Die Friesen als Hausbesitzer in Dresden

Der Frauenkirchhof, Dresdens älteste Begräbnißstätte Die Friesen als Hausbesitzer in Dresden (1894) von E. G. M. Freiherr von Friesen
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896)
Andreas Morgenroth, kurfürstlicher Buchdrucker 1578–1586
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Die Friesen als Hausbesitzer in Dresden.
Von
Generalmajor z. D. E. G. M. Freiherr von Friesen.

Name und Wappen des Geschlechtes derer von Friesen kommt zuerst in der Schweiz vor. Zu welcher Zeit die Auswanderung von dort erfolgte, ist vor der Hand noch nicht aufgeklärt. Jedenfalls erscheint bereits im Jahre 1272 ein Heinrich von Friesen als Dienstmann am Brandenburgischen Hofe. Von Anfang des 14. Jahrhunderts an finden wir Verschiedene dieses Namens in der Gegend von Ronneburg und Gera angesessen. In Dresden aber taucht das Geschlecht zum ersten Male 1409 auf, in der Person eines Heinrich von Friesen, Vogts in Dresden, der mit dem Gute Köttewitz bei Dohna belehnt wurde. – 1592 kaufte Karl von Friesen Schloß und Stadt Rötha, das bis heute im Besitz der Familie geblieben ist, von den Pflugs für den Preis von 28 400 Gulden. Karl hatte als einfacher Landedelmann auf seinem älteren Gute Kauern gelebt, als ihn 1588 Kurfürst Christian I., wohl wegen seiner hervorragenden wirthschaftlichen Befähigung, als Hofküchenmeister nach Dresden berief. Er bildet den Anfang einer langen Reihe seiner Geschlechtsgenossen im kursächsischen Hof- und Staatsdienst mit dem Sitze in Dresden. Sein Aufenthalt hier hat indessen nicht lange gewährt, denn bereits 1591 nach des Kurfürsten Tode berief ihn der Herzog Johann von Altenburg an seinen Hof und machte ihn zum Geheimen Rath, Hofmarschall und Amtshauptmann. Karl starb 1599 auf dem Schlosse zu Altenburg. Sein Sohn Heinrich von Friesen war am 24. April 1578 zu Kauern geboren. Wie Christian Grobern schreibt, hielt der Vater seine Söhne fleißig zum Studiren an, „weil er an seinem Exempel, da er nicht studirt gehabt, wohl verstanden, wie nothwendig die studia artium, linguarum und juris seien.“ Heinrich kam daher, was damals bei unserm Adel etwas Ungewöhnliches war, auf das Gymnasium zu Gera. 1594, mit 16 Jahren, bezog er die Universität Jena. Nachdem er 1599 von dort nach Altenburg zurückgekehrt, sollte er auf Reisen gehen, allein da sein Vater in diesem Jahre starb, blieb er zu Hause, übernahm das väterliche Gut Rötha und bewirthschaftete dasselbe zugleich als Vormund seiner Geschwister. 1613 wurde er, nachdem er schon öfter in Kommissionssachen verwendet worden war, zum kursächsischen Appellationsrath ernannt und hatte speziell die Beaufsichtigung der Landesschule Grimma unter sich. 1626 wurde er Amtshauptmann von Colditz, Rochlitz, Borna und Leisnig. Er stieg immer höher, bis er endlich 1640 nach dem Tode des Kanzlers von Lüttichau kurfürstlicher Kanzler wurde. 1653 ging er mit seinen beiden Söhnen auf den Reichstag nach Regensburg und hier wurde er vom Kaiser in den Reichsfreiherrnstand erhoben. Das Dokument hierüber, der Original-Freiherrnbrief, der in Rötha noch vorhanden, ist deswegen besonders interessant, weil erstens nicht Heinrich von Friesen allein, sondern beide Söhne gleichzeitig mit ihm und alle drei ohne vorhergegangene Ansuchung ernannt wurden, was damals fast gar nicht vorkam. Heinrich war verheirathet mit Katharina von Einsiedel aus dem Hause Schweinsburg und führte mit ihr eine überaus glückliche Ehe. Da ihn seine Aemter sehr an Dresden fesselten, kaufte er 1641 vom Geheimen Rath Kaspar von Schönberg das Haus, das heute Schreibergasse Nr. 1 (Ecke des Altmarktes) bezeichnet ist – somit der erste Friesen, der Hausbesitzer in Dresden war. In diesem Hause hat er einen großen Theil seines Lebens zugebracht, da die Wirren des dreißigjährigen Krieges einen längeren Aufenthalt in seinem geliebten Rötha nicht ermöglichten. Doch that er für dieses Gut, was in seinen Kräften stand, und legte den Grund zu [135] der daselbst befindlichen sehr ansehnlichen Bibliothek, in welcher noch viele Bücher mit seinem und seiner Gemahlin Wappen vorhanden sind. Am 20. Juni 1659 starb er. Unter den Armen Dresdens war er eine sehr bekannte Persönlichkeit, denn er hatte in der großen Noth des dreißigjährigen Krieges vielen Leuten Gutes gethan.

