Deutsche Originalcharaktere des achtzehnten Jahrhunderts/Friedrich Freiherr von der Trenck

Textdaten
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Autor: Rudolf v. Gottschall
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Titel: Friedrich Freiherr von der Trenck
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aus: Die Gartenlaube, Heft 15, S. 480–483
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Deutsche Originalcharaktere aus dem achtzehnten Jahrhundert.

Friedrich Freiherr von der Trenck.

Wir haben vor uns eine der merkwürdigsten Lebensgeschichten aus einem an Abenteuern und romanhaften Begebenheiten so reichen Jahrhundert! Der Held dieser Geschichte hat sie selbst geschrieben als ein Lehrbuch für Menschen, die wirklich unglücklich sind oder noch guter Vorbilder für alle Fälle zur Nachfolge bedürfen. Und vor dieser Lebensgeschichte, welche im Jahre 1787 zu Berlin in 3 Bänden erschienen ist (ein Abdruck auch in der Kollektion Spemann, Band 44) sehen wir das Bild des Mannes selbst, des Freiherrn von der Trenck, aber nicht in der Offiziersuniform, nicht als schmucken Kriegsmann in frischer kräftiger Jugend: nicht um der eigenen Eitelkeit zu schmeicheln, hat er dies Bild zeichnen lassen, sondern um uns die schwerste Märtyrerstation seines Lebens vorzuführen. Da sehen wir ihn im Sträflingsgewande, das handbreite Eisen um den Hals, an welchem die Kettenlast hing, die er Tag und Nacht mit einer Hand in die Höhe halten mußte, weil sie die Nerven am Halse klemmte, einen eisernen breiten Ring um den Leib, einen Ring an der Mauer, an welchem er angeschmiedet war, Ringe um beide Oberarme, die rückwärts mit Ketten an das Halseisen geschlossen waren, einen großen Ring am rechten Fuß, in welchen dreifache leichtere Ketten zusammenliefen, die aber einen ungeheuren Druck ausübten. Und zu Füßen des so gemarterten Gefangenen sehen wir einen Leichenstein, in welchen ein Todtenkopf eingehauen war und der Name Trenck. (Vergl. Bild und Anmerkung S. 481.)

Zehn Jahre lang hat der Unglückliche diese grausame Pein erduldet.

Und wer war dieser Freiherr von der Trenck, den des Großen Friedrichs Ungnade so grausam bestrafte?

Er war am 16. Februar 1726 in Königsberg geboren, wo sein Vater als Generalmajor der Kavallerie lebte; seine Mutter war eine Tochter des Hofgerichtspräsidenten von Derschau, seine Onkel waren Minister und Generale. Der junge Friedrich war ein Wunderkind von erstaunlichem Gedächtniß; er kannte seinen Cicero, Cornelius Nepos, Virgil und viele Kapitel der Heiligen Schrift auswendig. Er besaß eine seltene Arbeitskraft. Schon mit 13 Jahren bezog er die Universität und hörte juristische Kollegien, dabei auch Physik, Mathematik und Philosophie. Im sechzehnten Jahre hielt er eine öffentliche Rede und zwei Disputationen im Universitätsoratorium. Dabei schlug er sich tapfer; er hatte mehrfache Duelle. Ein Verwandter seiner Mutter, Generaladjutant des Königs, kam 1742 nach Königsberg, prüfte den jungen Mann und schlug ihm vor, nach Berlin zu reisen und dort in die Armee einzutreten. Er that es, wurde von dem König Friedrich II., dem er schon in Königsberg als einer der begabtesten Jünglinge der Universität vorgestellt worden war, gnädig empfangen und erhielt alsbald als Kadett die Uniform einer bevorzugten Truppe, der Garde du Corps. Der Dienst in dieser Truppe, welche der ganzen Armee die Manöver lehrte, war überaus schwer: alle Versuche, die der König mit der Kavallerie machen wollte, wurden hier geprobt, man sprang über Gräben anfangs von drei, zuletzt von sechs Fuß, auch wenn einige Leute dabei die Hälse brachen. Der König rief Trenck schon nach drei Wochen einmal zu sich, prüfte sein Gedächtniß, legte ihm 50 Soldatennamen vor, die er innerhalb fünf Minuten auswendiglernte, ließ ihn einen Brief in französischer und einen in lateinischer Sprache anfertigen, mit dem Bleistift eine Gegend aufnehmen und ernannte ihn dann zum Offizier. Im 18. Jahre schon erhielt er die Aufgabe, der schlesischen Kavallerie die neuen Manöver zu lehren. Der König machte ihn auch mit seiner gelehrten Umgebung bekannt: der junge Mann durfte mit Maupertuis, La Mettrie, Poellnitz verkehren.

Doch allzu früh sollte er des Königs Gunst verscherzen. Anlaß dazu gab folgende Geschichte: eine der zwei noch unverehelichten Schwestern des Königs sollte sich mit dem Kronprinzen von Schweden vermählen. Der Gesandte von Stockholm sollte die Charaktere der beiden, Amalie und Ulrike, prüfen und danach die Wahl entscheiden. Doch Amalie hatte dies erfahren. Als eifrige Calvinistin wollte sie nicht zum lutherischen Glauben der schwedischen Königsfamilie übergehen; sie schlug daher der Schwester einen „Charaktertausch“ vor, und beide führten diese Komodie mit vielem Erfolg durch. Die sanfte Amalie spielte die Stolze, Hochmüthige, Launenhafte und Ulrike nahm eine ihr ganz fremde Miene der Sanftmuth und Bescheidenheit an. Der schwedische Gesandte ging in die Falle: Ulrike wurde Königin von Schweden. Amalie aber suchte für den Königsthron, um den sie sich selbst gebracht hatte, Ersatz in einer leidenschaftlichen Liebe.

