Die Belagerung von Alt-Eberstein
Crusius erzählt in seiner Schwäbischen Chronik:
„Es gab unter der Regierung Kaiser Othonis in Teutschland um’s Jahr 938 viele und große Kriege in Teutschland, darinnen aber doch Otho über alle seine Feinde, sonderlich die Franzosen, siegte. Nachdem er Straßburg belagert und zur raison gebracht hatte, ruckte er mit seiner Armee vor Eberstein, welches vor dem Schwartzwald liegt, weil man gesagt hatte, dieselbige Grafen hätten es mit seinen Feinden gehalten. Er belagerte die Festung dritthalb Jahr und[WS 1] war manchmal selbst dabei, konnte aber doch nicht Meister von dem Ort werden, weil er sehr fest war und die Belagerten sich ritterlich wehrten. Darauf gab ihm ein kluger Ritter den Rath, er sollte die großen Herren nach Speyer zusammen berufen, darzu jedermann ohne Gefahr kommen dürffte, um ein Turnier zu halten. Er wolle gut dafür seyn, die Grafen von Eberstein würden auch dahin kommen, um ihre Tapferkeit bei solchen Ritterspielen zu zeigen. Unterdessen aber solle der Kaiser dahin bedacht seyn, wie er das Schloß durch tapfere Soldaten, so sich die Sache angelegen seyn ließen, einnehmen möchte. Otho sahe diesen Rath vor gut an und ließ nun zu diesem End’ ein Turnier-Spiel anstellen. Der Kaiser kam selbst darzu, es kamen auch drei Grafen von Eberstein und noch viele andere Fürsten, Herren, tapfere Ritter und Edelleute, und zeigten alle ihre Tapferkeit. Nachdem der Tag mit denen Ritter-Spielen zugebracht war, wurde bei Nacht ein ansehnlicher Tanz gehalten. Der Kaiser war in eigener Person dabei, auch die Grafen von Eberstein fanden sich hierzu ein. Einem davon, der noch jung war, wurde die Ehre aufgetragen, den ersten Tanz mit einer vornehmen Dame zu thun, maßen er ein großer, tapferer, ansehnlicher Herr war, krause Haare hatte und schön von Angesicht war. Nach dem Tanz trat ein schönes Frauenzimmer von Adel herzu und sagte ihm mitten unter seinen Herren Brüdern heimlich ins Ohr, er sollte sich sammt seinen Herren Brüdern in Acht nehmen, der Kaiser hätte diese List wider sie erdacht, [233] ihr Schloß in ihrer Abwesenheit besteigen und einnehmen zu lassen. Sie sollten also eilen, noch diese Nacht abzureisen. Die drei Herren Brüder gingen mit einander zu Rath und entschlossen sich, eilends nacher Haus zu gehen, kehrten aber doch wieder um zum Tanz und sprachen: Sie wollten den Tag darauf einen Kampff mit denen Rittern und Edelleuten halten und hundert Gold-Gulden setzen und dasselbige Geld wollten sie denen Edeldamen zur Verehrung zurücklassen. Die Anwesenden nahmen die Bedingung an; sie aber waren dessen ohngeacht bedacht, wie sie diese Nacht noch über den Rhein kommen möchten; welches auch geschehen. Den andern Tag Morgens kamen sie in ihr Schloß zurück, der Kaiser aber und die Ritterschaft warteten lange Zeit, daß das Turnierspiel angehen sollte. Nachdem er aber Wind bekommen, daß sie von jemand gewarnet worden und darauf abgereist wären, gab Otho capablen Männern Ordre, zu versuchen, ob sie nicht das Schloß erobern könnten, ehe die Herren zurück kämen. Allein sie waren schon wieder in ihrem Schloß und empfingen die Kaiserlichen Stürmer mit Steinwürffen und andern Kriegs-Instrumenten sehr übel, trieben sie auch endlich wieder ab. Auf dieses gedachte der Kaiser mit denen Grafen zu accordiren und schickte in solcher Absicht drei Ritter an sie ab. Solche ließen die Grafen in den Weinkeller und in das Kornhaus führen, ließen ihnen weißen und rothen Wein zapfen, zeigten ihnen große Hauffen Früchte und den reichen Vorrath an Mehl. Hierüber verwunderten sich die Gesandten dergestalt, daß sie glaubten, es seye nicht möglich, über sie Meister zu werden. Allein die Fässer waren in zwei Fächer abgetheilt und die unteren mit Wasser angefüllt. Unter der Frucht aber lagen alt Tuch, Spreu und Hülsen. Und war es also nur ein eitles Prahlen, daß sie noch einen so großen Ueberfluß hätten. Als nun die Gesandten zum Kaiser zurück kehrten und gefragt worden: wie es in der Vestung stehe? gaben sie zur Antwort, man bemühe sich vergebens, daß man sie länger belagere, sie haben noch auf dritthalb Jahr Früchte und Wein genug. Darauf gab man dem Kaiser den Rath, er sollte eine von seinen jüngern Schwestern an den jüngsten Herrn von Eberstein, Namens Eberhard, vermählen, weil es tapfere und kluge Herren wären, welche Seiner Majestät [234] in wichtigen Geschäften könnten gute Dienste leisten. Otho ließ sich solchen Rath gefallen, gab diesem jungen Herrn seine jüngere Schwester zur Ehe und hielt ihnen ein prächtiges Hochzeitfest in Sachsen.“
- ↑ Ebersteinburg.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: nnd