Die Königin Marienhütte zu Niederkainsdorf bei Zwickau

Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Die Königin Marienhütte zu Niederkainsdorf bei Zwickau
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 10–11
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung:
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Königin Marien Hütte in Niederkainsdorf.

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Die Königin Marienhütte zu Niederkainsdorf bei Zwickau.
(Hierzu eine Abbildung.)


Ungefähr eine Stunde von Zwickau im Muldenthale liegt das Dorf Kainsdorf und dabei eines der vorzüglichsten und großartigsten Eisenwerke Sachsens, die Königin Marienhütte. Ihre Lage in der Nähe von Zwickau, dicht an der Mulde und der Zwickau-Schwarzenberger Eisenbahn, die, da sie noch nicht vollendet ist, daselbst bis jetzt allerdings nur noch mit Pferden befahren wird, kann unstreitig nur als eine sehr günstige betrachtet werden.

Den sämmtlichen sächsischen Eisenwerken stand eine trübe Aussicht bevor wegen der immer mehr überhand nehmenden Theuerung der bisher von ihnen verwendeten Holzkohle, wegen Verminderung ihres ihnen vom Staate zu liefernden Holzquantums und der damit in Verbindung stehenden Erhöhung der Staats-Holzpreise. Da trat die „Sächsische Eisenkompagnie“ zusammen, gestiftet durch ein Actienkapital von 1000 Actien à 500 Thaler, und basirt auf das Ausbringen von Eisen und Eisensteinen in der Zwickauer Umgegend und deren Steinkohlenreichthum. Der Hauptzweck des ganzen Unternehmens war der: Roheisen mit Steinkohlen zu produciren und dadurch dem oben erwähnten Uebelstande hinsichtlich der Theuerung des Holzes zu entgehen.

Die zu diesem Zwecke gehörigen und nöthigen Werke wurden in Kainsdorf bei Zwickau angelegt. Es geschah dies im Jahre 1840, in welchem Jahre auch der Bau des ersten Hohofens daselbst vollendet wurde.

Die sächsische Eisencompagnie mochte aber hierbei nicht ihre Rechnung finden, oder sei es, daß auch andere Gründe obwalteten, kurz: sie verkaufte ultimo Juni 1851 die Eisenwerke zu Kainsdorf an die Herren Gebrüder von Arnim, und es wurden diese seitdem unter der Firma: „von Arnim’sche Berg- und Hüttenverwaltung zu Königin Marienhütte“ fortbetrieben.

Seitdem hat sich dieses Etablissement immer mehr erweitert und vergrößert und steht jetzt in dem schönsten Flor, so daß die Gebäude desselben schon ein Dorf für sich bilden könnten, darinnen fortwährend eine Menge Maschinen in Thätigkeit und ein so bedeutendes Arbeiterpersonal beschäftigt ist, daß eine ziemliche Anzahl kleiner Städte in Sachsen nicht einmal so viel Einwohner aufzuzählen im Stande sind, als die Königin Marienhütte Fabrikarbeiter.

Doch gehen wir auf die Einzelnheiten dieses hochwichtigen Etablissements selbst über, das gegenwärtig den Erben des Herrn Kammerherrn Georg Heinrich Wolf von Arnim auf Planitz etc. und dem Herrn Friedrich Henning von Arnim auf Crossen gehört, so finden wir als die Hauptbranchen desselben: Verkockung, Roheisenerzeugung, Gießerei, Walzwerk, Maschinenwerkstatt und Chamottziegelei, und als Haupterzeugnisse demnach: Kockse, Roheisen, Gußwaaren, Eisenbahnschienen, Laschen, Tyres, Unterlegplatten, diverse Walzeisen, diverse Maschinen, Dampfkessel und Chamottziegel.

