Die Dampfschneidemühle und Goldleistenfabrik von R. Bartcky in Zehren bei Meißen

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Titel: Die Dampfschneidemühle und Goldleistenfabrik von R. Bartcky in Zehren bei Meißen
Untertitel:
aus: Album der Sächsischen Industrie Band 2, in: Album der Sächsischen Industrie. Band 2, Seite 85–87
Herausgeber: Louis Oeser
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Louis Oeser
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Erscheinungsort: Neusalza
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Quelle: Commons und SLUB Dresden
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Dampfschneidemühle u. Goldleistenfabrik von R. Bartcky in Zehren bei Meissen.

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Die Dampfschneidemühle und Goldleistenfabrik von R. Bartcky in Zehren bei Meißen.


In Bezug auf seinen Bedarf an Goldleisten war Sachsen zeither dem Auslande sehr stark tributbar, da in Sachsen dieser Industriezweig, außer in dem Etablissement von Pietro del Vechio in Leipzig, sonst nirgends fabrikmäßig betrieben wurde, obgleich es in den größeren Städten an Vergoldern nicht fehlt, und auch nicht gefehlt hat, welche aber nur in seltneren Fällen die rohen Leisten selbst herstellten. Die Fabrik von Pietro del Vechio und die wenigen anderen kleineren Geschäfte dieser Branche, waren nicht genügend, Sachsens sehr starken Bedarf in diesem Artikel zu decken und es mußte denselben hauptsächlich vom Auslande beziehen, namentlich waren es die renommirten Fabriken von Berlin, Nürnberg, [86] Paris u.s.w., welche Sachsen versorgten, wobei aber – nebenbei bemerkt – keineswegs gesagt sein soll, als ob alle die Goldleisten, welche als Pariser Fabrikat verkauft wurden, auch wirklich aus Paris, oder überhaupt aus Frankreich stammten, ganz im Gegentheil, die mehrsten der Leisten, welche als „französische“ verkauft wurden und zum Theil noch werden, waren gutes deutsches, oft sogar sächsisches Fabrikat, dem aber die ausländische Bezeichnung beigelegt wurde, um es verkäuflicher zu machen, da nur zu oft des Deutschen Auslandsucht es nicht gestattet, inländisches Fabrikat als wirklich trefflich anzuerkennen, wenn es nicht eine fremde Etiquette – je weiter her klingend, je besser – an sich trägt. Es war dieses Vorurtheil des Deutschen gegen das Deutsche von jeher ein wahres Bleigewicht für den Aufschwung des deutschen Gewerbfleißes, viele Fabrikanten waren dadurch gezwungen, ausländische Etiquetten auf ihre Waaren anzubringen, weil sie sonst bei aller ihrer Vorzüglichkeit keine Käufer fanden. Ein trauriges Wahrzeichen dieses Vorurtheils ist die Thatsache, daß früher viele deutsche Fabrikanten, z. B. Stahlwaarenfabrikanten u.s.w., ganze Ladungen ihrer Erzeugnisse nach England oder Frankreich schickten, wo sie dann mit dem englischen oder französischen Fabrikstempel versehen und so als ausländisches Fabrikat wieder nach Deutschland eingeführt, hier theuer bezahlt und hoch gerühmt wurden, während man die Erzeugnisse derselben Fabrik, waren sie mit dem heimischen Fabrikstempel versehen, mit Achselzucken betrachtete und kaum niedrige Preise dafür bewilligen wollte. – Jetzt ist man von diesem Vorurtheil glücklicherweise mehr und mehr zurückgekommen, obgleich es immer noch Thoren und Auslandsnarren genug geben mag, welche nur das aus Frankreich oder England kommende für wirklich gut und brauchbar halten; die Vortrefflichkeit vieler Erzeugnisse deutscher Industrie, welche die des Auslandes zum Theil überflügeln, zum Theil ihnen wenigstens würdig zur Seite gestellt werden können, die sich selbst in dem Auslande allgemeine Anerkennung erwerben und dort gesucht werden, war zu überzeugend, zu sehr in die Augen springend, um nicht endlich auch im Inlande anerkannt zu werden, wenn man, von Vorurtheil befangen, nicht eben mit Gewalt die Augen dagegen verschließen wollte.

Bedenkt man, daß man jetzt fast in jedem Hause Goldleisten, zu Bilder- und Spiegelrahmen u.s.w. verwendet, vorfindet, so wird man erkennen, welche ansehnliche Summen für diesen Luxusgegenstand aus Sachsen in das Ausland – da bei der deutschen Einheit nun einmal andere deutsche Länder „als Ausland“ betrachtet werden müssen – flossen, und es ist ein um so dankenswertheres und der allgemeinen Unterstützung würdigeres Unternehmen, welches dahin strebt, indem es in Bezug auf diesen Artikel Sachsen so weit als möglich von dem Auslande unabhängig zu machen sucht, große Summen dem Lande selbst zu erhalten. – Ein solches Unternehmen ist das des Herrn R. Bartcky in Zehren bei Meißen.

