Die Rose (Paramythien)
Die Rose.
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„Alle Blumen rings um mich her, sehe ich welken und sterben; und doch nennet man nur immer mich die verwelkliche, die leicht vergängliche Rose. Undankbare Menschen! mache ich euch mein kurzes Daseyn nicht angenehm gnug? ja auch selbst nach meinem Tode bereite ich euch ein Grabmal süsser Gerüche, Arzneyen und Salben voll Erquickung und Stärkung. Und doch hör’ ich euch immer singen und sagen: ach, die verwelkliche, die leicht zerfallende Rose.“
So klagte die Königin der Blumen auf ihrem Thron, vielleicht schon in der ersten Empfindung ihrer auch hinsinkenden Schönheit. Das vor ihr stehende Mädchen hörte sie und sprach: erzürne dich nicht über uns, süsse Kleine und nenne nicht Undankbarkeit, was nur höhere Liebe ist, der Wunsch einer zärtlichen Neigung. Alle Blumen um uns sehen wir sterben und haltens für Schicksal der Blumen; aber dich, ihre Königin, [189] dich allein wünschen und halten wir der Unsterblichkeit werth. Wenn wir uns also in unserm Wunsche getäuscht sehen: so laß uns die Klage, mit der wir uns selbst in dir bedauren. Alle Schönheit, Jugend und Freude unsres Lebens vergleichen wir dir und da sie wie du verblühen, so singen und sagen wir immer: ach die verwelkliche, die leicht zerfallende Rose.