Die Diamanten- und Goldfelder in Südafrika

Textdaten
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Autor: B. Falk
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Titel: Die Diamanten- und Goldfelder in Südafrika
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aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 42–46
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1895
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Entwicklung des Diamanten- und Goldabbaues in Südafrika seit der Mitte des 19. Jahrhunderts
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Die Diamanten- und Goldfelder in Südafrika.

Von B. Falk. Mit Abbildungen von A. Richter.

Die erste Mühle bei Moodie.

Hundert Centner Diamanten befanden sich um das Jahr 1865 im Besitz der Menschheit. Hundert Centner dieser funkelnden kostbarsten Edelsteine hatten fleißige Sucher im Laufe von Jahrhunderten und Jahrtausenden gesammelt. So versicherten wenigstens vor dreißig Jahren Leute, die im Edelsteinhandel bewandert waren. Wenn damals jemand behauptet hätte, daß dieser Schatz im Laufe der nächsten fünfundzwanzig Jahre verdoppelt werden würde – man hätte ihn als Phantasten ausgelacht und doch wäre er mit seiner Prophezeiung weit hinter der Wirklichkeit zurückgeblieben. Ende der sechziger Jahre wurden in Südafrika neue Diamantenfelder entdeckt, deren Reichtum alle Erwartungen übertraf, und die Welt wurde mit einem wahren Diamantregen überschüttet. In 25 Jahren lieferte Südafrika rund 50 Millionen Karat Diamanten, das macht etwa 200 Centner! Und der Vorrat an krystallisiertem Kohlenstoff in diesen wunderbaren Gruben ist noch lange nicht erschöpft. Haben sie doch im 26. Jahre nach ihrer Entdeckung den größten aller bekannten Diamanten geliefert, der 969 Karat oder 198,7 g wiegt! Es ist dies der am Schlusse dieses Aufsatzes abgebildete „Excelsior“, der am 30. Juni 1893 in der Jagersfontein-Mine im Orange-Freistaat aufgefunden wurde und dem man eine wunderschöne blau-weiße Farbe nachrühmt. 200 Centner Diamanten, deren Wert auf etwa eine Milliarde Mark geschätzt wird, sind schon eine Macht, die zahllose Menschenmassen in Bewegung zu versetzen, Tausende von Gemütern zu erhitzen vermag. An die Ausgrabung von 200 Centnern der kostbarsten Edelsteine knüpft sich eine eigenartige Geschichte der menschlichen Arbeit, menschlichen Glücks und Elends. Besuchen wir für einen Augenblick diese weltberühmten Gefilde, hören wir zu, was sie uns erzählen!

Der Schauplatz, auf dem sich die fieberhafte Thätigkeit der Diamantengräber entfaltete, ist West-Griqualand, das von dem Vaal- und Oranjestrom durchflossen wird. In der Nähe dieser Wasserläufe grünen die Bäume und schließen sich zu Wäldern zusammen, aber schon in einiger Entfernung von den Flüssen wird die Landschaft eintöniger, wird sie eine Steppe, die nur im Frühling durch anmutige Schönheit das Auge erfreut. Anfang der sechziger Jahre wohnten in diesen Gebieten in weit zerstreuten Farmen die Boers, mit Vieh- und Straußenzucht beschäftigt. Es war im Jahre 1867, als in einer solchen Farm am Oranjestrom ein Straußenjäger Namens John O’Reilly vorsprach und ein glänzendes Steinchen sah, mit dem die Kinder des Bauers Jacobs spielten. O’Reilly ahnte, daß dieser Stein ein Juwel sein könnte; er ließ sich ihn schenken und Sachverständige bezeugten, daß er ein Diamant von 22½ Karat war, den der Generalgouverneur der Kapkolonie um den Preis von 6000 Mark kaufte. Nun begann man in West-Griqualand allgemein Diamanten zu suchen, und besonders glücklich war ein Kaffer Namens Swartsboy (Schwarzbursche), der Anfang des Jahres 1869 einen Stein von 83½ Karat fand. Dieser Fund machte großes Aufsehen; der Kaffer verkaufte ihn an einen Farmer für 8000 Mark und dieser erhielt dafür von dem Hause Lilienfeld und Brüder in Hopetown 224 000 Mark. Er wurde der „Stern von Südafrika“ genannt und als geschliffener Diamant vom Earl of Dudley für eine halbe Million Mark als Schmuck für die junge durch ihre Schönheit berühmte Gräfin Dudley gekauft.

