Die Funkenfeuer am weißen Sonntage in Oberschwaben

Textdaten
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Titel: Die Funkenfeuer am weißen Sonntage in Oberschwaben
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 6, S. 116
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[113]

Die Funkenfeuer am weißen Sonntage in Oberschwaben.
Originalzeichnung von G. Roeßler.

[116] Die Funkenfeuer am weißen Sonntage in Oberschwaben. (Mit Illustration S. 113.) Die Fastnacht ist noch ein Ueberbleibsel der Heidenzeit und die charakteristischen Volksfeste, mit denen sie so vielfältig bei den Volksstämmen unvermischter Rasse begraben zu werden pflegte, hat die katholische Kirche teilweise übernommen und gefordert, theilweise zu unterdrücken gesucht. Auch mit dem Funkenfeuerfest am ersten Sonntag in den Fasten, im Allemannischen der weiße Sonntag genannt, war dies letztere früher der Fall. Trotzdem hat es sich in Oberschwaben, auf den Dörfern zumal noch bis zum heutigen Tage erhalten und wird als Volkssitte daselbst jetzt geduldet. Ist es doch seit uralter Zeit das Frühlingsfest! In den Dörfern auf der Schwäbischen Alb ißt man dann zum ersten Mal wieder ohne Licht zu Nacht, weil das Tageslicht nun so lange dauert. Auch das Vieh wird noch bei der Tageshelle gefüttert und die Sonne, sagt da der Bauer, wird zum ersten Mal in den Stall gesperrt. Nach dem Abendessen gehen die Bursche auf den Berg oder auf eine Wiese vor dem Ort und machen das Funkenfeuer. Wer zuerst am Platze, macht das Feuer, das heißt den Funken, wie man sich volksthümlich ausdrückt. Aus der Mitte des Holz- oder Reisighaufens ragt eine Stange hervor um oben angebrachten Strohwischen, an die sich noch immer theils der Aberglaube, theils die derbe Schelmerei des Landvolks knüpft. Im Kreise Waldsee z. B. stellt man sich unter dem größten Strohwisch die Hexe vor, die verbrannt wird, damit Feld und Vieh vor ihr sicher seien.

Anderwärts bedeutet es Uebles für ein Mädchen, wenn die brennende Stange ihm entgegenfällt. Dann verdiene es nämlich eine Strohkrone. Die Mädel müssen durchaus beim Funkenfest mit dabei sein; theils holen die Burschen sie dazu aus den Häusern ab, theils stellen sie sich mit Alt und Jung dem Volksfest zu Ehren selber dazu ein. Die Liebe auf dem Lande erklärt sich urwüchsig. Bei solcher Gelegenheit spielt sie gern mit dem Feuer und die Funken fliegen oft wie ein Feuerwerksregen um diejenigen, denen die Burschen sagen wollen: Mädli, i bin Di guet! Das nennt man das Scheibenschlagen, was den alten Herren von der Geistlichkeit früher viel Aergerniß gegeben haben mag. Backen doch in Ehingen am weißen Sonntag die Mädchen auch zur Aufmunterung der „Kerle“ ihnen Küchlein und geben sie ihnen als Geständniß ihrer Liebe. Hier und da zieht die Schuljugend auch mit Fackeln oder Stangen, auf denen sich brennende Fettnäpfchen befinden, um den lodernden Holzstoß,tanzt, johlt und treibt Uebermuth dabei, bis die Fackel verbrannt ist, und dann machen sich die losen Buben daran, heimlich mit dem Ruß die verliebten Mädchen, die mit ihrem Schätzle abseits charmiren, im Gesicht anzuschwärzen und so womöglich alle Dorfschönen zum Gaudium des anderen Publikums kamerunartig herzurichten. Ums Feuer tanzen ist ja auch zur Herbstfeier (Weinlese) schwäbische Volkssitte, wo es nämlich, wie in Heilbronn, eine Weinlese giebt.