Die Pfingstlichteln in Berchtesgaden

Textdaten
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Autor: M. H.
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Titel: Die Pfingstlichteln in Berchtesgaden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 10, S. 324
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1898
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger G. m. b. H. in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[324] Die Pfingstlichteln in Berchtesgaden. (Mit Abbildung.) Altheidnische und christliche Sitte haben sich vereint, um an zahlreiche Zeitpunkte im Jahre gewisse Bräuche anzuknüpfen, die teils mit Wandlungen des Naturkreislaufes, teils mit den Erinnerungen an kirchengeschichtliche Ereignisse und Personen zusammenhängen. Als ein solcher Zeitpunkt erscheint auch das Pfingstfest. Die Zeit, um welche der Lenz in seine vollste Pracht eintritt, mag wohl bei unseren germanischen Vorvätern im grauen Heidentume noch eine viel dringendere Veranlassung zu festlicher Stimmung gewesen sein als heutzutage. Jene Festlichkeiten, welche da, wo sich noch alter Brauch im Volke erhalten hat, um Pfingsten gefeiert werden, lassen deutlich erkennen, wie in manchen Gegenden rätselhafte heidnische Ueberlieferung, anderwärts dagegen christliche Anschauungen den Grundzug der Festveranstaltungen bilden. Man wird solche Sitten immer am lebendigsten in rein ländlichen Gegenden finden, wo noch nicht die Aufklärung und die modernen Interessen einer industriellen Bevölkerung das Althergebrachte weggewischt haben. So ist es insbesondere in den verschiedenen Landbezirken Altbayerns der Fall. In den Ortschaften der zur Donau sich abdachenden Hochebene herrschen – oder herrschten wenigstens bis vor wenigen Jahrzehnten – Pfingstbräuche, die nur aus einer kaum mehr verständlichen heidnischen Ueberlieferung erklärt werden können. So namentlich der Umritt eines Zuges, dessen Hauptperson eine komische Figur, der „Pfingstl“, ist, welcher schließlich ins Wasser geworfen wird.

Die Pfingstlichteln in Berchtesgaden.
Nach Skizzen von F. Menter gezeichnet von F. Bergen.

Wo durch ein vielhundertjähriges Hausen unter dem Krummstabe die Bevölkerung veranlaßt worden ist, sich tiefer in das Christentum einzuleben, hat auch die Pfingstsitte ein christliches Gepräge angenommen. So in dem bergumschlossenen Berchtesgadener Ländchen, dessen Volk seit achthundert Jahren von den Pröbsten und Mönchen des Berchtesgadener Stiftes in christlicher Sitte erzogen ward. Hier hat sich die schöne Sitte der „Pfingstlichteln“ bis in die neueste Zeit erhalten. Zur Erinnerung an die Ausgießung des heiligen Geistes über die Apostel werden hier Kerzchen angezündet, die entweder von Kindern durch die Straßen getragen oder auch auf Balkongeländern, Brüstungen und Planken befestigt werden. Manchmal sieht man zwölf solcher Kerzen nebeneinander auf einem Balkon oder Mäuerchen brennen; dahinter sitzt dann gewöhnlich, in einem Gebetbuche lesend, eine alte Frau, die außer ihrer Freude an den Lichtern auch zu sorgen hat, daß durch dieselben kein Schadenfeuer entsteht. Es macht einen eigenen Eindruck, diese kleinen Lichtchen im Kampfe mit der großen, auf die Felsberge des Thales niederstrahlenden Frühlingssonne zu sehen. M. H.