Von da an bewegte sich ein gewaltiger Menschenstrom nach dem neuen Diamantenland und schon Ende 1869 befanden sich an 5000 „Diggers“ oder Diamantengräber am Vaalflusse, die den Boden durchgruben und in etwa 750 „Wiegen“ durchwuschen.

Die Diamanten lagen hier in einem mit thoniger Erde zusammengebackenen Steingeröll. Dieses wurde, nachdem man es [43] aus der Grube in Säcken oder Eimern heraufgeholt hatte, in einen offenen mit Wasser gefüllten Bottich geworfen und durch Umrühren mit Schaufeln von den erdigen Anhängseln befreit. Dann brachte man das Geröll ans Flußufer, wo jeder Digger seine eigene „Cradle“ oder Wiege hatte. Diese bestand aus drei übereinander gesetzten Sieben, durch welche das Geröll unter fortwährendem Wasserzuflusse geschüttelt wurde. In dem ersten blieben die größten Steine etwa bis zur Größe von Hühnereiern zurück, in dem zweiten solche bis zur Größe von Pflaumen, und in dem letzten die kleineren. Während die beiden ersten Sorten im Siebe mit der Hand durchsucht wurden, schüttete man die letzte auf den Sortiertisch, wo man sie mit einem „Scraper“ oder Schabeisen nach Diamanten durchsuchte. Von dem großen Haufen trennte man mit dem Scraper eine kleine mit dem Auge leicht zu musternde Partie ab, griff die etwa vorhandenen Diamanten heraus und strich das Wertlose unter den Tisch. Wir verweisen auf unsere Abbildung „Das Sortieren der Diamanten“ S. 46.

Caledonische Batterie.

In dieser Weise gräbt man noch heute am Vaalflusse nach Diamanten und findet in diesen „Flußdiggings“ wohl sehr schöne Steine vom reinsten Wasser, aber die Ausbeute war niemals besonders groß. Die weltberühmten Diamantenfelder lagen nicht am Ufer des Stromes, sondern auf der unfruchtbaren Hochebene zwischen dem Vaal und Oranje. Im Dezember des Jahres 1870 kam der Kaufmann und Digger Robinson nach der Farm Dutoitspan und fand hier unter Steinchen, welche Kinder gesammelt hatten, 22 kleine Diamanten. Er untersuchte die Gegend und es stellte sich heraus, daß der Lehm und Sand, aus denen die Hütte gebaut war, Diamanten enthielten. Sofort wandte sich ein Teil der Digger, die am Flusse arbeiteten, jener Gegend zu und schon im Laufe des Jahres 1871 wurden in der Nähe von Dutoitspan neue Diamantengruben entdeckt, deren Reichtum an Edelsteinen alle Erwartungen übertraf. Als die Digger von jener Hochebene Besitz ergriffen, erhoben sich da flache Hügel, die man Kopjes nannte; sie ragten nur wenige Meter über die Ebene empor, waren aber, wie die Erfahrung gelehrt hat, in ihrem Aufbau von den[WS 1] sie umgebenden Erd- und Gesteinsschichten durchaus verschieden. Ihr oberster Teil bestand aus einem eisenschüssigen, hochgradig zersetzten Gestein, das yellow ground genannt wird und eine Dicke von 6 bis 12 Metern aufweist; darauf folgt eine 2 bis 5 Meter starke dunkelbraune festere Masse, der rusty ground, und schließlich ein ganz eigenartiges schwärzlich grünes oder schwärzlich blaues Gestein, der blue ground. Zweifellos wurden diese Gesteinmassen durch vulkanische Kräfte aus dem Innern der Erde emporgehoben und bilden aufrecht stehende Säulen. An der Oberfläche der Erde sind sie am breitesten und werden um so schlanker, je tiefer man in sie eindringt. So beträgt z. B. der Durchmesser des Querschnittes der Kimberley-Kopje oben 167 Meter, in der Tiefe von 300 Metern dagegen nur 103 Meter. Höchstwahrscheinlich haben sich in diesen Gesteinsmassen die Diamanten während der Hitze der Eruption gebildet; denn nicht nur in dem obersten verwitterten Teile waren sie zu finden, sondern auch die ganze Masse des blue ground erwies sich diamantführend. Von diesen Kopjes sind besonders sechs berühmt geworden, die von Kimberley, de Beers, Bultfontein und Dutoitspan im Griqualand und Koffyfontein sowie Jagersfontein im Oranje-Freistaat.

