Die Frequenz unserer Universitäten
[494] Die Frequenz unserer Universitäten ist bekanntlich stets eine sehr wandelbare, und zwar gilt dies, wie jüngste Erfahrungen beweisen, von den großen wie von den kleinen. Bis zum Wintersemester von 1871 auf 1872 behauptete Berlin noch die erste Stelle unter den deutschen Universitäten; es hatte 2603 immatriculirte und 1578 zum Besuch der Vorlesungen berechtigte Hörer, also eine Gesammtfrequenz von 4181. Die Wohnungs- und, wie man behauptet, auch noch andere gefährlichere Noth führten ein so beträchtliches Sinken der Berliner Hochschule herbei, daß das in jeder Beziehung glänzend gepflegte Leipzig es überflügelte. Während Berlin in diesem Sommersemester auf 1590 Immatriculirte hinabgegangen ist, fehlen in Leipzig nur noch 280, um die 3000 zu erreichen. Ebenso beachtenswerth ist die der üblichen Annahme, daß die Blüthezeit der kleinen Universitäten vorüber sei, widersprechende Erscheinung vom Emporsteigen einzelner derselben, wie namentlich Marburgs. In den letzten Zeiten der kurfürstlichen Regierung hatte die Zahl der Studirenden sich selten und wenig über 250 erhoben. Im Winter von 1866 auf 1867 sank sie sogar bis auf 245 herunter, weil damals überhaupt die Existenz der Hochschule in Frage gestellt war. Mit der Sicherstellung derselben begann ein auffälliges Steigen der Frequenz; ein uns von dort mitgetheiltes Verzeichniß der Hörerzahl von 1864 bis zur Gegenwart weist seit dem Sommer 1867 fünf Semester mit 300 bis 350, ebensoviel mit 350 bis 400 und sogar zwei mit mehr als 400 Hörern auf. Im Winter von 1870 auf 1871 zählte Marburg allerdings wieder nur 263, aber nur, weil viele seiner Studenten als Soldaten in Frankreich standen. Das laufende Semester hat 385 Hörer, worunter sich eine geringe Anzahl zum Besuch der Vorlesungen berechtigter Nichtstudenten befindet. Darnach bitten wir die Angabe über die Marburger Hochschule auf Seite 398 („Zwei Märtyrer-Denkmale“) abzuändern.