Die Brautfahrt (Eichendorff)
Die Brautfahrt.
Durch des Meeresschlosses Hallen
Auf bespültem Felsenhang,
Weht der Hörner festlich Schallen;
Froher Hochzeitgäste Drang,
wogt im buntverschlungnen Tanze.
Aber an des Fensters Bogen,
Ferne von der lauten Pracht,
Schaut der Bräut’gam in die Wogen
Und die trunknen Blicke schreiten
Furchtlos durch die öden Weiten.
„Lieblich,“ sprach der wilde Ritter
Zu der zarten, schönen Braut,
Sturm ist meiner Seele Laut,
Und der Wogen dumpfes Brausen
Hebt das Herz in kühnem Grausen.
Ich kann hier nicht müßig lauern,
Dieser Kreis von Felsenmauern
Hält mein Leben nicht umspannt;
Schön’re Länder blühen ferne.
Das verkünden mir die Sterne.
Und, den Argonauten gleich,
Wird die Woge fromm Dich tragen
In das wunderbare Reich;
Muthig streitend mit den Winden,
Siehst Du, heißer Sehnsucht Flügel,
Weiße Seegel dort gespannt?
Horst Du tief die feuchten Hügel
Schlagen an die Felsenwand?
Willst Du mit mir niedersteigen?
Kannst Du rechte Liebe fassen,
Nun so frage, zaudre nicht!
Schloß und Garten mußt Du lassen
Auf der Fluth mit mir alleine,
Da erst, Liebchen, bist Du meine!"
Schweigend sieht ihn an die milde
Braut mit schauerlicher Lust,
Trunken an die stolze Brust.
„Dir hab ich mein Loos ergeben
Schalte nun mit meinem Leben.“
Und er trägt die süße Beute
Drunten harren seine Leute,
Stoßen froh vom Felsenriff;
Und die Hörner leis verhallen,
Einsam rings die Wogen schallen.
In die morgenrothe Fluth,
Sieht sie fern die Berge sinken,
Flammend steigt die hehre Gluth,
Ueber’m Spiegel trunkner Wellen
Monde steigen und sich neigen,
Lieblich weht schon fremde Luft,
Da seh’n sie ein Eiland steigen
Feenhaft aus blauem Duft,
Meerwärts fremde Vögel schweifen.
Alle faßt ein freud’ges Beben –
Aber dunkler rauscht das Meer,
Schwarze Wetter schwer sich heben,
Und nur freudiger und treuer
Steht der Ritter an dem Steuer.
Und nun flattern wilde Blitze,
Sturm ras’t um den Felsenriff,
Stürzt geborsten sich das Schiff.
Schwankend auf des Mastes Splitter,
Schlingt die Braut sich um den Ritter.
Und die Müde in den Armen,
Hält den Leib, den blühendwarmen.
Bis er alle Wogen zwingt,
Und am Blumenstrand gerettet,
Auf das Gras sein Liebstes bettet.
Liebesheimath rings um lacht,
Zaubrisch ringen Duft und Töne,
Wunderbarer Blumen Pracht
Funkelt rings im Morgengolde –
Aber frei von Lust und Kummer
Ruht die liebliche Gestalt
Lächelnd noch im längsten Schlummer,
Und das Herz ist still und kalt,
Schimmernd rings des Thaues Zähre.
Und er sinkt zu ihr vor Schmerzen,
Einsam in dem fremden Thal,
Thränen aus dem wilden Herzen
Und vor diesem Todesbilde
Wird die ganze Seele milde.
Von der langen Täuschung trennt er
Schauernd sich – der Stolz erweicht.
Die kein Seegel hier erreicht.
Und an ächten Schmerzen ranken
Himmelwärts sich die Gedanken.
Schweigend scharrt er ein die Stille,
Wirft von sich die seidne Hülle,
Leget Schwert und Mantel ab.
Kleidet sich in rauhe Felle,
Haut in Fels sich die Kapelle.
In der wilden Einsamkeit,
Hausend auf dem Felsenbogen,
Ringt er fromm mit seinem Leid,
Hat, da manches Jahr entschwunden,
Viele Schiffe drunten gehen
An dem schönen Inselland,
Sehen hoch das Kreuz noch stehen,
Warnend von der Felsenwand;
Gehet fromm von Mund zu Munde.