuschreibt; König Osiris, welcher 960 vor Christi lebte, stellte zuerst ein berauschende Kraft besitzendes Getränk aus Gerste oder Weitzen her und nannte es Zuthum oder Carmum. Dieser ägyptische König macht also dem lange nach ihm lebenden ehrwürdigen Flander Gambrinus die Ehre der Erfindung streitig.

Den Römern mochte die Bereitung des Bieres durch die Aegypter bekannt geworden sein, sie gebrauchten es ebenfalls und nannten es Cerevisia, Gabe der Ceres, und später, als sie in die deutschen Gauen eindrangen, fanden sie es als ein echtes Nationalgetränk bei den alten Deutschen, welche es – wie Tacitus erzählt – in unglaublicher Menge zu sich nahmen. Doch war jenes Bier von dem unsrigen verschieden, da die Deutschen den Gebrauch des Hopfens noch nicht kannten, und denselben durch einen Absud von Eichenrinde zu ersetzen suchten. Erst zu Ende des eilften Jahrhunderts begann man dem Biere Hopfen zuzusetzen und vielleicht war es der oben erwähnte, von Vielen für den Erfinder des Bieres gehaltene Gambrinus, König von Flandern, der um das Jahr 1200 lebte, welchem das Bier seine weitere Vervollkommnung verdankt. – Von dieser Zeit an gewann auch der Hopfenbau in Deutschland immer mehr an Ausdehnung.

Wie bei den alten Deutschen war auch noch bis weit hinein in das Mittelalter das Bierbrauen ein Geschäft der Frauen und der trinklustige Deutsche schätzte die Herstellung eines guten Bieres als eine besonders empfehlungswerthe Frauentugend. Späterhin vereinigten sich mehrere Familien zum gemeinschaftlichen Bierbrauen, aber erst im fünfzehnten Jahrhundert, als der Bierverbrauch immer enormer wurde, und die Frauen allein den riesenmäßigen Durst ihrer Männer nicht mehr befriedigen konnten oder wollten, wurde das Bierbrauen ein besonderes Gewerbe, dessen Ausübung ein Vorrecht der Städte war, welches diese auch unter oft erbitterten Kämpfen gegen alle Uebergriffe festzuhalten suchten; der Bierzwang lastete auf der Umgegend der Städte und die Geschichte jener Tage bietet zahllose Bierstreitigkeiten, sowohl der Städte unter sich selbst, als auch mit den Rittergutsbesitzern, welche es wagen wollten, selbst Bier zu brauen. Noch im siebzehnten Jahrhundert kam es vor, daß von Rittergutsbesitzern angelegte Brauereien durch bewaffnete Bürger mit Gewalt zerstört wurden; das Zerschlagen der Fässer, in welchen fremdes Bier in eine Stadt eingeführt wurde, war etwas ganz gewöhnliches.

Auch in Sachsen wurde die Bierbrauerei bald allgemeines städtisches Gewerbe und bei mancher Stadt ward sie selbst der Hauptnahrungszweig, welchem die Bürger ihren Reichthum verdankten; deshalb hielten die Bürger aber auch um so eifriger auf ihre Gerechtsame. Manches der sächsischen Biere war im Auslande berühmt und wurde weithin verfahren: das Leipziger „Rastrum“ und die Bautzner „Klotzmilch“ kannte man weit und breit. Die Behörden wachten darüber, daß der Ruhm ihrer Biere nicht durch schlechtes Gebräu geschadet würde, so z. B. erließ der Rath von Leipzig im Jahre 1531 eine darauf bezügliche Verordnung, durch welche den Meistern ernstlich eingeschärft wurde, persönlich bei dem Brauen zugegen zu sein und die Arbeit nicht ihren Knechten zu überlassen, auch machte man sie für schlecht ausgefallenes Getränk verantwortlich.

[4] Erst zu Ende des siebzehnten Jahrhunderts wurden die Brauereien auf dem Lande häufiger und thaten den städtischen Brauereien bedeutenden Schaden, zudem auch nach und nach der städtische Bierzwang aufgehoben wurde, und Jeder seinen Bedarf holen konnte, wo es ihm eben am besten schmeckte. Dieses hatte wieder sein Gutes, indem die städtischen Brauer sich dadurch veranlaßt sahen, besondern Fleiß zu verwenden, ein recht gutes Bier herzustellen, um den Nebenbuhlern den Rang abzulaufen.

Jetzt gehört die Brauerei in Sachsen zu den ausgebreitetsten Gewerben, denn nicht nur haben die mehrsten Städte und Städtchen zum Theil recht großartige Brauereien, größere Städte sogar mehrere, sondern auch der bei weitem größte Theil der Rittergüter, sowie viele Hammerwerke des Erzgebirges besitzen oft sehr bedeutende und wohlrenommirte Brauereien. Nicht minder sind in neuerer Zeit viele derartige Etablissements durch Actiengesellschaften entstanden. Biere werden aller Art gebraut.

