Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden. Band 6/Rust
Schreibweisen: Rustun angeblich 763; Cop. 1457 [Fälschung]; Rüst 13. Jh.; 1311 f.; villa c. 1350; in Ruste 1432.
PeähistorlschesPrähistorisches: Im Wald auf dem sogen. ‘Finkenbuck’ ein ‘künstlich hergestellter Hügel', der als Grabhügel anzusprechen sein dürfte, aber noch nicht untersucht wurde. (W)
Römische ResteRömische Reste: Münzen.
Kirche Kirche (basilica in Rustunvilla in honore s. Petri apostoli 763, Cop. 1457 [Fälschung]; eyn kirche in dem dorffe Rüst in s. Peters ere des zwelfbotten, 14. Jh.; Ruost: huinus patronus s. Petrus princeps apostolorum; collator et decimator d. praelatus Ettonianus… 1666).
Die Kirche, 1737 geweiht (tit. s. Petri ad. vincula), bietet nicht viel von Bedeutung. Ueber dem nördlichen, offenbar noch älteren, einfach profilirten Seitenportal mit geradem Sturz ist eine quadratische Inschriftplatte über dem Neubau mit der Jahreszahl 1728 eingemauert.
In der Kirche steht auf dem nördlichen Seitenaltar eine h. Anna seldstdritt mit nacktem Jesuskind, eine leider neu gefasste Holzfigur Holzfigur wohl des 15. Jhs.
In die Leibung des Triumphbogens sind einfache GrabplattenGrabplatten früherer Geistlichen von 1739 und 1755 eingelassen.
| Das SchlossSchloss (Fig. 108), die Balthasarburg, eine gut erhaltene Wasserburg, ist der Stammsitz der Freiherrl. Böcklinschen Familie, die das Gut seit 1442 im Besitz hat, seit der Belehnung des Bernhard von Böcklin mit dem Dorfe Rust durch den Bischof von Strassburg. Der jetzige Bau des Schlosses stammt aus den Jahren um 1575, wie die Jahreszahl am Portal des Treppenthurmes angiebt; doch scheinen ältere Theile (15. Jh.) mitverwendet worden zu sein, da sich in einem gewölbten Raum des Erdgeschosses (jetzt Archiv) auf dem Schlussstein das Wappen derer von Endingen vorfindet, die vor den Böcklin das Gut als bischöflich strassburgisches Lehen besassen. (Fig. 109.)Die Balthasarburg, die ihren Namen von dem Errichter des Stammgutes (1609) erhalten hal, ist ein grosses, massives, dreistöckiges Steinhaus mit abgewallmtem Dache, nach dem Hofe zu mit einem schlanken achtseitigen Treppenthurm, sowie mit einem Erkerausbau, dessen unterstes Geschoss von einem Kreuzgewölbe mit einlach gothischen Rippen und dem bereits erwähnten Wappen-Schlussstein uberspannt ist. An der hinteren Giebelseite findet sich im zweiten Stock ein aus 5 Seiten des Achtecks gebildeter Erker, der auf 4 einfachen Steinkonsolen aufruht und in dem
eine Wendelstiege die Verbinding zwischen zweitem und drittem Geschoss herstellt. Fenstergewinde und Gesimse sind einfach profilirt; durch Renaissance-Flachornament besonders hervorgehoben ist nur die Fläche des Gewändes zuischen den beiden Fenstern des im zweiten Geschosse liegenden Saales.
In den Treppenthurm, in dem eine breite Schnecke aufsteigt, führt ein reich ausgebildetes Portal von 1577. (Vergl. Tafel XXVII.) Das Gebälk wird von Karystiden getragen;
| getragen; darüber ist in einer Nische zwischen Delphinen und von einer Muschel betrönt das Böcklinsche Wappen angebracht, das allerdings erst später mit allen möglichen Zuthaten neu eingesetzt und mit der Inschrift versehen wurde:Am Beginn der Wendelstiege, deren gewundene Spindel als Schlange endigt, fndet sich auf einem Schriftband ein Steinmetszeichen und die Jahresrahl 1571 eingehauen.
Im Innern ist wenig Architektonisches zu erwahnen; nur im Saale, dessen Docke von einfacher Holzsäule getragen wird, sind die Fensternischen etwas reicher ausgebildet, indem zwischen den Doppelfenstern Säulen mit jonischen Kapitälen den Fensterbogen stützen.
Die Wirthschaftsgebäude, die das Schloss umgeben und meist an die alte Ringmauer sich anlehnen, sind ohne bauliches Interesse. Zwischen denselben und dem Wohnbau standen ehemals, wie aus einem alten Plane von circa 1776 hervorgeht, zwei feste Thürme, die jetzt vollständig abgetragen sind.
An innerer AusstattungInnere Ausstattung bietet das Schloss noch manches Interessante. So zieren den Saal eine Reihe von Ahnenbildern (von 7 Generationen Vater und Mutter), darunter sehr gute Porträts, unter anderen das eines Herrn von Rippenheim (Anno 1609) und das eines von Rathsamhausen ohne nähere Datirung. Im oberen Stock hängen drei gute Gemälde, im Speisezimmer eines von Philipp de Champaigne (?), seine Tochter als Nonne darstellend und daneben zwei Holländer, ein Eremit in seiner Klause lesend und ein Bursche die Pfeifse rauchend, letzteres angeblich von Frans Hals (?).
In den beiden Korridoren ist eine interessante Waffensammlung aufgehängt.
Ausserdem sind noch einige gute Renaissanee-MöbelRenaissance-Möbel zu erwähnen, im unteren Vorsaal eine Kredenz und ein Schränkchen aus Schloss Bernstein (späte Renaissance), im Speisezimmer eine Kredenz mit Böcklinschem Wappen und eine Trühe, beides ebenso wie das in einem Zimmer des oberen Stockes befindliche vorzüglich gearbeitete Holrzelief (Pieta), italienische Renaissance-Arbeiten.
|Das Wirtshaus zur Krone besitzt ein reiches Barockschild.
Im Pfarrarchiv, auf dem Rathhause, ganz besonders aber im Böcklinschen Familienarchiv wird eine Menge werthvoller Urkunden und handschriftlicher Aufzéichnungen aufbewahrt. (B.)
Ein Ortsadel von Rust erw. s. 1309.
Das gefälschte Testament des Bischofs Heddo von Strassburg (Grandidier Hist. de l’Eglise de Str. II XCI, no. 55) erwähnt die angebliche Schenkung des Patronats von R. an die Abtei Ettenheimmünster. Den Ort trugen die v. Endingen und dann seit 1442, die Böcklin v. Böcklinsau als bischöflich strassburgisches Lehen (gericht und gemeinde zu Ruste 1434 erw.). Seit 1806 badisch.