Nach seinem Tode übernahm sein ältester Sohn, Heinrich von Friesen der jüngere, das Haus, hat es aber nicht bewohnt. Von diesem übernahmen es zwei seiner Töchter, eine Frau von Reichenbach und eine Gräfin Callenberg, welch letztere schließlich alleinige Besitzerin war und das Haus nach ihrem Tode 1714 ihrem Sohne, dem Grafen Heinrich von Callenberg, vermachte.

Heinrich von Friesen der jüngere war 1610 in Rötha geboren, wurde im elterlichen Hause erzogen und ging 1629 mit seinem Hauslehrer auf die Universität Leyden, von wo er bereits nach zwei Jahren eine größere Reise nach Frankreich antrat und in Paris Vorlesungen an der Universität besuchte. 1632 kehrte er über Brüssel nach Deutschland zurück und verlebte ein Jahr in Wittenberg, wohin sich seine Eltern des Krieges wegen begeben hatten, hörte dort an der Universität Vorlesungen und folgte seinen Eltern im folgenden Jahre nach Rochlitz. 1634 begleitete er den Altenburgischen Gesandten, vermuthlich als Attachée, wie man heute sagen würde, nach Frankfurt a. M. und kehrte erst 1637 wieder nach Dresden zurück, wohin seine Eltern übergesiedelt waren. 1638 begleitete er die sächsische Gesandtschaft, welche nach Prag zum Empfang der böhmischen Lehen geschickt wurde, und vertrat hierbei Altenburg und Weimar speziell, worauf er 1639 kurfürstlicher Hofrath wurde. 1650 Geheimer Rath, ging er 1651 als Prinzipalgesandter nach Regensburg und wurde dort 1653 mit Vater und Bruder in den Reichsfreiherrnstand erhoben. 1658 begleitete er den Kurfürsten Johann Georg II. zum Wahltag nach Frankfurt a. M. 1662 wurde er abermals als Prinzipalgesandter nach Regensburg geschickt, verblieb daselbst bis 1664 und wurde 1665 nach dem Tode des Geheime–Raths–Direktors von Sebottendorf zum Geheime–Raths–Direktor ernannt, welche Stelle er bis zu seinem 1680 erfolgten Tode beibehielt.

Dieser kurze Lebensabriß beweist, daß er ein für die innere Geschichte Sachsens bedeutender Mann gewesen sein muß. Heinrich heirathete 1641 Ursula von Loß, eine Tochter des Oberschenks und Geheimen Raths von Loß. Dieser war sehr vermögend: denn er besaß außer einigen Häusern in Dresden die Güter Pillnitz, Poiritz, Schönfeld, Graupa und Jessen. Von seinen drei Töchtern heirathete die älteste einen Herrn von Bünau, bisher Besitzer von Tetschen, der 1634, wohl seines Glaubens wegen, aus Böhmen vertrieben worden war und durch diese Heirath Besitzer von Pillnitz wurde. Der Vater Loß muß kurz darauf gestorben sein, denn nach den Akten des Lehnhofes machten 1636 die Töchter einen Erbvertrag, wonach der ältesten Pillnitz verblieb, die jüngste Tochter, welche ihre mittlere Schwester beerbt hatte, Schönfeld, Graupa, Jessen und das Haus in Dresden, jetzt an der Kreuzkirche Nr. 18 (Ecke des Altmarktes), erhielt. Als Heinrich von Friesen diese jüngste Tochter Ursula heirathete, ist er wahrscheinlich auch Besitzer dieses Hauses geworden, und wenn nicht da schon, so doch durch ein Testament seiner Frau vom Jahre 1643, bestätigt 1644, worin sie ihren Gemahl zum Universalerben ihres gesammten Vermögens einsetzt. Heinrich von Friesen wurde also, nachdem sie im Juli 1644 gestorben war, alleiniger Besitzer der Güter und des Hauses in Dresden. Auf einer Reise nach Frankreich lernte er ein Fräulein von Lützelburg auf dem Schlosse Immlingen im Elsaß kennen, verlobte sich mit ihr, mußte sich aber, da der Eintritt nach Deutschland der Pest wegen an allen Grenzen verboten war, in Hagenau trauen lassen und konnte erst im folgenden Jahre seine junge Frau nach Dresden bringen.