Unter den durch Actiengesellschaften entstandenen Bierbrauereien ist die hervorragendste die Societätsbrauerei zum Waldschlößchen, ferner die Bairische Bierbrauerei auf dem Feldschlößchen bei Dresden, die Actienbrauerei im plauenschen Grunde, die Medinger Brauerei, die Vereinsbrauereien in Leipzig und in Limbach, die erst in Betrieb gesetzten in Kainsdorf und in Chemnitz u.s.w. Auch unter den städtischen und in Privatbesitz sich befindenden Brauereien giebt es nicht minder viele, welche sich eines ausgezeichneten Rufes erfreuen und deren Biere weithin versendet werden.

Aber ungeachtet der bedeutenden Anzahl von Brauereien und der durch dieselben erzeugten Massen von Bier, ist dennoch der jährliche Bedarf Sachsens dadurch noch nicht gedeckt, und während es seinerseits nicht unbedeutende Quantitäten an das Ausland abgiebt, werden wieder ansehnliche Mengen bairischen und anderen fremden Bieres eingeführt und consumirt. In Rücksicht darauf sind fast alle auf Actien errichteten Brauereien darauf berechnet, ein gutes bairisches Bier zu erzeugen, welches allen billigen Anforderungen genügt, um so die Einfuhr fremden Bieres nach und nach zu vermindern und dem Lande bedeutende Summen zu erhalten.

Wir ziehen jetzt die ansehnlichste und älteste dieser Actienbrauereien in den Kreis unserer Betrachtungen,


die Societätsbrauerei zum Waldschlößchen bei Dresden.


Wandern wir auf der Bautzner Chaussee durch die Antonstadt, vorüber dem Link’schen Bade und der Felßnerschen Restauration, so erreichen wir, nachdem wir die Stadt verlassen, in fünf Minuten die aus dunklen Baumgruppen hervorleuchtenden schloßähnlichen Gebäude der Brauerei, in ihrer jetzigen neuen Gestalt eine herrliche Zierde der reizenden Umgebung Dresdens.

Der ansehnliche Gebäudecomplex besteht aus

einem vier Stockwerk hohen, fünfzehn Fenster Fronte haltenden Hauptgebäude, die Brauerei mit Gährkellern, Malztennen und Doppeldarren, sowie Beamtenwohnungen enthaltend;
einem Malz- und Gährhaus, mit Schüttböden;
zwei Lagerkellergebäuden mit Faßböden;
einem Maschinenhaus;
einem Maschinenbetriebshaus;
einer Böttcherei mit Wohnungsräumen;

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einem Schmiedewerkstattgebäude;
einem Pichhaus;
zwei Gefäßschuppen;
vier Holzvorraths- und Arbeiterschuppen;
einem Restaurationsgebäude;
einem Wächterhaus;
einer Gasanstalt mit vier Retorten;
einem Gasometer;
einem Wohngebäude für die Arbeiter;
zwei Stallgebäuden für Viehmastung;
einem Gebäude mit Wohnungsräumen und Pferdestallungen;
zwei Wirthschaftsgebäuden und
einer Scheune.

Hierzu gehören noch Felder und Wiesen. An das Restaurationsgebäude schließt sich ein Park, in welchem man Reste einer von Napoleon I. im Jahre 1813 angelegten Schanze bemerkt.

Die Hauptbranche des Etablissements ist die Bierbrauerei, deren Erzeugnisse sich eines guten Rufs erfreuen und ihren Absatz sowohl im Inlande als auch in dem Auslande finden.

Zum Betrieb der Brauerei sind zwei Dampfmaschinen aufgestellt.

Die Zahl der hier fortwährend beschäftigten Leute beträgt vierundfünfzig, welche aber sich zeitweise auf siebzig vermehrt. Die dauernd beschäftigten Personen sind:

sieben Comptoiristen,
drei Maschinisten,
ein Braumeister,
siebenundzwanzig Fabrikarbeiter und
sechszehn andere Arbeiter u.s.w.

Die obere Leitung des Etablissements führen

der Herr Inspektor Edlich und
der Herr Braumeister Vogl.

Das Etablissement ist im Besitz einer Actiengesellschaft, welche sich im Jahre 1836 bildete und das für ihre Zwecke günstig gelegene sogenannte Waldschlößchen, ein ehemals gräflich Markolinisches Jagdschloß, erstand. In den Jahren 1837 und 1838 ward der Umbau und die innere Einrichtung der Gebäude bewirkt und im letztgenannten Jahre noch die Brauerei in Betrieb gesetzt. In dem ersten Jahre wurden nur 10,000 Eimer Bier erzeugt, doch steigerte sich die Production von Jahr zu Jahr und betrug die Biererzeugung im Jahre 1858 85,000 Eimer.

Der am 4. März 1857 stattgehabte Brand, durch welchen mehrere Gebäude stark litten, konnte in dem flotten Betrieb der Brauerei selbst keine erhebliche Störung hervorrufen; schöner und ansehnlicher als vorher stiegen die Gebäude wieder aus ihrer Asche empor. Das Etablissement erfuhr auch insofern noch eine Erweiterung, als ein neues Restaurationsgebäude errichtet wurde.