Die Döffinger Schlacht (Uhland 1815)

Textdaten
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Autor: Ludwig Uhland
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Titel: Die Döffinger Schlacht
Untertitel:
aus: Gedichte von Ludwig Uhland, Seite 322–325
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1815
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung
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Erscheinungsort: Stuttgart und Tübingen
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Quelle: MDZ München = Commons.
Kurzbeschreibung:
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4. Die Döffinger Schlacht.

Am Ruheplatz der Todten, da pflegt es still zu seyn,
Man hört nur leises Beten bei Kreuz und Leichenstein;
Zu Döffingen war’s anders, dort scholl den ganzen Tag
Der feste Kirchhof wieder von Kampfruf, Stoß und Schlag.

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Die Städter sind gekommen, der Bauer hat sein Gut

Zum festen Ort geflüchtet und hält’s in tapfrer Hut;
Mit Spieß und Karst und Sense treibt er den Angriff ab,
Wer todt zu Boden sinket, hat hier nicht weit in’s Grab.

Graf Eberhard der Greiner vernahm der Seinen Noth,

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Schon kömmt er angezogen mit starkem Aufgebot,

Schon ist um ihn versammelt der besten Ritter Kern,
Vom edeln Löwenbunde die Grafen und die Herrn.

Da kömmt ein reis’ger Bote vom Wolf von Wunnenstein:
„Mein Herr mit seinem Banner will Euch zu Dienste seyn.“

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Der stolze Graf entgegnet: „ich hab’ sein nicht begehrt,

Er hat umsonst die Münze, die ich ihm einst verehrt.“

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Bald sieht Herr Ulrich drüben der Städte Schaaren stehn,
Von Reutlingen, von Augsburg, von Ulm die Banner wehn,
Da brennt ihn seine Narbe, da gährt der alte Groll:

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„Ich weiß, ihr Uebermüth’gen, wovon der Kamm euch schwoll.“


Er sprengt zu seinem Vater: „heut zahl’ ich alte Schuld,
Will’s Gott, erwerb’ ich wieder die väterliche Huld!
Nicht darf ich mit dir speisen auf einem Tuch, du Held!
Doch darf ich mit dir schlagen auf einem blut’gen Feld.“

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Sie steigen von den Gaulen, die Herrn vom Löwenbund,

Sie stürzen auf die Feinde, thun sich als Löwen kund.
Hei! wie der Löwe Ulrich so grimmig tobt und würgt!
Er will die Schuld bezahlen, er hat sein Wort verbürgt.

Wen trägt man aus dem Kampfe, dort auf den Eichenstumpf?

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„Gott sey mir Sünder gnädig!“ – er stöhnt’s, er röchelt’s dumpf.

O königliche Eiche, dich hat der Blitz zerspällt!
O Ulrich, tapfrer Ritter, dich hat das Schwerdt gefällt!

Da ruft der alte Recke, den nichts erschüttern kann:
„Erschreckt nicht! der gefallen, ist wie ein andrer Mann.

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Schlagt drein! die Feinde fliehen!“ er ruft’s mit Donnerlaut;

Wie rauscht sein Bart im Winde! hei! wie der Eber haut!

Die Städter han vernommen das seltsam list’ge Wort.
„Wer flieht?“ so fragen Alle, schon wankt es hier und dort.
Das Wort hat sie ergriffen gleich einem Zauberlied,

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Der Graf und seine Ritter durchbrechen Glied auf Glied.
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Was gleißt und glänzt da droben, und zuckt wie Wetterschein?
Das ist mit seinen Reitern der Wolf von Wunnenstein.
Er wirft sich auf die Städter, er sprengt sich weite Bucht,
Da ist der Sieg entschieden, der Feind in wilder Flucht.

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Im Erntemond geschah es, bei Gott, ein heißer Tag!

Was da der edeln Garben auf allen Feldern lag!
Wie auch so mancher Schnitter die Arme sinken läßt!
Wohl halten diese Ritter ein blutig Sichelfest.

Noch lange traf der Bauer, der hinter’m Pfluge ging,

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Auf rost’ge Degenklinge, Speereisen, Panzerring,

Und als man eine Linde zersägt und niederstreckt,
Zeigt sich darin ein Harnisch und ein Geripp versteckt.

Als nun die Schlacht geschlagen und Sieg geblasen war,
Da reicht der alte Greiner dem Wolf die Rechte dar:

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„Hab Dank, du tapfrer Degen, und reit mit mir nach Haus!

Daß wir uns gütlich pflegen nach diesem harten Strauß.“

„Hei! – spricht der Wolf mit Lachen – gefiel Euch dieser Schwank?
Ich stritt aus Haß der Städte und nicht um Euren Dank.
Gut’ Nacht und Glück zur Reise! es steht im alten Recht.“

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Er spricht’s und jagt von dannen mit Ritter und mit Knecht.


Zu Döffingen im Dorfe, da hat der Graf die Nacht
Bei seines Ulrichs Leiche, des einz’gen Sohns, verbracht.
Er kniet zur Bahre nieder, verhüllet sein Gesicht,
Ob er vielleicht im Stillen geweint, man weiß es nicht.

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Des Morgens mit dem Frühsten steigt Eberhard zu Roß,

Gen Stuttgart fährt er wieder mit seinem reis’gen Troß,
Da kömmt des Wegs gelaufen der Zuffenhauser Hirt’;
„Dem Mann ist’s trüb zu Muthe, was der uns bringen wird?“

„Ich bring’ Euch böse Kunde, nächt ist in unsern Trieb

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Der gleißend’ Wolf gefallen, er nahm soviel ihm lieb.“

Da lacht der alte Greiner in seinen grauen Bart:
„Das Wölflein holt sich Kochfleisch, das ist des Wölfleins Art.“

Sie reiten rüstig fürder, sie sehn aus grünem Thal
Das Schloß von Stuttgart ragen, es glänzt im Morgenstral.

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Da kömmt deß Wegs geritten ein schmucker Edelknecht;

„Der Knab’ will mich bedünken, als ob er Gutes brächt’.“

„Ich bring’ Euch frohe Mähre: Glück zum Urenkelein!
Antonia hat geboren ein Knäblein, hold und fein.“
Da hebt er hoch die Hände, der ritterliche Greis:

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„Der Fink hat wieder Samen, dem Herrn sei Dank und Preis!“