Bis zum Jahre 1664, wo er von seiner zweiten Gesandtschaft in Regensburg nach Dresden zurückkehrte, wird er nur sehr vorübergehend in seinem Hause an der Kreuzkirche gewohnt haben, von diesem Jahre an bis zu seinem Tode 1680 aber lebte er dauernd hier und brachte wohl nur den Sommer auf seinem Gute Schönfeld zu, dem er große Aufmerksamkeit schenkte. Von 16 Kindern waren ihm nur 1 Sohn und 8 Töchter geblieben. Der Sohn war meist auswärts, aber mit Frau und Töchtern führte er ein höchst glückliches und patriarchalisches Familienleben. Er war der erste, der nach dem Berichte des französischen Reisenden Chappuzeau in Dresden Fremden und Einheimischen Abends seinen Salon eröffnete – eine Sitte, die bis dahin in Sachsen noch nicht bekannt gewesen war – und wußte Gelehrte und bedeutende Männer an sein Haus zu fesseln. Dabei blieb aber das Leben und die Sitte des Hauses höchst einfach und wahrhaft deutsch. Trinkgelage, eine damals sehr verbreitete Unsitte, waren nach dem Zeugniß desselben Chappuzeau in seinem Hause gänzlich verpönt, dagegen boten eine wohlausgestattete Bibliothek und eine werthvolle Gemäldesammlung reichen Stoff zu geistiger Unterhaltung, auch war er ein großer Freund der Musik, und seine Töchter mußten öfters kleine Aufführungen veranstalten.

Die Familie hatte sich gleich im Anfange der Reformation zur lutherischen Konfession bekannt und hing an ihr mit der größten Treue. In dem Hause des Geheime-Raths-Direktors versammelten sich daher auch [136] nach alter deutscher Sitte die Hausgenossen täglich zu gemeinschaftlichen Morgen- und Abendandachten, und die Kirche wurde regelmäßig besucht. Heinrich von Friesen liebte es, über religiöse Gegenstände zu sprechen, und war in den Schriften Luthers und der Kirchenväter äußerst bewandert, namentlich hatte er es bei der Mittagsmahlzeit, zu welcher oft Geistliche und Gelehrte zugezogen wurden, sehr gern, wenn die Unterhaltung auf einen religiösen Gegenstand fiel. – Seine Töchter müssen sehr schön gewesen sein, denn das Haus hieß in Dresden allgemein das Haus mit den schönen Töchtern; alle acht haben sich sehr günstig verheirathet; die Schwiegersöhne waren: von Reichenbach, von Malzahn, von Schellendorf, Graf Callenberg, Graf Stolberg, Marquis von Montbrun, Graf Reuß von Plauen und Graf Solms.

Nach seinem Tode 1680 wurde er in seinem geliebten Schönfeld begraben, in der noch heute unter dem Altarplatz befindlichen Familiengruft, welche er erst 1676 erbaut hatte. Das Haus an der Kreuzkirche ging an seine Gemahlin geb. von Lützelburg über.

Die verwittwete Frau von Friesen geb. von Lützelburg wird als eine besonders wirthschaftliche Frau geschildert, da sie bei den vielen dienstlichen Geschäften ihres Gemahls das Hauswesen vorzüglich geleitet, Armen und Nothleidenden stets beigestanden und auch im Wittwenstande ihre Hausgeschäfte exemplarisch geführt habe. Ueber ihren echt christlichen Sinn, ihre Liebe zur Familie, sowie auch über die Einrichtung des Hauses an der Kreuzkirche giebt ihr Testament reichlichen Aufschluß.

Das Testament beginnt, nachdem sie ihre Seele Gott befohlen hat, damit, daß sie ihre Hinterbliebenen auf das Eindringlichste ermahnt, der reinen evangelisch–lutherischen Lehre stets treu zu bleiben und niemals von derselben[WS 1] abzulassen. Darauf folgen Legate an die Kinder, Enkel und andere ihr nahestehende Personen; hervorzuheben ist ein Legat an ihre Enkelin, die Tochter der in Frankreich verheiratheten Marquise von Montbrun, abhängig von der Bedingung, daß die Enkelin in Deutschland deutsch erzogen werde. Außerdem sind Legate ausgesetzt zu einer noch heute bestehenden Armenstiftung in Schönfeld und für die Armen und den Kirchenbau in Putzkau. Die Summe der Legate, bei denen ihre Dienerschaft reichlich bedacht ist, beträgt allein über 80 000 Thaler.

Die Einrichtung des Hauses vermachte sie den einzelnen Töchtern. Besonders aufgeführt sind: Familienbilder, zwei silberne Geridons, 4 große silberne Wandleuchter, ein großer silberner Spiegel, das silberne Apothekchen, die neue aus Holland bezogene Kutsche, marmorsteinerne Tische, Tapeten von güldenem Leder u. s. w. Das Gut Räckelwitz in der Oberlausitz, welches sie um 34 000 Thaler gekauft hatte, vermachte sie zwei Töchtern.

Auch auf dem Gute Schönfeld hatte sich ihr christlicher Sinn bethätigt, denn außer der bereits erwähnten Stiftung hatte sie u. a. eine silberne Hostienschachtel vermacht, welche heute noch beim Abendmahl daselbst in Gebrauch ist und ihr Wappen und ihren Namenszug trägt.

Nach ihren 1689 erfolgten Tode erbte ihr einziger Sohn Julius Heinrich, der bereits 1680 mit dem Tode des Vaters in den Genuß der ansehnlichen Güter Schönfeld, Graupa, Jessen, Pratzschwitz etc. getreten war, das Haus an der Kreuzkirche.