Goldwaschen in Transvaal.

Das Leben und Treiben, das sich zu Anfang der siebziger Jahre auf diesen Kopjes entwickelte, war überall ziemlich dasselbe. War die Diamanthaltigkeit derselben festgestellt, so erfolgte sogleich dorthin ein „Rush“, d. h. ein plötzliches eiliges Zuströmen und eine Massenniederlassung von Diggers. Spekulanten kauften den Bauern die Farmen ab, auf denen die Kopjes lagen, und vermieteten einzelne Teile derselben an unternehmende Diggers[.] Die Kopje wurde in quadratische Grubenfelder von 31 Fuß oder 9,5 Metern Seitenlänge, also etwa 90 Quadratmetern Fläche geteilt. Ein solches Feld nannte man Claim (Anspruch) und ein Digger durfte höchstens zwei Claims ausbeuten; dagegen verkaufte man auch halbe und viertel Claims, ja dieser und jener versuchte wohl auch auf dem winzigen Raum von 1/16 Claim sein Glück. Die Arbeit auf den Kopjes gestaltete sich im Vergleich zu der am Vaalflusse verschieden; auf der dürren Hochebene fehlte es an Wasser zum Waschen der Erde und darum wurden diese Felder „dry diggings“, trockene Gruben, genannt. Das diamantenführende Gestein wurde in Säcken oder Eimern heraufgeholt, zerkleinert und dann trocken sortiert. Inmitten der diamanthaltigen Schicht stieß man aber oft auf gewaltige Felsblöcke, die keine Edelsteine bargen, die gesprengt und zerkleinert werden mußten, damit man sie fortschaffen und zur Diamantenader gelangen konnte. Und unter welchen Umständen mußten diese Arbeiten vollzogen werden! Die Diamantmine von Kimberley war oval gestaltet und ihr Durchmesser betrug an der Erdoberfläche 167 Meter. Auf diesem kleinen Raum waren an 3000 Claims vorhanden, und in jedem waren mehrere Arbeiter mit Schaufel und Picke, Sack und Eimer thätig. Anfangs konnte noch jeder mehr oder weniger bequem zu seinem Claim gelangen, da man zwischen den einzelnen Sektionen Wege gelassen hatte. Man ging dabei von der Ansicht aus, daß nur die obersten Erdschichten, wie dies in den anderen bis dahin bekannten Feldern der Fall war, Diamanten führten, und erwartete, daß die Diggers, nachdem sie den Boden mehrere Meter tief durchwühlt hätten, fortziehen würden. Da fand man aber zur freudigsten Ueberraschung, daß auch der blue ground edelsteinhaltig war, daß die Grube nach der Tiefe zu kein Ende nahm. Der Wert der Claims stieg dadurch ungemein; während man ursprünglich ein solches Grubenfeld schon gegen einen Pacht von 10 Mark monatlich erstehen konnte, stieg später der Preis von Claims, in denen besonders gute Funde gemacht wurden, ins Ungeheure. Es wurden für ein solches Grubenloch 10000, 50000, ja ausnahmsweise 200000 bis 300000 Mark bezahlt.

