Die Brück’ am Tay (Fontane, 1905)

Textdaten
<<< >>>
Autor: Theodor Fontane
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Brück’ am Tay
Untertitel: 28. December 1879
aus: Gedichte, Seite 202–204
Herausgeber:
Auflage: 10. Auflage
Entstehungsdatum: 1880
Erscheinungsdatum: 1905
Verlag: J. G. Cotta’sche Buchhandlung Nachfolger
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart und Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
dieses Gedicht aus einer anderen Quelle: Die Brück’ am Tay aus: Deutsche Gedichte II, 4. Aufl., Insel Verlag, Frankfurt/Main, 1984, S. 585 ff
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[202]
Die Brück’ am Tay.

(28. December 1879.)

 When shall we three meet again.
 Macbeth.

„Wann treffen wir drei wieder zusamm?“
 „Um die siebente Stund’, am Brückendamm.“
 „Am Mittelpfeiler.“
 „Ich lösche die Flamm.“

5
„Ich mit.“


 „Ich komme vom Norden her.“
„Und ich von Süden.“
 „Und ich vom Meer.“

„Hei, das giebt ein Ringelreihn,

10
Und die Brücke muß in den Grund hinein.“


„Und der Zug, der in die Brücke tritt
Um die siebente Stund’?“
 „Ei der muß mit.“
„Muß mit.“

15
 „Tand, Tand,

Ist das Gebilde von Menschenhand!“
 * * *

[203]
Auf der Norderseite, das Brückenhaus –

Alle Fenster sehen nach Süden aus,
Und die Brücknersleut’, ohne Rast und Ruh

20
Und in Bangen sehen nach Süden zu,

Sehen und warten, ob nicht ein Licht
Ueber’s Wasser hin „ich komme“ spricht,
„Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,
Ich, der Edinburger Zug.“

25
Und der Brückner jetzt: „Ich seh’ einen Schein

Am anderen Ufer. Das muß er sein.
Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum,
Unser Johnie kommt und will seinen Baum,
Und was noch am Baume von Lichtern ist,

30
Zünd’ Alles an wie zum heiligen Christ,

Der will heuer zweimal mit uns sein, –
Und in elf Minuten ist er herein.

 * * *

Und es war der Zug. Am Süderthurm
Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,

35
Und Johnie spricht: „Die Brücke noch!

Aber was thut es, wir zwingen es doch.
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,
Die bleiben Sieger in solchem Kampf,
Und wie’s auch rast und ringt und rennt,

40
Wir kriegen es unter: das Element.


„Und unser Stolz ist unsre Brück’;
Ich lache, denk’ ich an früher zurück,
An all den Jammer und all die Noth
Mit dem elend alten Schifferboot;

[204]
45
Wie manche liebe Christfestnacht

Hab ich im Fährhaus zugebracht,
Und sah unsrer Fenster lichten Schein,
Und zählte, und konnte nicht drüben sein.“

Auf der Norderseite, das Brückenhaus –

50
Alle Fenster sehen nach Süden aus,

Und die Brücknersleut’ ohne Rast und Ruh
Und in Bangen sehen nach Süden zu;
Denn wüthender wurde der Winde Spiel,
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel’,

55
Erglüht es in niederschießender Pracht

Ueberm Wasser unten … Und wieder ist Nacht.

 * * *

„Wann treffen wir drei wieder zusamm?“
 „Um Mitternacht, am Bergeskamm.“
 „Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.“

60
„Ich komme.“

 „Ich mit.“

 „Ich nenn’ euch die Zahl.“
„Und ich die Namen.“
 „Und ich die Qual.“

65
„Hei!

 Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.“

 „Tand, Tand,
Ist das Gebilde von Menschenhand.“