Julius Heinrich wurde 1656 in Dresden geboren und im elterlichen Hause durch Hauslehrer erzogen, worauf er, jedenfalls in sehr frühem Alter, die Universität Leyden bezog: denn schon 1672 nahm er an den holländischen Kriegszügen des Grafen Wilhelm von Oranien, des späteren Königs von England, theil, mit dem er während seiner Studienzeit innige Freundschaft geschlossen hatte. Darauf trat er die in damaliger Zeit für einen jungen Herrn von adeliger Herkunft unerläßliche Reise nach Frankreich, Italien und der Schweiz an und kehrte nach Dresden zurück, wo er kurfürstlicher Kammerherr und Hof- und Justizienrath wurde. 1680 heirathete er eine Gräfin von Dohna. Im folgenden Jahre wurde er mit einer Gesandtschaft nach Wien betraut, welche um deswillen Aufsehen erregte und ihm Neider verschaffte, weil er einer der jüngsten Hofräthe war. Vielleicht war dies auch der Grund, daß er seinen Titel als Hof- und Justizienrath nach seiner Zurückkunft nach Dresden 1682 niederlegte und sich wieder nach dem Haag begab, wo er dem Grafen Wilhelm von Oranien nahe war. Dieser, zum Statthalter der Generalstaaten ernannt, schickte ihn 1688 nach Dresden mit besonderen Aufträgen an den Kurfürsten; er wollte denselben zum Kriege gegen Frankreich begeistern. Der Kurfürst aber empfing ihn sehr ungnädig, da ihm mitgetheilt worden war, daß Friesen, obgleich noch in sächsischen Diensten stehend, holländische Dienste angenommen hätte. Friesen rechtfertigte sich vollständig, erbat aber seinen Abschied als Kammerherr und trat nun thatsächlich als Oberstlieutenant in ein holländisches Regiment ein. Nach der Thronbesteigung des Oraniers in England wurde er englischer Generalmajor und blieb in London, bis er im folgenden Jahre 1690 als englischer Gesandter an die Höfe von Kassel, Berlin, Wien und Hannover geschickt wurde, um zum Kriege gegen Frankreich zu schüren.

1691 begab er sich im Auftrage des Königs von England zur Armee des Kurfürsten Johann Georg III. an den Rhein, und als dieser dort starb, kehrte er mit dem nunmehrigen Kurfürsten Johann Georg IV. nach [137] Dresden zurück, trat aus den englischen Diensten aus und wurde kurfürstlich sächsischer General–Wachtmeister. Als solcher wurde er bereits im folgenden Jahre als Gesandter nach Wien geschickt, um für den Krieg gegen Frankreich zu wirken, und nach seiner Rückkehr von dort zum interimistischen Präsidenten des Geheimen Kriegsrathes in Dresden ernannt. 1693 rückte er mit in den Feldzug am Rhein und erhielt nach seiner Rückkehr von dort das Kommando der sächsischen Garden zu Fuß.

Nachdem Johann Georg IV. 1694 gestorben, schickte ihn der Kurfürst Friedrich August nach dem Haag, um dem König von England die Thronbesteigung anzuzeigen. Diese Abwesenheit und den Regierungswechsel benutzte sein erbitterter Feind, der Feldmarschall Schöning, um Friesen daraufhin zu verklagen, daß er sich das Kommando der Garden, welches Schöning gebühre, in dessen Abwesenheit widerrechtlich angemaßt habe. Diese Anklage wurde Friesen zugestellt mit dem Bemerken, er solle sich rechtfertigen. Obgleich er eine Rechtfertigungsschrift einreichte, wurde ihm Befehl ertheilt, zurückzukommen und sich vor ein Kriegsgericht zu stellen. Von verschiedenen Seiten gewarnt, blieb Friesen im Haag und bat um seinen Abschied aus kurfürstlich sächsischen Diensten. Den Abschied erhielt er zwar, aber gleichzeitig wurden auch seine Güter Schönfeld, Graupa u. s. w. konfiszirt und alle seine Einkünfte inhibirt. Er selbst aber wurde wieder königlich englischer Generalmajor.

Von 1696 bis 1697 war Friesen englischer Militärbevollmächtigter am Hofe zu Wien und betrieb hier den Krieg gegen Frankreich weiter. In dieser Zeit erfolgte auch eine Aussprache und Versöhnung mit dem Kurfürsten von Sachsen, die Einkünfte seiner Güter konnte er indessen nicht wieder erhalten.

