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Die Glas- und Chemische Fabrik von Fr. Chr. Fikentscher bei Zwickau.
(Mit Abbildung.)


Wir kommen nun zu einem Etablissement, welches nicht nur wichtig für die Gegend von Zwickau, sondern in vieler Hinsicht auch für ganz Sachsen ist, es ist dies das berühmte Fikentscher’sche, welches eine Glashütte, eine chemische Fabrik, eine Fabrik von Thonwaaren und eine Koakerei in sich vereinigt.

Gehen wir von dem mit jedem Jahre an Wichtigkeit und Lebhaftigkeit zunehmendem Zwickau bis nach den Kohlenschächten der Zwickauer Bürgergewerkschaft, so treffen wir zwischen den oben genannten Schächten und dem Bahnhofe, auf dem Kohlenrevier der ersteren, auf diese wohlbekannte Fabrik, umgeben von Gartenanlagen, Feld, Wiesen und Baumpflanzungen. Sie besteht aus einer Menge größerer und kleinerer Gebäude, in denen allen ein reges, höchst bewegtes Leben und die größte Thätigkeit herrscht, denn es sind hier fortwährend über 100 Arbeiter (incl. mehrerer Comptoiristen und eines Procuristen) und eine Dampfmaschine von 20 Pferdekraft beschäftigt.

Fassen wir die Gebäude mit ihren Bestimmungen näher in’s Auge, so fällt uns vornämlich zuerst
das Gebäude für die Glasfabrikation (die Glashütte) auf;
auf der einen Seite desselben befindet sich ein Complex von Gebäuden für die chemische Fabrik;
auf der andern desgleichen für die Dampfmaschine, das Pochwerk, die Töpferei und Ziegelei.
Isolirt davon, dicht am Bürgerschacht, liegt die Koakerei und das Gebäude zur Fabrikation des Kochsalzes.
Ferner: zwei Wohnhäuser für den Besitzer und das Comptoirpersonal;
ein kleines Haus als Wohnung für den Aufseher und einige Arbeiter und zwei größere zur Wohnung für die Glasmacher dienend.

Herr Fr. Chr. Fikentscher, welcher früher mit seinem Bruder gemeinschaftlich eine chemische Fabrik in Redwitz in Baiern besaß, gründete hierselbst im Jahre 1846 zuerst eine Glasfabrik, welcher sich dann eine chemische Fabrik, sowie später auch eine Thonwaarenfabrik und zuletzt noch die Koakerei anschlossen.

Gegenwärtig besteht dieses Etablissement, wie zum Theil bereits schon erwähnt, aus

1) einer Glashütte, worin vorzüglich und vorzügliches Tafelglas, hauptsächlich auch Retorten zum Gebrauch der chemischen Fabriken, erzeugt wird,
2) einer Chemischen Fabrik, welche namentlich Schwefelsäure, Salzsäure, Glaubersalz, Chlorkalk, Salpetersäure, Alaun, Weinsteinsäure, Zinnober und einige Quecksilberpräparate (Sublimat, Kalomel und Quecksilberoxyd) fabricirt, sowie auch festes und flüssiges Wasserglas,
3) einer Thonwaaren-Fabrik, beschäftigt vorzüglich mit der Fabrikation von feuerfesten Steinen, Platten und geformten Ziegeln, Wasserleitungsröhren, Apparaten zum chemischen Gebrauch (Condensations- und Chlorentwickelungsgefäßen u.s.w.),
4) aus einer Koakerei und
5) einer Fabrikation für Kochsalz zum eigenen Gebrauche. Dasselbe wird aus dem circa 1½ % haltendem Schachtwasser des Bürgerschachtes durch directes Eindampfen mit der abgehenden Flamme der Koaköfen gewonnen.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/37&oldid=- (Version vom 7.1.2019)