Herr Richard Bartcky, ein Sachse von Geburt, lernte bei seinem Aufenthalt im Auslande die Goldleistenfabrikation in ihrem vollen Umfange praktisch kennen und suchte bei der Rückkehr in sein Vaterland den in anderen Ländern mit so großem Erfolg betriebenen Industriezweig in größerer Ausdehnung als bisher geschehen, dahin zu verpflanzen. Um dieses mit möglichstem Erfolg thun zu können, hielt er die directe Verbindung eines Sägewerks mit einer solchen Fabrik für wichtig. Für Gründung eines solchen Etablissements ist aber der Strand der Elbe überaus vortheilhaft, da auf dem Strome stets mit Leichtigkeit und verhältnißmäßig billig passende böhmische Hölzer herbeigeschafft werden können, die Elbe selbst, sowie die nahen Bahnen aber überaus bequem zur Versendung der fertigen Fabricate sind. – So entstand denn durch die Thätigkeit des Herrn R. Bartcky im Jahre 1857 die Dampfschneidemühle und Goldleistenfabrik in Zehren, und gleichzeitig unter Mitwirkung eines stillen Associes die Goldleistenfabrik in Cölln bei Meißen, welche Letztere die Firma R. Bartcky und Co. führt.

Zehren ist ein freundliches Dorf in überaus reizender Lage, ein und eine Viertelstunde unterhalb Meißens am Einfluß des Katzenbachs in die Elbe, auf dem linken Ufer, gelegen, und war einst ein wichtiger [87] Ort, denn hier stand die von Heinrich dem Finkler erbaute Grenzfestung Cirin (Czirin, Zirin, Czeron u.s.w.), welche in Verbindung mit Meißen den Einfällen der Böhmen und der noch freien Sorben einen Damm entgegensetzen, die unterworfenen sorbischen Landschaften aber im Zaum halten sollte. 1003 gewannen die Polen unter Boleslaw die Burg, setzten sich daselbst fest und verheerten von hier aus den Gau Glomaci (um das heutige Lommatzsch) schrecklich. Später war Zehren der Sitz eines schon vor dreihundert Jahren ausgestorbenen Adelsgeschlechts. Jetzt kennt man die Stätte nicht mehr, wo die mächtige Burg stand, keine Spur ist mehr vorhanden, wohl aber sieht man noch schwache Reste von sorbischen Rundwällen und auch die hochgelegene Kirche ist auf einen solchen gegründet.

In einem kleinen, romantischen, von dem Katzerbach durchflossenen Seitenthal liegt das erwähnte Etablissement des Herrn R. Bartcky, welches an Gebäude besitzt:

ein Wohnhaus mit eingebauten Fabrikräumen;
ein Dampfschneidemühlgebäude mit Maschinen und Kesselhaus;
eine Wasserschneidemühle mit Rahmenleistenfabrik;
ein Seitengebäude und Scheune zu landwirthschaftlichen Zwecken.

Es befindet sich dabei vollständige Landwirthschaft mit Feldern, Gärten und Wiesen.

Die Haupterzeugnisse des Etablissements in Zehren sind:

Bretter;
Rahmenleisten zur Vergoldung, und
Kisten in allen Größen.

Das Etablissement in Cölln empfängt dann die in Zehren gefertigten Rohleisten und richtet dieselben zum Verbrauch als Spiegel- oder Bilderrahmen und Tapetenleisten her.

Die Versendung der fertigen Goldleisten erstreckt sich nicht nur über ganz Deutschland, sondern auch über dessen Grenzen hinaus.

Das Etablissement besitzt eine Dampfmaschine von fünfzehn Pferdekraft, sowie eine zwölf Pferdekraft ausübende Wasserkraft. Diese zusammen bewegen mehrere Brettsägen, zwei Kreissägen, zwei Fournirsägen und sechs Goldleistenmaschinen.

In Zehren sind fortwährend zwanzig Arbeiter beschäftigt, in Cölln aber ungleich mehr.

Dieses Etablissement befand sich bis jetzt in der Nothwendigkeit einer steten Erweiterung, und es verdankt dieses rasche Emporblühen lediglich der Güte seiner Erzeugnisse, welche in geschmackvoller Form, Güte und Dauerhaftigkeit der Vergoldung, die Vergleichung mit den Produkten der renommirtesten Etablissements des Auslandes nicht zu scheuen brauchen.