Die Glas- und Chemische Fabrik von Fr. Chr. Fikentscher bei Zwickau

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Autor: Diverse
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Titel: Die Glas- und Chemische Fabrik von Fr. Chr. Fikentscher bei Zwickau
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 1, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 1, Seite 17–18
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
Kurzbeschreibung: siehe auch in der Gartenlaube: Das chemische Etablissement des Herrn Fikentscher in Zwickau
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Glasfabrik von Fickenscher in Zwickau.

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Die Glas- und Chemische Fabrik von Fr. Chr. Fikentscher bei Zwickau.
(Mit Abbildung.)


Wir kommen nun zu einem Etablissement, welches nicht nur wichtig für die Gegend von Zwickau, sondern in vieler Hinsicht auch für ganz Sachsen ist, es ist dies das berühmte Fikentscher’sche, welches eine Glashütte, eine chemische Fabrik, eine Fabrik von Thonwaaren und eine Koakerei in sich vereinigt.

Gehen wir von dem mit jedem Jahre an Wichtigkeit und Lebhaftigkeit zunehmendem Zwickau bis nach den Kohlenschächten der Zwickauer Bürgergewerkschaft, so treffen wir zwischen den oben genannten Schächten und dem Bahnhofe, auf dem Kohlenrevier der ersteren, auf diese wohlbekannte Fabrik, umgeben von Gartenanlagen, Feld, Wiesen und Baumpflanzungen. Sie besteht aus einer Menge größerer und kleinerer Gebäude, in denen allen ein reges, höchst bewegtes Leben und die größte Thätigkeit herrscht, denn es sind hier fortwährend über 100 Arbeiter (incl. mehrerer Comptoiristen und eines Procuristen) und eine Dampfmaschine von 20 Pferdekraft beschäftigt.

Fassen wir die Gebäude mit ihren Bestimmungen näher in’s Auge, so fällt uns vornämlich zuerst
das Gebäude für die Glasfabrikation (die Glashütte) auf;
auf der einen Seite desselben befindet sich ein Complex von Gebäuden für die chemische Fabrik;
auf der andern desgleichen für die Dampfmaschine, das Pochwerk, die Töpferei und Ziegelei.
Isolirt davon, dicht am Bürgerschacht, liegt die Koakerei und das Gebäude zur Fabrikation des Kochsalzes.
Ferner: zwei Wohnhäuser für den Besitzer und das Comptoirpersonal;
ein kleines Haus als Wohnung für den Aufseher und einige Arbeiter und zwei größere zur Wohnung für die Glasmacher dienend.

Herr Fr. Chr. Fikentscher, welcher früher mit seinem Bruder gemeinschaftlich eine chemische Fabrik in Redwitz in Baiern besaß, gründete hierselbst im Jahre 1846 zuerst eine Glasfabrik, welcher sich dann eine chemische Fabrik, sowie später auch eine Thonwaarenfabrik und zuletzt noch die Koakerei anschlossen.

Gegenwärtig besteht dieses Etablissement, wie zum Theil bereits schon erwähnt, aus

1) einer Glashütte, worin vorzüglich und vorzügliches Tafelglas, hauptsächlich auch Retorten zum Gebrauch der chemischen Fabriken, erzeugt wird,
2) einer Chemischen Fabrik, welche namentlich Schwefelsäure, Salzsäure, Glaubersalz, Chlorkalk, Salpetersäure, Alaun, Weinsteinsäure, Zinnober und einige Quecksilberpräparate (Sublimat, Kalomel und Quecksilberoxyd) fabricirt, sowie auch festes und flüssiges Wasserglas,
3) einer Thonwaaren-Fabrik, beschäftigt vorzüglich mit der Fabrikation von feuerfesten Steinen, Platten und geformten Ziegeln, Wasserleitungsröhren, Apparaten zum chemischen Gebrauch (Condensations- und Chlorentwickelungsgefäßen u.s.w.),
4) aus einer Koakerei und
5) einer Fabrikation für Kochsalz zum eigenen Gebrauche. Dasselbe wird aus dem circa 1½ % haltendem Schachtwasser des Bürgerschachtes durch directes Eindampfen mit der abgehenden Flamme der Koaköfen gewonnen.

[18] Diese sämmtlichen Zweige stehen unter der Oberleitung des Besitzers Herrn Fr. Chr. Fikentscher, dessen Schwiegersohn, Herr W. Mensing, auch die Procura führt.

Von den Erzeugnissen dieses Etablissements, mit welchen bis jetzt nur die Industrie-Ausstellung in München beschickt worden war, haben die Chemikalien und Thonwaaren Prämien erhalten.

Am berühmtesten und gangbarsten hiervon ist der Zinnober, sowie überhaupt das Tafelglas und die gewöhnlichen Chemikalien in der nächsten Umgebung ihre Hauptabsatzquelle haben, die übrigen Chemikalien aber auch stark im Auslande gesucht und begehrt sind.

Es ist nicht zu läugnen, daß in unserm Vaterlande die Anfertigung des Glases, namentlich des Tafelglases, sowie die Erzeugung von chemischen Producten eine gefährliche Concurrenz mit Böhmen zu bestehen hat, zumal Böhmen mit jeglicher Art von Stoffen aus dem Mineralreich und mit Brennmaterialien überaus gesegnet ist, während in Sachsen das Brennmaterial für seine vielfachen Gewerbe und stets zunehmende Bevölkerung nicht einmal zureicht.

Dahingegen hat der Reichthum Sachsens an den verschiedenartigsten Bergprodukten, die bedeutende Fabrikation in den mannigfaltigsten Branchen, insonderheit Bleiche, Färberei und Druckerei, eine Menge Anstalten für Erzeugung chemischer Producte hervorgerufen. Die unermeßlichen Fortschritte, welche die technische Chemie in neuerer Zeit gemacht hat und noch fortwährend macht, gehen an den sächsischen practischen Chemikern nicht unbenutzt verloren und thut eine stete Nacheiferung und Fortschritt mit der Zeit allerdings bei uns auch noch, da Sachsen, wie schon zum Theil erwähnt, in Bezug auf Brennmaterial und Rohmaterial nicht allenthalben günstig gegen das concurrirende Ausland gestellt ist, und durch Ersparung beim Productionsprozesse, Wirthschaftlichkeit, Benutzung aller kleinen Vortheile und Nebenprodukte, vielfach die natürlichen Nachtheile, die etwa hervortreten, auszugleichen sich bemühen muß. Um so anerkennenswerther ist ein Etablissement wie das Fikentscher’sche, das mit Umsicht unermüdlich bestrebt ist, trotz den vielfachen, durch seine Lage in Sachsen unvermeidlichen Schwierigkeiten, rüstig vorwärts zu streben, keine Concurrenz zu scheuen und in unserm Vaterlande jene so wichtigen Industriezweige heimisch zu machen. Wie sehr dieses Etablissement bestrebt ist, sich stets auf der Höhe des Zeitgeistes zu erhalten, und mit den Anforderungen der Zeit Hand in Hand zu gehen, beweiset unter Anderem die Anfertigung des Wasserglases, jenes wichtigen chemischen Produktes der jüngsten Gegenwart, das berufen ist, in der Baukunst und selbst in der Malerei eine wichtige Rolle für die Zukunft zu spielen, da es den Zerstörungen der Gebäude, Gemälde u.s.w. durch Feuer, Fäulniß und Verwitterung eine Grenze setzt!