Nachdem er 1699 bis 1701 englischer Gesandter in Berlin gewesen war, erbat er seinen Abschied und trat als Feld–Marschall–Lieutenant in kaiserlich österreichische Dienste. Bereits seit seinem Aufenthalt in Wien führte er den Titel eines österreichischen Feld–Marschall–Lieutenants und ward auch stets Graf genannt, allein erst vom Jahre 1702 datirt das Diplom, durch welches er mit allen seinen Nachkommen in den Grafenstand erhoben wird. In demselben Jahre machte er den Feldzug am Rhein im Stabe des römischen Königs Joseph mit, erhielt im Jahre 1703 das Kommando der Festung Landau; welche er trotz heldenmüthiger Vertheidigung gegen freien Abzug übergeben mußte. Gleichzeitig wurde er General–Feld–Zeugmeister, nahm dann am Feldzuge 1704 im Stabe des Markgrafen von Baden theil und wurde abermals Kommandant der wieder eroberten Festung Landau. 1706 hatte er den Auftrag, den Brückenkopf von Deusenheim zu vertheidigen; da er denselben gegen große Uebermacht endlich räumen mußte, wurde er beschuldigt, dies ohne Noth gethan zu haben; er bat sofort um kriegsgerichtliche Untersuchung, welche so zu seinen Gunsten ausfiel, daß er sogar zum Generalfeldmarschall ernannt wurde. Diese Ernennung traf ihn leider nicht mehr am Leben, denn er starb am 28. August 1706 in Rastatt an einem hitzigen Fieber, noch nicht ganz 50 Jahre alt.

Man wird begreifen, daß er in einem so wechselvollen Leben nur selten sein Haus in Dresden bewohnt haben mag. Seitdem er es von seiner Mutter geerbt, hielt er sich nur in den Jahren 1691 bis 1695 mit großen Unterbrechungen in Dresden auf, nachher hat er Dresden wohl nicht wieder betreten. Als ihm 1695 alle Einkünfte konfiszirt wurden, gaben sich seine Schwestern alle erdenkliche Mühe, durch Scheinkäufe und auch wirkliche Käufe sein Vermögen vor der Konfiskation zu bewahren; wahrscheinlich ist daher die Frau von Schellendorf, Friesens Schwester, welche ohne Jahreszahl im Geschoßregister als Besitzerin eingetragen ist, bereits 1695 in den Besitz getreten. Nachdem sie 1726 gestorben war, wurde ihre jüngere Schwester, Gräfin Reuß, Besitzerin des Hauses, als welche sie unter dem 9. Juli 1727 eingetragen ist. Von ihr ist es in andere Hände übergegangen.

Das dritte Haus in Dresden, welches im Besitze der Friesen war, ist das Haus Seestraße 1. Der frühere Besitzer war ein Oberst Bose gewesen; von ihm hat es Karl von Friesen 1658 – wahrscheinlich käuflich – erworben.

Karl von Friesen, der jüngere Bruder des Geheime–Raths–Direktors Heinrich von Friesen und Oheim des Grafen Julius Heinrich, war 1619 in Rötha geboren, studirte drei Jahre in Wittenberg und kehrte 1638 nach Dresden zurück. Die nächsten Jahre unternahm er größere Reisen nach Italien und Süddeutschland, dann nach Frankreich und Holland und besuchte dabei die Universitäten Paris und Leyden. Auf der Rückkehr über Hamburg kam er an den Hof des Herzogs von Schleswig-Holstein; dessen Schwestersohn, der Pfalzgraf von Sulzbach, nahm ihn 1645 als Geheimen Rath und alleinigen Administrator der Pfalzgrafschaft Sulzbach in seine Dienste: in dieser Stellung erwirkte Karl auf der Friedensversammlung von Münster und Osnabrück den Evangelischen des Landes die Religionsfreiheit. Auf Veranlassung seines Vaters verließ er dann den pfalzgräflichen Dienst und trat in kursächsischen. Von 1653 ab Statthalter der Grafschaft Henneberg, wurde er 1656 als Geheimer Rath nach Dresden berufen, wurde nacheinander Präsident des Landeskonsistoriums und Oberhofrichter in Leipzig. Vorübergehend führte er 1669 in Altenburg die Regierung für den minderjährigen Herzog Friedrich Wilhelm, dessen Vormund der [138] Kurfürst war. Von 1656 ab bis zu seinem Tod 1686 hielt er sich, mit wenig Unterbrechungen, in Dresden auf und hat meist in seinem Hause gewohnt.

Wir finden somit im Jahre 1656 drei Familien Friesen am Altmarkt wohnend, den Vater und zwei Brüder. – Karl war mit einem Fräulein von Raaben verheirathet und führte ein höchst glückliches und mit Kindern reich gesegnetes Familienleben. Wie sein Bruder Heinrich war er ein sehr gastfreier Herr. – Sein jüngster Sohn, Otto Heinrich, erbte das Haus Seestraße Nr. 1. 1654 in Rötha geboren, hatte er die Fürstenschule in Meißen und dann die Universität in Frankfurt a. O. besucht, trat in den Staatsdienst, wurde mehrfach zu diplomatischen Sendungen benutzt und 1695 zum Kanzler ernannt. Seine Wirksamkeit im Staatsdienste wurde in hohem Grade anerkannt, denn als er 1715 um seinen Abschied bat, wurde ihm derselbe zwar gewährt, allein sein Sitz als Kanzler im Geheimen Konsilium frei gehalten, damit er ihn jederzeit wieder einnehmen könnte, und sein voller Gehalt wurde ihm weiter gezahlt.

