Die Elfenbeinfächer
[723] Die Elfenbeinfächer haben ihre frühere Harmlosigkeit verloren: sie
dienen jetzt zum Theil als Autographenalbums und schon mancher berühmte
Mann ist durch die Ankunft eines derartigen eleganten Toilettenstücks
daran erinnert worden, daß der Ruhm auch seine Beschwerden mit
sich bringt. Die Autographensammler jeder Art ertheilen den Herbergsgenossen
der Konversationslexika diese Lehre in oft empfindlicher Weise.
Wir haben in dem Artikel „Ein Stück Fächerlitteratur“ in Nr. 11, S. 173,
den Lesern der „Gartenlaube“ Proben davon gegeben. Nicht alle Besitzerinnen
schöner Fächer sinld indeß so glücklich wie Adeline Patti, die
auf dem ihrigen die Inschriften so vieler gekrönter Häupter trägt.
Ihre frühere eigene Landesmutter, die Königin Christine von Spanien,
schrieb die Worte darauf: „Der lieblichsten Spanierin eine Königin,
die stolz darauf ist, sie zu ihren Unterthanen zu zählen.“ Königin
Viktoria: „Wenn es wahr ist, was König Lear sagt, daß eine sanfte
Stimme ein schönes Ding am Weibe ist, dann sind Sie, meine holde
Adeline, die entzückendste aller Frauen.“ Sehr sinnig und treffend in
ihrer Kürze sind die Worte Kaiser Wilhelm’s I.: „Der Nachtigall aller
Jahreszeiten“, während man aus denjenigen des Kaisers Alexander III.
die Sehnsucht nach Ruhe herauslesen mag, die der so mächtige Herrscher
gewiß oft empfindet: „Nichts beruhigt süßer als Ihr Gesang; selbst aufgescheuchtem
Wilde würde er sofort das Gefühl der Ruhe geben.“ Der
frühere Präsident der französischen Republik, Thiers, hat auf dem Fächer
ein Epigramm mit ganz artiger Pointe eingezeichnet: „Königin des
Gesangs, ich reiche Dir die bürgerliche Rechte.“ †