Je tiefer man indessen grub, desto sonderbarer wurde das Aussehen der Kopje. Sie war längst kein Hügel mehr, sondern ein tief ausgehöhlter Krater, um [44] den ringsherum der freigelegte Thonschiefer oder der „Riff“ starrte. Zwei Jahre nach der Entdeckung des Diamantfeldes hatte man die Claims im Durchschnitt bereits auf 30 Meter vertieft. Die Arbeit war aber in den 3000 Anteilen nicht gleichmäßig fortgeschritten. Der eine Claim war tiefer, der andere ragte über ihn empor. Die in regelmäßigen Vierecken bearbeiteten Claims erschienen hier als Schächte, dort als Pfeiler und Türme, als Plattformen, Mauern, Treppen und Gräben. Dieses ruinenhafte labyrinthische Gewirr glich einer ausgegrabenen Stadt, einem Herculanum oder Pompeji; aber kein Friede herrschte über diesen Trümmern, 12000 Diggers waren hier am Werke. Das rauschendste und geschäftigste Leben herrschte auf allen Punkten der chaotischen Stein- und Felsmassen, und wenn die heiße Sonne des Sommers in diese Schlünde der wasserarmen Hochebene herniederschien, so lagerten Wolken von Staub über diesem eigenartigen Gesamtbilde menschlicher Thätigkeit. Die Wege, die einst die Kopje durchschnitten, waren längst niedergelegt oder von selbst zusammengestürzt und man mußte auf neue Mittel sinnen, um den diamanthaltigen Stoff herauszuschaffen. Man hat die Aufgabe eigenartig gelöst. Am Rande des Riffs, rings um den tiefen Krater hat man hohe Holzgerüste errichtet. Hier hat jeder Claimbesitzer einen Platz ähnlich dem Logenbesitzer in unsern Theatern; hier stellt er eine Winde auf, und von hier geht ein langes starkes Drahtseil aus, das in den betreffenden Claim führt. Auf diesem Seile eilt ein Eimer in die Tiefe des Claims, während ein anderer mit diamanthaltigem Stoff gefüllt der Höhe des Riffs emporstrebt. Ein Netz von mehr als 2000 Drahtseilen überspinnt also den Krater und es giebt ein fortwährendes Schnurren und Sausen, denn jeder Claimbesitzer bringt an 40 Eimer in der Stunde herauf. Unsere Abbildungen auf Seite 45 geben ein anschauliches Bild einer derart aufgewühlten Grube.

Südafrikanisches Ochsengespann.

Rings um die Kopje herrscht ein gleichfalls bewegtes Leben, denn auf zahllosen Karren wird der Stoff nach den Sortierplätzen gefahren, wo er auf Tischen nach Diamanten durchsucht wird. Größere Steine werden allerdings zumeist schon in den Claims gefunden, denn durch ihr Funkeln verraten sie sich dem scharfen Auge des Diggers. Alsdann stößt der glückliche Finder einen Freuderuf aus und Hurra! erwidern ihm tausend Kehlen in dem Krater. Ein solcher Ruf weckt Hoffnungen und spornt zur weiteren harten Arbeit an.

Je tiefer aber die Diggers in den blue ground eindrangen, desto schlimmer war es um sie bestellt. Ueber ihren Köpfen sausten die steinbeladenen Eimer und wie oft löste sich einer vom Seile und bedrohte das Leben der Arbeiter in der Tiefe! Noch weit schlimmere Gefahren brachte der wüste ungeregelte Bergbau mit sich. Die wegen ihrer Armut am Edelgestein nicht abgebauten Claims, die als Pfeiler dastanden, die breite steil abfallende Riffwand drohten mit Einsturz. Als vollends die Regen kamen und die Pfeiler und Wände unterwuschen, folgte Einsturz auf Einsturz, in dem Grunde vieler Claims sammelte sich Wasser an – die Arbeit gestaltete sich immer schwieriger.