Ebenso ersprießlich wie für seinen Landesherrn war seine Thätigkeit für die Familie. Mit seiner Schwester Henriette Katharine von Gersdorf (der Großmutter des Grafen von Zinzendorf, des Gründers der Brüdergemeinde) stiftete er das noch heute in Altenburg bestehende freiadelige Magdalenenstift für Erziehung evangelischer Fräulein. Wiewohl zweimal verheirathet, hatte er keine Kinder. Doch war er Vormund mehrerer Neffen und Nichten und verwaltete das jedenfalls sehr bedeutende Familienvermögen vorzüglich. Heute noch sind Stiftungen von ihm vorhanden, die segensreich wirken. Nach seinem 1717 erfolgten Tode ging der Besitz von Rötha und auch des Hauses in Dresden an seinen Neffen Christian August, Sohn seines ältesten Bruders, über. Christian August, 1675 in Großenhain geboren, hatte als Stabsoffizier die Feldzüge in Polen 1715 und 1716 mitgemacht, 1725 war er bereits Generalmajor, kommandirte 1733 in Polen ein Korps, wurde, nachdem er 1735 am Rhein thätig gewesen war, als Generallieutenant mit dem neu gegründeten Heinrichsorden dekorirt, ging 1737 mit sächsischen Truppen nach Ungarn und starb im selben Jahre im Lazareth in Belgrad.

Christian August war ohne Testament gestorben. Eine von den Vormündern der Hinterbliebenen im Jahre 1738 vorgeschlagene Erbvergleichung stieß auf Schwierigkeiten, kam aber endlich 1745, also nach bald 8 Jahren, zu Stande; wir werden durch sie über das für damalige Zeiten bedeutende Vermögen unterrichtet. Der General hatte Schulden in der Höhe von 160 000 Thalern hinterlassen; nachdem dieselben bezahlt, ferner für die beiden Töchter und die Wittwe Kapitalien von zusammen 38 000 Thalern ausgezahlt und für letztere auch noch eine Leibrente von 2000 Thalern jährlich festgestellt waren, verblieb den beiden Söhnen noch immer ein Vermögen von 160 000 Thalern und außerdem die Rittergüter Rötha, Cotta, Rammelburg und das Haus in Dresden. Bei der Theilung wurde Rötha mit 100 000 Thalern, Cotta mit 24 000 Thalern und das Haus in Dresden mit 12 000 Thalern berechnet.

Die Geschoßregister von Dresden geben als Besitzerin des Hauses Seestraße 1 vom Jahre 1725 bis 1741 Frau Kossin geb. von Arnstedt an, dann aber wieder die beiden Söhne des Generals, Karl August und Johann Friedrich Ernst. Es ist daher wohl anzunehmen, daß der General das Haus nur verpfändet oder auf Widerruf verkauft und daß es die Vormundschaft für die beiden minderjährigen Söhne wieder erworben hat. 1746 erscheint der jüngere Bruder als Besitzer, der es indessen sofort wieder an seine Mutter verkauft zu haben scheint, denn sie ist im selben Jahre als Besitzerin wieder eingetragen. Nach ihrem Tode 1753 erwirbt es die Wittwe des genannten älteren Bruders Karl August als Vormünderin ihres Sohnes Karl August und verkauft es endlich 1769 an den Geheimen Kriegsrath Johann Georg Müller.

Nach dem Konsistorial-Präsidenten Karl ist das Haus wahrscheinlich nicht mehr von Mitgliedern der Familie von Friesen bewohnt gewesen.

Wir verlassen hiermit den Altmarkt und begeben uns nach dem Jüdenhof. Hier befindet sich an der Ecke der Galeriestraße das ehemalige sogenannte Regimentshaus, d. i. Stadtkommandantenhaus.

Dieses Haus, so schreibt General von Schimpff in seiner Monographie über den Grafen Friesen, war im Februar 1714 vom König dem Feldmarschall Grafen Flemming und dessen Gemahlin unter sehr vortheilhaften Bedingungen ad dies vitae überlassen worden. Aber schon im September desselben Jahres veranlaßte August den Feldmarschall, ihm das Haus gegen eine Entschädigungssumme von 12 000 Thalern wieder zur freien Verfügung zurückzugeben, und es wurde nun zur Dienstwohnung des damaligen Gouverneurs von Dresden, General Janus von Eberstädt, der bisher ein jährliches Quartiergeld von 1200 Goldgulden bezogen hatte, bestimmt. Eberstädts Nachfolger, Graf Wackerbarth, bewohnte als Obersthaus- und Landzeugmeister, welche Chargen er auch als Gouverneur behielt, ein Haus am Zeughause. In dem Hause am Jüdenhof Nr. 1 befanden sich seit 1721 die Bibliothek und das Münz-, Muschel-, Erz-, Naturalien-, Konchylien- und Etampes–Kabinet. 1629 aber verschenkte es der König wieder und zwar an den Gemahl seiner natürlichen Tochter, der jungen Gräfin Cosel, den Grafen von Friesen.

