Textdaten
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Autor: Georg Rapp
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Titel: Die Braut vom Bergsee
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 115–117
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons, Google
Kurzbeschreibung:
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[115]
Die Braut vom Bergsee.

Musik erklingt zum Hochzeitschmauß;
Sie tanzen im erhellten Haus.
Doch draußen trüb im Sternenlicht
Der junge Waidmann zu sich spricht:

5
„Ob Manche mir das Herz beklemmt,

Sie thun mir drinnen Alle fremd,
Ob Geig’ und Flöte Alle freut,
Mir hat sie den Verdruß erneut.“

Da kommt zu ihm ein Mägdlein zart,

10
Gekleidet nicht nach Landesart.

Wie Silber fließet ihr Gewand,
Wie Gold ihr Haupthaar ohne Band,
Wie sanfte Wellen schwebt ihr Schritt:
„Und willst du nicht zum Tanze mit?“

15
So redet sie und blickt dazu,

Dem Stern gleich aus der Himmelsruh’. –

Sie schwelgen in des Tanzes Lust,
Sie schmiegt sich leis an seine Brust,

[116]

Wie eine Blume, kaum erwacht,

20
An ihres Stammes Blättermacht.

Sie ruht ihm müd’ und matt im Arm,
Er führt sie weg vom Tänzerschwarm;
Er wiegt sie schaukelnd auf den Knie’n,
Doch scheu und bebend will sie fliehn.

25
Sie eilt zu Wald und Fels hinauf,

Er faßt sie sanft in ihrem Lauf.
Sie seufzt: „Der strenge Vater droht;
In seinem Hause wohnt der Tod.
O blieb’ ich Brust an Brust bei dir,

30
Und Beide liebend stürben wir,

Doch weh, mein Herz so wach und voll,
Und keine Seele lieben soll!“

„Hab’ ich nicht Büchs’ und Fänger hier?
Nicht fürchten Tod und Hölle wir!“

35
– „Der Nix im See, mein Vater dort,

Und Menschenliebe, bringt mir Mord;
Die Morgenröthe trinkt mein Blut,
Bin ich bei ihm nicht in der Fluth.
Es tagt, es tagt – ich sterben muß – –

40
O gib mir noch den letzten Kuß!“ –


Der Drossel froher Ton verhallt,
Und zornig braußt der Tannenwald;
Im Halbkreis starrt die Felsenhöh’,
In ihrem Kessel stürmt der See.

45
Und aus des Jünglings Armen reißt

Die bleiche Braut der greise Geist;
Er wirft sie donnernd in die Fluth,
Die blutig dann im Frühglanz ruht.

Der Jäger sitzt am Wogenschein

50
Und schaut mit starrem Haupt hinein;

Vom Gipfel blickt der Auerhahn,
Vom Schilf der Hirsch ihn sicher an.

[117]

Der See verstummt, der Wald verdorrt,
Der Jäger sitzt dort immerfort;

55
Dort harrt sein Geist noch heut zu Tag,

Ob Keiner ihn erlösen mag.

Georg Rapp.