In der Nähe der Grube war inzwischen eine Stadt entstanden, zunächst nur „auf Zeit“ gebaut; aus leichten Zelt-, Wellblech- oder Holzhäusern, deren Bestandteile in Kisten wohl verpackt von England oder Norwegen in die Diamantfelder geschickt wurden und hier nur zusammengesetzt zu werden brauchten. Das Leben in dieser Stadt war durchaus nicht billig. Ernst von Weber, der in den siebziger Jahren in Kimberley als Digger sein Glück versuchte, gab in seinem interessanten Werke auch die Marktpreise an; das Pfund Rindfleisch kostete zwar nur 50 Pfennig, aber für 1 Pfund Butter mußten 5 Mark und für einen Eimer Kartoffeln 10 Mark bezahlt werden. Der schlimmste Schlag jedoch, der die Diggers traf, war der Rückgang der Diamantpreise. Südafrika lieferte eine Menge größerer Steine, die früher sehr selten waren, und gerade diese, die Glücksfunde der Diggers, erlitten dadurch in ihrem Wert eine große Einbuße. Das Diamantengraben war für den einzelnen nicht mehr so lohnend und dabei wurden die Schwierigkeiten in den Gruben immer größer. Wiederholt mußten gewaltige Einbrüche des Riffs beseitigt werden und die Tiefe, bis zu der die Claims abgebaut wurden, betrug 100 Meter und darüber. Da sah man sich genötigt, von der bisherigen Art des Abbaus zu einem regelrechten unterirdischen Betriebe überzugehen. Man setzte am Rande des Kraters Schächte an und ging von ihnen in verschiedenen Horizonten mit Strecken in den blue ground hinein. So entstanden an den Diamantenfeldern Schachthäuser mit mächtigen Winden, wie sie auf unserer Abbildung S. 45 unten dargestellt sind. Zu ihnen gesellten sich Dampfpumpen zur Entfernung des Grundwassers aus den Minen und zuletzt wurden noch die Anlagen elektrisch beleuchtet. Diese Methode bewährte sich, aber sie erforderte eine einheitliche Leitung, einen Großbetrieb. So bildeten sich seit Mitte der achtziger Jahre unter den Claimbesitzern Aktiengesellschaften, die schließlich mehr und mehr zu einer einzigen, den „de Beers Consolidated Mines“, verschmolzen wurden. Diese dürfte jetzt als die Beherrscherin des südafrikanischen Diamantenbergbaues gelten. Etwa 10000 Kaffern und 1500 Weiße stehen in ihren Diensten. Die Gesellschaft hat die Gewinnung dem Verbrauch angepaßt; da, wie die Erfahrung gelehrt hat, die Welt jährlich für etwa 80 Millionen Mark Diamanten zu kaufen pflegt, so wird nur diese Menge alljährlich gegraben; sie wiegt etwa 15 Centner. Die ersten Digger konnten Kimberley nur auf beschwerlichen Wegen, mit den langen Ochsengespannen erreichen. (Vergl. obenstehende Vignette.) Heute führt die Eisenbahn nach der Stadt, die auch mit Wasserleitung versorgt ist, und die Fahrkarte dritter Klasse von Kimberley nach Port-Elizabeth kostet nur 54 Mark. Die Reise dauert 35 Stunden. Die Zeit der „Rushs“ [45] ist aber vorüber; die Bevölkerung von West-Griqualand ist von 60000 auf 45000 Köpfe gesunken, worunter sich 12500 Weiße befinden. Kein Wunder, denn der Diamantbergbau, der nunmehr in Tiefen von 360 und 380 Metern arbeitet und noch für Jahre gesichert erscheint, kann einen abenteuernden Digger nicht befriedigen. Aber schon vor Jahren winkte diesem in demselben Südafrika ein anderes „Dorado“.

In den Diamantgruben.

Es war um die Zeit, da auf dem Londoner Edelsteinmarkt die Diamantenpanik ausbrach, da Steine über 20 Karat keinen Käufer fanden oder gegen früher zum Spottpreise verschleudert werden mußten, da man die gelblich gefärbten Diamanten der Kimberley-Minen als minderwertige Ware zu bezeichnen anfing – es war um das Jahr 1873, als unter den Diggern von Griqualand die Kunde sich verbreitete, daß in der Transvaalrepublik unermeßlich reiche Goldfelder entdeckt worden seien. Man wußte seit lange, daß der Boden Südafrikas goldhaltig war; vermutete man doch in diesen Gegenden das Ophir Salomos; aber man hatte geglaubt, daß diese Goldlager schon in grauer Vorzeit ausgebeutet worden und erschöpft waren. Jetzt war aber das Dorado gefunden, und zunächst ging ein „Rush“ nach Lydenburg, das von Kimberley im Ochsenwagen in 3 bis 4 Wochen, mit Pferden in 10 bis 12 Tagen zu erreichen war. Kurze Zeit darauf wurden noch in Dakaap und Sheba neue Goldlager entdeckt, und ein Goldfieber mit allen seinen Schattenseiten ergriff Südafrika und lockte Auswanderer aus Europa und Amerika herbei. Ursprünglich betrieb man nur einfache Goldwäschereien. Am Ufer der Flüsse und Bäche wurden die „Wiegen“ aufgestellt, in denen der goldhaltige Sand gewaschen wurde. Eine unserer Abbildungen S. 43 zeigt uns die Digger bei dieser Arbeit. Sie haben sich am Ufer eines Wasserlaufes niedergelassen; das Erdreich, das von demselben angeschwemmt ist, besteht aus Trümmern von goldhaltigen Felsarten. Es handelt sich nun darum, das Gold vom Sande zu trennen. Unsere Digger besorgen dies auf eine einfache ursprüngliche Weise. Am unteren Laufe des Baches haben sie in geneigter Stellung einen rinnenförmigen Kasten aufgestellt, dessen Boden mit niedrigen Querleisten versehen ist. Indem sie nun den Sand des Ufergeländes in den Wasserstrom hineingraben, werden die leichten Schlammteilchen fortgeschwemmt; das schwerere Gold, sowie größere Kieselsteine bleiben zwischen den Leisten des Kastens liegen und das Gold kann nunmehr ausgelesen werden. Nachdem die ersten glücklichen Funde gemacht wurden, wandte man vollkommenere Geräte zum Goldwaschen an.