[139] Heinrich Friedrich Graf von Friesen, geboren 1681 zu Mastricht in Holland, war der Sohn jenes ersten Grafen Julius Heinrich, der 1706 als österreichischer Generalfeldmarschall in Rastatt gestorben war. Das Schicksal seines Vaters konnte ihn nicht ermuntern, Anstellung in Sachsen zu suchen, er trat daher in russische Dienste, that sich in den Schlachten von Pultawa und am Pruth hervor und wurde Oberst. Als er 1711 den Zaren Peter den Großen auf einer Reise nach Dresden begleitete, wurde er hier veranlaßt, in sächsische Dienste zu treten, wurde Oberst des Wackerbarth’schen Regiments und als solcher bei der Erstürmung von Stralsund 1715 verwundet. Zum General befördert, hatte er ein Kommando in Polen. 1725 heirathete er die junge Gräfin Cosel. Er wurde später Generallieutenant, General der Infanterie, Gouverneur von Dresden und aller Festungen im Lande. Um Heilung von der Wassersucht zu suchen, reiste er nach Montpellier in Frankreich und starb in Cette im Jahre 1739.

Von seiner schönen Gemahlin, welche nach nur dreijähriger Ehe, wenig über 20 Jahre alt, an den Blattern starb, hatte er zwei Söhne, von denen der eine jung seiner Mutter folgte, der andere aber, August Heinrich, bei des Vaters Tode, erst 13 Jahre alt, in den Besitz des Hauses am Jüdenhofe kam.

Vormünder des jungen Grafen waren ein Herr von Carlowitz und ein Geheimer Rath von Holtzendorff. Dieselben berichten im Jahre 1742 an die Obervormundschaft: sie hätten das Haus am Jüdenhofe mit Möbeln und voller Einrichtung vermiethet, und zwar den 1. Stock an den General Grafen Baudissin für 400 Thaler, den 2. Stock an den Obersten Grafen Bellegarde für 300 Thaler jährlich. Nachdem aber beide wieder ausgezogen seien, habe der Geheime Rath Baron von Hennike sich erboten, das ganze Haus ohne Möbel für 812 Thaler jährlich zu miethen unter der Bedingung, daß es, da es sehr niedergewohnt sei, wieder hergestellt werde. Da die Renovation dringend nothwendig gewesen und das Anerbieten sehr vortheilhaft erschienen sei, hätten sie die Herstellung für den Preis von 1088 Thalern ausführen lassen und bäten die Obervormundschaftsbehörde um Genehmigung dieser Ausgabe.

Der Geheime Rath Baron von Hennike hat vermuthlich das Haus in diesem Jahre bezogen. In den Dresdner Geschoß-Registern ist er 1746, damals schon Graf und Konferenzminister, als Besitzer mit einer Kaufsumme von 15 000 Thalern eingetragen. Dies war das Jahr, in dem der junge Graf von Friesen mündig wurde.

Dieser ging mit dem Marschall von Sachsen nach Frankreich, stand am Hofe Ludwigs XV. in großer Gunst und wurde schließlich Maréchal de camp in derselben Armee, die sein Großvater bis an sein Lebensende bekämpft hatte. Vom Marschall von Sachsen erbte er die Herrschaft Chambord, wo er sich meist aufhielt und wo er auch kaum 28 Jahre alt unvermählt starb. In Wesen und Anschauungen vollständig Franzose geworden, hatte er keinen Sinn für sein früheres Vaterland und seine daselbst lebende Familie. Sein ziemlich bedeutendes Vermögen blieb in Frankreich, seine Güter Schönfeld, Graupa, Jessen, Pratzschwitz u. s. w. kamen aus der Friesenschen Familie heraus an die Nachkommen der Schwestern seines Großvaters.

Das fünfte Haus, welches die Friesen besessen haben, ist auf der Scheffelstraße Nr. 9. Der Oberkammerherr und Geheime Rath Freiherr von Friesen - mein Großvater- kaufte es im Jahre 1811 von einer Gräfin Schönburg, hat aber niemals dort gewohnt, da er noch ein anderes Haus besaß. Nach seinem im Januar 1824 erfolgten Tode kaufte der Staatsfiskus das Haus für 17 000 Thaler; es war von da ab Polizeigebäude und wurde während der Septemberunruhen 1830 demolirt. – Das zweite Haus, das mein Großvater besaß, liegt auf der Großen Brüdergasse Nr. 25. Heute noch erkennt man auf den ersten Blick, daß es kein Miethhaus gewesen ist; es trägt noch den Stempel eines vornehmen Familienhauses. Das Haus war denn auch seit langer Zeit in Händen vornehmer Leute gewesen, welche es jedenfalls allein bewohnten. 1766 war ein Kammerherr Graf Loß auf Olbernhau Besitzer. 1770 kaufte es von ihm ein Geheimer Rath und General– Bergkommissar von Heynitz, der es 1775 wieder an Frau Christine Jacobine verw. von Friesen geb. von Werthern, die Mutter meines Großvaters, für 11 500 Thaler verkaufte. Ihr Gemahl war 1768 gestorben; von da an hatte sie in Rötha gelebt und die Vormundschaft über ihren damals nur 11 Jahre alten Sohn selber geführt; nachdem derselbe aber schon 1775 für mündig erklärt worden war, zog sie nach Dresden und bezog im Herbst desselben Jahres das Haus. Schon drei Jahre darauf starb sie und hinterließ das Haus ihren beiden einzigen Kindern, einer Tochter und diesem Sohne, Johann Georg Friedrich, Besitzer von Rötha, Trachenau, Biesenroda, Königsbrück und Rammelburg, damals Assessor am Hofgericht zu Leipzig und Kammerherr. Dieser, mein Großvater, bezog das Haus 1780 mit seiner Frau geb. von Krosigk, hat es dann nach dem Tode dieser ersten Frau 1781 leer stehen lassen und nachdem er inzwischen 1783 mit einer Gräfin Schulenburg sich verheirathet, erst 1801 mit seiner ziemlich zahlreichen Familie wieder bezogen und bis zu seinem Tode 1824 bewohnt.