Besuchen wir die Gebäude nach einander, so kommen wir:

1) zu den Hohöfen und der Gießhütte, worin die Erzeugung von Roheisen und Darstellung von Gußwaaren aller Art;
2) in die Walzwerkhütte, beschäftigt mit dem Anfertigen von Eisenbahnschienen, Tyres-, Laschen- und Platteneisen, sowie verschiedenen Walzeisensorten;

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3) in die Maschinenwerkstatt, wo diverse Maschinen, Dampfkessel, Laschen und Unterlegplatten u.s.w.,
4) in die Ziegelei, wo die bekannten Chamottziegeln,
5) in die Verkockungs-Anstalt, wo Ofen- und Meilerkocke,
6) in die Modelltischlerei und Schlosserei, wo verschiedenartige Modelle, Schlosser- und Klempner-Arbeit aller Art hergestellt werden, und
7) in die Zimmer- und Wagen-Werkstätte,

wozu dann ferner noch die Wohnhäuser und ein Gasthaus mit Schank- und Backgerechtigkeit, sowie die schön angelegten Gärten gehören.

Von der Großartigkeit des Ganzen kann man sich am besten einen Begriff machen, wenn man erfährt und bedenkt, daß gegenwärtig hier allein:

50 Coaksöfen, wovon die Flammen 6 Röstöfen, 5 Kalk- und 4 Ziegel-Brennöfen feuern,
2 Hohöfen mit Wiederhitzungsapparaten, (2 andere Hohöfen sind im Bau,)
1 Gießerei mit 2 Cupoloöfen, 1 Schienenwalzwerk mit 30 Puddel- und Schweißöfen,
1 Dampfhammer mit 4 Puddel- und 1 Schweißofen im Bau,
1 Maschinenwerkstatt mit Kesselschmiede, 1 Chamottziegelei,
1 Modellwerkstatt, 1 Modellschlosserei, 1 Schlosserwerkstatt,
1 Gasthof

im Betriebe sind, und fortwährend 1400, ja sehr oft bis zu 1600 Fabrikarbeiter, außerdem 7 Comptoiristen, 11 Techniker und 2 Zeichner, darin beschäftigt sind unter der umsichtigen Leitung des rühmlichst bekannten Werkführers und Procuristen Herrn Friedrich August Schildbach. Als Maschinen sehen wir hier im Gange:

1 Gebläsemaschine zu 50 Pferdekraft,
1 Gebläsemaschine zu 100 Pferdekraft,
1 Walzwerksmaschine zu 50 Pferdekraft,
1 Walzwerksmaschine zu 70 Pferdekraft,
1 Dampfmaschine zu 12 Pferdekraft, für die Ziegelei,
1 Wasserrad zu 12 Pferdekraft, zum Betrieb der Maschinenwerkstatt.
1 Dampfmaschine zu 4 Pferdekraft,

Es erhellt leicht aus diesem Allem, daß die Erzeugnisse der Marienhütte sehr beliebt und gesucht sind, und sie finden einen sehr bedeutenden Absatz, namentlich in Sachsen und Baiern. Die berühmtesten und gesuchtesten davon sind die Eisenbahnschienen, Laschen, Tyres, Unterlegplatten und Gußwaaren aller Art. Es beweist dies auch einerseits schon der Umstand, daß sich die Marienhütte fortwährend, wie schon erwähnt, vergrößert und erweitert; andererseits daß sich diese Erzeugnisse auf den großen Industrieausstellungen zu Leipzig im Jahre 1845 und 1850, Altenburg 1848 und München 1854 des größten Beifalls und der vorzüglichsten Anerkennung zu erfreuen hatten. So erhielt die Marienhütte unter Anderem:

1) die Prämie für die erste Darstellung von Kocksroheisen im Jahre 1845;
2) auf der Leipziger Ausstellung 1845 die silberne Preismedaille;
3) auf der Leipziger Ausstellung 1850 die goldene Preismedaille;
4) auf der Altenburger Ausstellung 1848 die goldene Preismedaille;
5) auf der Münchner Ausstellung 1854 die große Preismedaille;

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Königin Marienhütte Sachsen unter den Eisenwerken, selbst dem Auslande gegenüber, würdig vertritt, und da sie mit großer Geschäftskenntniß und Umsicht jederzeit rüstig vorwärts nach dem gesteckten Ziele strebt, dürfte daher auch derselben für die Zukunft ein sehr günstiges Prognostikon zu stellen sein!