Außerdem aber entwickelte sich in Südafrika in kurzer Zeit auch der Bergbau auf Gold. Das edle Metall kommt dort reichlich auch in Quarzgängen eingeschlossen vor und das Erz muß daher aufgearbeitet werden. Dies geschieht in der Regel auf folgende Weise: das goldhaltige Gestein wird in Stampfern oder Pochbatterien (s. S. 43) zerkleinert und kann alsdann wie der goldführende Sand ausgewaschen werden. Um aber Verluste an kleinen Goldteilchen zu vermeiden, wird bei verbesserten Verfahren das zerkleinerte Gestein mit Quecksilber vermengt; dieses verbindet sich mit dem Gold zum Goldamalgam, das alsdann rein ausgewaschen wird. Erhitzt man das Amalgam, so verflüchtigt sich das Quecksilber, während das Gold in mehr oder weniger reinem Zustande zurückbleibt. In Südafrika ordnet man die Goldmühlen vielfach auch in der Weise an, daß man die „Pochtrübe“, also das zerstampfte Gestein, über Kupferplatten laufen läßt, die mit Quecksilber überzogen und in rinnenartigen Behältern etagenförmig übereinander aufgestellt sind. Das Gold der Pochtrübe verbindet sich alsdann mit dem Quecksilber, während die „taube“ Masse abfließt.

Die Zahl der in Betrieb genommenen Goldminen stieg; immer häufiger wurden die Züge der langen Ochsengespanne, die durch die menschenleere Steppe nach dem neuen Dorado eilten. [46] Geschäftig rührte man auch die Trommel der Reklame und die südafrikanischen Minenaktien stiegen an den europäischen Börsen zu schwindelnder und schwindelhafter Höhe. Der Krach blieb nicht aus und die neuen Goldfelder gerieten in einen üblen Ruf. So kam das Jahr 1886 heran, als am Witwatersrand, 50 Kilometer von Prätoria, wiederum neue Goldfelder entdeckt wurden. Das große Kapital glaubte jedoch anfangs den glänzenden Berichten nicht und so konnte hier die Ausbeute nur mit geringen Mitteln und in kleineren Betrieben erfolgen. Aber der Erfolg war überraschend groß und noch einmal flackerte neben dem regellosen Raubbau eine wilde Spekulation auf und noch einmal folgte ihr der Krach.

Das Sortieren der Diamanten.

