Textdaten
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Autor: Johann Gottfried Herder
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Titel: Die Gestalt des Menschen
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aus: Zerstreute Blätter (Dritte Sammlung) S. 205-207
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Erscheinungsdatum: 1787
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
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Erscheinungsort: Gotha
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Quelle: ULB Düsseldorf und Commons
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[205]
Die Gestalt des Menschen.


Der Schaffende stieg hernieder und alle niedern Engel, die Fürsten der Elemente, sahen auf das Werk seiner Hände.


Er rief dem Staube. Zusammenflog der Staub aus allen vier Theilen der Erde; und der Engel der Erde sprach: „ein sterbliches Geschöpf wird dies Gebilde seyn, wo irgend auf Erden es lebe. Denn Erde ist es und muß zur Erde werden.“


Er rief der himmlischen Wolke, daß sie den Staub befeuchte. Künstlich wälzete sich der Thon und wölbete sich mit innern Gefäßen und Kammern. Und der Engel des Wassers sprach: „Du wirst der Nahrung bedürfen, künstliches Geschöpf; Hunger und Durst werden die Triebe deines Lebens werden.“

[206] Von innen formten sich Gänge und Adern; von außen mancherlei Glieder und der Engel der Lebendigen sprach: „mancherlei Begierden wird dies Gebilde unterworfen seyn: die Liebe des Geschlechts wird ihn ziehen und treiben.“


Da trat Jehovah zu ihm, begleitet von seinen Töchtern, der Liebe und Weisheit. Väterlich richtete er ihn auf von der Erde, umarmte ihn und gab ihm im Kuß seinen unsterblichen Athem. Erhaben stand der Mensch da und blickte freundlich umher: „Siehe, sprach der Schöpfer, alle Gewächse der Flur, alle Thiere des Feldes habe ich dir gegeben: dein Vaterland, die ganze Erde ist dein, daß du auf ihr herrschest und waltest. Aber du selbst bist mein und dein Athem ist mein und ich nehme ihn dir, wenn deine Zeit kommt, wieder.“ –

[207] Da traten die Töchter Gottes, Weisheit und Liebe zum neuen Gott der Erde. Sie unterrichteten ihn und lehrten ihn kennen Thiere und Kräuter; sie sprachen mit ihm als seine Gespielinnen und ihre Lust war bei dem Menschenkinde.


So lebet der Mensch seine kurze Zeit hienieden. Dann sinkt er zusammen und giebt seinen Leib den Elementen wieder, aus welchen er ward; aber sein Geist kehrt wieder zu Gott, der seinen Athem ihm im väterlichen Kusse gegeben.