Die Libelle (1854)
Die Libelle.
Es tanzt die schöne Libelle
Wohl auf des Baches Welle;
Sie tanzt daher, sie tanzt dahin,
Die schimmernde, flimmernde Gauklerin.
Bewundert ihr Kleid von blauem Flor,
Bewundert des Leibchens Emaille
Und auch die schlanke Taille.
Gar mancher junge Käfer-Thor
Die Buhlen sumsen von Lieb’ und Treu,
Versprechen Holland und Brabant dabei.
Die schöne Libelle lacht und spricht:
„Holland und Brabant brauch’ ich nicht,
Und holt mir ein Fünkchen Feuer.
„Die Köchin kam in Wochen,
Muß selbst mein Süpplein kochen;
Die Kohlen des Herdes erloschen sind –
Kaum hat die Falsche gesprochen das Wort,
Die Käfer flatterten eilig fort.
Sie suchen Feuer, und lassen bald
Weit hinter sich den Heimathwald.
In einer erleuchteten Gartenlaube;
Und die Verliebten, mit blindem Muth
Stürzen sie sich in die Kerzengluth.
Knisternd verzehrten die Flammen der Kerzen
Die Einen büßten das Leben ein,
Die Andern nur die Flügelein.
O wehe dem Käfer, welchem verbrannt
Die Flügel sind! Im fremden Land
Mit feuchten Insecten, die häßlich riechen.
Die schlechte Gesellschaft, hört man ihn klagen,
Ist im Exil die schlimmste der Plagen.
Wir müssen verkehren mit einer Schaar
Die uns behandeln als Kameraden,
Weil wir im selben Schmutze waten –
Drob klagte schon der Schüler Virgil’s,
Der Dichter der Hölle und des Exils.
Wo ich mit beflügelter Herrlichkeit
Im Heimath-Äther gegaukelt,
Auf Sonnenblumen geschaukelt,
Aus Rosenkelchen Nahrung sog
Mit Schmetterlingen von adligem Sinn,
Und mit der Cicade, der Künstlerin –
Jetzt sind meine armen Flügel verbrannt;
Ich kann nicht zurück in’s Vaterland,
Und ich verfaule im fremden Drecke.
O, daß ich nie gesehen hätt’
Die Wasserfliege, die blaue Kokett’
Mit ihrer feinen Taille –