Indessen das Gold hatte zu große Anziehungskraft; es fanden sich Kapitalisten, die von neuem das zum Betrieb nötige Geld vorschossen, und es erfolgte nun eine finanzielle und technische Wiedergeburt des Goldbergbaues am Witwatersrand. Eine Minenkammer wurde errichtet, Männer von tüchtiger Schulung traten an die Spitze der einzelnen Bergwerke; außer dem Amalgamationsprozeß wandte man die neuesten chemischen Gewinnungsarten an und Witwatersrand erreichte eine ungeahnte Blüte. Natürlich wirkte dieser Fortschritt auch auf die übrigen südafrikanischen Goldfelder günstig zurück. Im Mittelpunkt derselben entstand eine neue Stadt, Johannesburg; wo vor acht Jahren noch kein Haus gestanden hatte, erhoben sich jetzt Kirchen, Theater, große Gasthöfe und Wohngebäude für 40 000 Weiße und 10 000 schwarze Einwohner; bald erschloß auch das Dampfroß die Gegend. Noch erstaunlicher als das Entstehen der Stadt ist übrigens der Aufschwung des Bergbaus. Im Jahre 1892 waren in Witwatersrand allein 69 Goldbergwerke in Betrieb, von denen einige über 100 000 Centner Gestein gefördert haben. Daraus wurde ein Goldgehalt von 1 210 574 Unzen im Werte von über 80 Millionen Mark allein im Jahre 1892 erzielt. Da diese Werke sämtlich Tiefbaugruben sind, so haben sie Schächte und dementsprechend Fördermaschinen, Pumpen, Dampfkessel, Schmieden, Reparaturwerkstätten etc. In neuester Zeit hat man auch Preßluftmaschinen und Bohrmaschinen eingeführt, die bereits nach Hunderten zählen. Sehr umfangreich sind dementsprechend die Pochwerke, und man zählte im Jahre 1892 am Witwatersrand 2530 Pochstempel, die selbst bis zur Schwere von 1000 Pfund hergestellt werden. Mehrfach wird auch die Kraft der Wasserströme in Elektricität verwandelt und als solche den Werken zugeleitet. Da Südafrika noch keine eigene Maschinenindustrie besitzt, so muß sie die Mehrzahl der Maschinen aus den Industriegebieten Europas und Amerikas beziehen, und so wirken diese Goldbergwerke auch über das Meer hinaus, indem sie in den alten und neuen Kulturstaaten zahlreiche Hände beschäftigen. Kein Wunder also, daß z. B. die Firma Friedrich Krupp zu Essen in Johannesburg eine Zweigniederlassung errichtet hat. Die Bergleute am Witwatersrand haben die besten Goldgewinnungsarten eingeführt, die bisher bekannt sind; aber sie möchten die Techniker zum weiteren Fortschritt anspornen, darum haben sie bei der Minenkammer den Beschluß durchgesetzt, in Johannesburg eine Ausstellung für Goldaufbereitungsmaschinen und eine Preisausschreibung für die besten Apparate zu veranstalten.

Der Riesendiamant „Excelsior.“

Außer Witwatersrand sind in Südafrika noch zahlreiche andere Goldfelder in Betrieb, wir nennen nur Lydenburg, Dekaap, Klein-Letaba, Selati, Marabastad, Klerksdorp, Malmani etc., und von Zeit zu Zeit bringt der Telegraph die Kunde von neuen Entdeckungen. Nach der Schätzung des amerikanischen Münzdirektors für 1892 hat Nordamerika (Mexiko, Vereinigte Staaten und Kanada) unter den goldgewinnenden Ländern in diesem Jahr noch immer die Führung innegehabt; Australien hielt ihm fast die Wage und Südafrika kam erst in dritter Linie in Betracht. Aber der Unterschied wird von Jahr zu Jahr geringer, und die Südafrikaner meinen, daß sie bald allen andern Goldländern den Rang ablaufen werden. Der Wert des Goldes, das im Jahre 1893 aus Südafrika ausgeführt wurde, wird auf 111 650 000 Mark geschätzt. Wie sehr das Land dadurch gewonnen, lehrt ein Blick auf Transvaal. Einst hielt die Volksvertretung ihre Sitzung unter einem Strohdache ab, heute tagt sie in einem Palaste, der 2 750 000 Mark gekostet hat.

Bei dieser Bedeutung, welche Afrika für die Goldgewinnung erlangt hat, entsteht wohl die Frage, ob auch in unseren Kolonien sich Gold werde finden lassen. Vereinzelte Funde sind in Deutsch-Südwestafrika gemacht worden. Sie waren aber nicht so reich, daß darauf ein Bergbau sich hätte begründen lassen. Es ist aber wohl zu bedenken, daß die weiten Gebiete deutschafrikanischen Besitzes nur höchst oberflächlich durchforscht sind. Geologen, die sich mit dem Vorkommen des Goldes in Afrika beschäftigt haben, sind auch zu der Ansicht gekommen, daß die Möglichkeit, dereinst reichere Goldminen in Deutsch-Südwestafrika sowie in Deutsch-Ostafrika zu finden, durchaus nicht geleugnet werden kann.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: dem