Er hatte von seinen beiden Frauen 13 Kinder und führte ein höchst glückliches Familienleben. Mehrere von ihnen, u. a. auch mein Vater, der jüngste von [140] allen, waren in diesem Hause geboren. Seine zweite Frau starb in diesem Hause, sowie auch ein Sohn, ein hoffnungsvoller Jüngling, der 1806 als Lieutenant in dem preußischen Regimente Quitzow Kürassiere bei Jena mit gefochten hatte. Nach der Katastrophe der preußischen Armee bei Prenzlau hatte er seinen Abschied erbeten, war in das sächsische Regiment von Polenz Dragoner eingetreten und 1809 bei einem Patrouillenritt in der Nähe von Berggießhübel von einem österreichischen Scharfschützen in den Kopf geschossen worden. Von da wurde er nach Dresden transportirt und starb wenige Tage darauf im Hause des Vaters. Auf dem Eliaskirchhofe wurde er begraben. Röber in seinem Tagebuche erwähnt dieses Begräbniß, bei dem alle dienstfreien Offiziere, sowie auch die Offiziere der Bürgergarde zugegen waren.

Da mein Großvater auf den Land- und Ausschußtagen, sowie als Erbmarschallamtsverweser viel zu thun hatte, war er meist in Dresden, nur vorübergehend auf seinem Gute Rötha. Er war als Oberkammerherr bereits 1812 dem Kaiser Napoleon bei der großen Fürstenkonferenz in Dresden beigegeben. Als dann der König 1813 Dresden verließ, gehörte er als zweites Mitglied der Immediat–Kommission an und wurde, als Napoleon während des Waffenstillstandes im Marcolinischen Palais wohnte, diesem wieder beigegeben. Aus jener Zeit hat mir mein seliger Vater eine Begebenheit mitgetheilt, welche ich nur kurz erwähnen möchte. „Wir Kinder – erzählte er – saßen eines Tages zu Hause und erwarteten den Vater sehnsüchtig zum Mittagessen. Er befand sich wie alle Tage beim Kaiser Napoleon im Marcolinischen Palais. Endlich rollte sein Wagen herein, der Vater trat ziemlich aufgeregt in das Zimmer und sagte nur: „Kinder, es giebt wieder Krieg, soeben hat sich etwas Großes begeben.“ Er hatte mit mehreren anderen Herren aus dem Gefolge des Kaisers in dessen Vorzimmer gestanden, da war Fürst Metternich zu Napoleon eingelassen worden, man hatte eine sehr lange und sehr erregte Unterhaltung gehört, bis endlich Metternich mit einem sarkastischen Lächeln aus dem Zimmer des Kaisers getreten war und das Palais eiligst verlassen hatte. Der Kaiser aber hatte seine Begleitung ziemlich ungnädig entlassen. Es war die berühmte Zusammenkunft gewesen, bei welcher Napoleon seinen Hut hinwarf und in deren Folge Oesterreich sich der Sache der Alliirten anschloß.

Nach der Gefangennahme des Königs von Sachsen war mein Großvater wieder Mitglied der Immediat–Kommission und versah nach der Rückkehr des Königs die Obliegenheiten eines Oberkammerherrn und Generaldirektors der königlichen Sammlungen.

Als er 1824 in dem Hause auf der Brüdergasse gestorben war, kam das Haus an seine Kinder, deren ältestes, die verwittwete Gräfin von der Schulenburg, als Besitzerin eingetragen ist. Sie war die Großmutter des Grafen Harry von Arnim, der in der neueren Geschichte eine Rolle gespielt hat. Die Erben haben das Haus nicht sehr lange besessen, denn 1829 ist der Wirkliche Geheime Rath und Oberkammerherr von Uechtritz als Besitzer eingetragen.

Es sind somit sechs Häuser im Besitze von Mitgliedern des Geschlechtes von Friesen, deren Leben immerhin einiges Interesse für die Geschichte Dresdens haben dürfte, gewesen. Als siebentes kommt hinzu das im Besitze des Verfassers dieses Aufsatzes befindliche und von ihm bewohnte Haus Löwenstraße Nr. 1.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: derseben