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Titel: Die Kaisertage in Metz
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aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 685, 687
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[685]

Die Kaisertage in Metz: Vorbeimarsch der Truppen vor dem Denkmal Kaiser Wilhelms I.

[687] Die Kaisertage in Metz. (Zu dem Bilde S. 685.) Jeden Spätsommer und jeden Herbst erleben wir das Schauspiel, daß irgend ein Theil unseres deutschen Vaterlands förmlich von Waffen starrt, als stünde er mitten im Kriege. Die „Kaisermanöver“ pflegen ja meist gewaltige Truppenmassen zu vereinigen, und es liegt eben darin ihr Werth, daß sie den höheren Führern die sonst fehlende Gelegenheit geben, wirklich einmal praktisch mit großen Massen im Felde und nicht bloß theoretisch auf der Karte zu operieren. Der wesentliche praktische Unterschied dieser Manöver großen Stils von denen bescheideneren Umfangs macht sich vielleicht noch mehr geltend bei den Leitern der Verwaltung und Verpflegung, die eigentlich dann erst recht ihre Leistungsfähigkeit erproben können, wenn einmal die Zehntausend auf engem Raum sich drängen, bewegen und verschieben. Und so ist es nur natürlich, daß alljährlich die Kaisermanöver einen Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit bei Laien und Fachmännern bilden; finden sie vollends auf reichsländischem Gebiete statt, dann umgiebt sie ein besonders ernsthafter Nimbus; auf diesem blutgetränkten Boden bekommt die militärische Uebung gleichsam das Gepräge einer Warnung, als wollte sie sagen: „Nehm’ sich in acht, wer wider dieses heiß erstrittene Land verbotene Gelüste trägt!“

Dieses Jahr waren es u. a. die Ebenen und Hügel Lothringens, die von dem Massenschritt der Regimenter, von dem Donner der Kanonen, von den Hufen der Kavalleriebrigaden widerhallten – zum Theil dieselben Striche, die in den entscheidenden Augusttagen des Jahres 1870 dieselbe Musik in grausam ernster Tonart hatten vernehmen müssen. Kaiser Wilhelm II. war mit dem Kronprinzen von Italien und einem reichen fürstlichen Gefolge gekommen, um den Manövern des XVI. gegen das VIII. Corps persönlich anzuwohnen und sich von der Kriegstüchtigkeit dieser Heerestheile mit eigenen Augen zu überzeugen.

Am Vormittag des 3. September, eines Sonntags, war er von Trier her eingetroffen und hatte alsbald die in und um Metz liegenden Truppen, etwa 8000 Mann, zum Feldgottesdienst um sich versammelt, nach dessen Beendigung er unter dem Geläute sämtlicher Glocken an der Spitze seiner Krieger in die festlich geschmückte Stadt einzog. Man weiß, wie herzlich hierbei der Kaiser von den Bewohnern empfangen wurde, und man hat mit Freuden daraus die Zuversicht geschöpft, daß in den Herzen der Lothringer allmählich ein Umschwung sich vollzogen hat, der die so lange von der alten Heimath getrennten Brüder auch innerlich uns näher bringt. Und was die begeisterten Zurufe der Metzer verriethen, das sprach jener 85jährige Bürgermeister von Ogy-Puche ein paar Stunden später zwar in französischer Sprache, aber doch mit klaren Worten aus, als er den Kaiser auf der Fahrt nach Schloß Urville der Treue und Anhänglichkeit der lothringischen Bevölkerung versicherte. Der Kaiser seinerseits hatte auch für die Metzer eine hübsche Ueberraschung bereit. Er überreichte dem Bürgermeister, der ihn beim Einritt in die Stadt im Namen der Bewohner willkommen hieß, eine prächtige goldene Amtskette, indem er so die Stadt in ihrem bürgerlichen Vertreter ehrte.

Nach dem Empfange durch den Bürgermeister führte der Kaiser die Truppen noch bis zur Esplanade, jenem prächtigen Platze im Südosten der Stadt, auf dem seit Jahresfrist das Reiterstandbild seines Großvaters sich erhebt. Zu Füßen dieses Denkmals nahm er mit seinen fürstlichen Begleitern den Vorbeimarsch der Truppen ab, und, wie er es in seinem Trinkspruch am folgenden Tage aussprach, „haben ihm die ernsten Blicke der Mannschaften gezeigt, wie tief ergriffen sie von dem Momente waren, vor sich die alten Höhen, mit ihren Festen gen Himmel ragend, und ringsherum ein blutgedüngter historischer Boden“.