Die Räuber in der Klause des Eremiten

Textdaten
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Autor: Heinrich Pröhle
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Titel: Die Räuber in der Klause des Eremiten
Untertitel:
aus: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten, S. 133–134
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Tonger & Greven
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans eines Exemplares der Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung Berlin, Signatur 19 H 104 auf Commons; E-Text nach Deutsche Märchen und Sagen
Kurzbeschreibung:
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[133]
Die Räuber in der Klause des Eremiten.

Mancherlei Staatsumwälzungen, die in den Niederlanden stattfanden, so wie zuletzt die Zustände in Frankreich seit 1789, bewirkten, daß lange Zeit hindurch und noch im Anfange dieses Jahrhunderts manche Gegenden am Rhein durch Räuberbanden beunruhigt wurden, die bald in den Niederlanden ihren Wohnsitz hatten, bald unter der falschen Maske französischer Soldaten ihre Verwüstungen und Plünderungen bis nach Mülheim an der Ruhr hin ausführten.

Einer der merkwürdigsten unter den Räubern war der sogenannte Fetzer oder Zerfetzer, der 1778 geboren war und besonders in der Gegend von Neuwied sein Wesen trieb.

Es war freilich in einer anderen Gegend, wo sich die nachfolgende Geschichte begeben hat. Fetzer machte den Vorschlag, einem Eremiten einen nächtlichen Besuch abzustatten. An einem Freitag vor Pfingsten rückten vier Räuber aus und nahmen in einem Dorfe eine Leiter mit. Leisen Trittes ging es zur Klause.

Dort angekommen, setzten sie die Leiter an, und einer der Räuber stieg aufs Dach bis zum Turme.

Da hing ein Glöcklein, welches der Eremit von innen anzuziehen pflegte, wenn er in irgend einer Art der Hilfe bedürftig war.

[134] Der Räuber schnitt das Seil ab und stieg wieder herunter.

Jetzt warfen sich alle gegen die Thür und sprengten sie mit Gewalt.

Der Eremit war wegen eines Handels mit Zucker und Kaffee, welchen er betrieb, verreist. Doch hielten einige Leute in der Klause für ihn Wache. Die Räuber knebelten diese Leute und ließen sie liegen. Dann wurden Schränke und Kisten von den Dieben erbrochen. Sie fanden wenig bares Geld, aber Zucker und Kaffee in Menge.

Als sie abziehen wollten, kam ein Platzregen mit Sturm und Donner. Die Räuber mußten noch bleiben. Um die Langeweile zu vertreiben, suchten sie etwas zu essen. Sie fanden Wein in Fülle und einen prächtigen Schinken.

Fetzer deckte den Tisch, trug auf, schenkte Wein ein und die Räuber schmausten, jubilierten und lärmten nach Herzenslust.

Der Eremit besaß auch eine kleine Orgel. Fetzer setzte sich vor dieselbe und spielte so gut er konnte. Des Lachens und Spektakelns war kein Ende bis an den hellen Morgen.

Zuletzt zog Fetzer die Kutte des Eremiten an. In dieser Kleidung führte er die mit Zucker, Kaffee, Wein und Schinken beladenen drei Räuber bis nach Crefeld.

Am 19. Februar 1803 wurde er hingerichtet. Er starb als Christ und rief vom Schaffot herunter: „Ihr, die Ihr auf bösem Wege seid, spiegelt Euch an meinem Ende!“