Bei den Hoffeierlichkeiten hatte es sich begeben, daß dem jungen Trenck, der als wachthabender Offizier zugegen war, die Goldfranzen seiner Schärpe von einem Spitzbuben abgeschnitten wurden. Das erregte einiges Aufsehen; man sah sich den jungen Offizier näher an und bemerkte, daß er jugendliche Schönheit besaß, hochgewachsen, gegen sechs Fuß groß, dabei von kräftiger Gestalt und blühender Gesichtsfarbe war. Auch eine vornehme Dame bemerke dies und sagte ihm mit einem vielsagenden Blick, sie werde ihn über seinen Verlust zu trösten suchen. In seinen Memoiren nennt Trenck diese vornehme Dame nicht; aber es war bald ein offenes Geheimniß, daß es die Prinzessin Amalie, des Königs Schwester, war. In wenig Tagen war Trenck der glückliche Liebhaber derselben, und außer dem Liebesglück erschloß sich ihm auch die fürstliche Schatulle mit so reichen Spenden, daß er bald der glänzendste Offizier der Garde du Corps war.

Der Feldzug von 1744 unterbrach diesen Liebesroman. Der Krieg in Böhmen war nicht glücklich; es kam zu keinem ernsten Zusammenstoß, aber die leichten Truppen der Feinde thaten großen Schaden. Dem jungen Trenck gelang es, bei einem soldatischen Abenteuer, bei dem er sich noch dazu sehr unvorsichtig benahm, so daß er nur durch einen glücklichen Zufall gerettet wurde, 22 Gefangene zu machen und Fouragewagen ins Lager zu bringen.

Nach Berlin zurückgekehrt, war er unvorsichtiger als früher in seinem Verkehr mit der Prinzessin. Es gab allerhand Klatschereien, und Trenck mußte einen Offizier zur Rede stellen und sich mit ihm schlagen. Dem König konnte das Verhältniß nicht geheim bleiben, gleichwohl mußte er sich den Anschein geben, als wisse er nichts davon, weil sonst die Würde des Königshauses darunter gelitten hätte, denn er konnte Trenck nicht zur Rechenschaft ziehen, ohne die Prinzessin mit bloßzustellen; aber er wollte durch harte Behandlung den jungen Offizier fühlen lassen, daß er die königliche Gnade verscherzt hatte. Für die kleinsten Disciplinarvergehen erhielt er unverhältnißmäßig schwere Arreststrafen. Bei alledem erkannte der König die soldatische Tüchtigkeit Trencks an. Den Feldzug von 1745 machte dieser als Adjutant des Königs mit, betheiligte sich an den Schlachten von Hohenfriedberg und Soor mit gewohnter Tapferkeit und erhielt, ein 19jähriger Jüngling, nach der ersteren den Orden pour le mérite. Doch der stille Groll, den der König gegen ihn im Herzen trug, sollte neue Nahrung erhalten durch einen Zwischenfall, der ihm die Treue Trencks verdächtig erscheinen ließ.

Dieser hatte einen Vetter im österreichischen Lager, es war das der berüchtigte Pandurenobrist Franz von der Trenck, ein tapferer, wilder Soldat, aber ein grausamer, bösartiger Mann, der mehrfach Proben einer wahren Berserkerwuth gegeben hatte, dem im Krieg nichts heilig war, der weder Kirche noch Altar, weder Frauen noch Kinder schonte. Dieser, eben so geizig wie reich, besaß in Slavonien ausgedehnte Besitzthümer. Gegen Räuberbanden, die sich an der Grenze Slavoniens und der Türkei umhertrieben, hatte er dort aus seinen Vasallen ein Streifcorps gebildet, das er im Jahre 1740 wesentlich verstärkt und der Kaiserin Maria Theresia für den Krieg mit Preußen und Frankreich zur Verfügung gestellt hatte; er nahm in dies Corps ohne weiteres Bedenken auch 300 der gefangenen Banditen auf, und als diese sich einmal gegen ihn auflehnten, begann er, jeden vierten Mann niederzusäbeln und dann rechts und links wie ein Wahnsinniger einzuhauen, bis alle um Gnade flehten.

Dieser wilde Vetter hatte unsern Friedrich das Jahr vorher zum Universalerben eingesetzt und verkehrte mit ihm in ritterlicher Weise; er schickte ihm einmal, als er erfuhr, daß Friedrich im Scharmützel sein Pferd verloren, zwei Pferde zum Ersatz. Die Feinde des preußischen Offiziers setzten hier den Hebel ein, ihn aus der Gunst des Königs zu verdrängen; sie verfaßten falsche Briefe, die ein sehr vertrauliches Verhältniß zwischen den beiden [481] zu bezeugen schienen. Das streifte an Landesverrath, wie das Verhältniß zur Prinzessin an Hochverrath. König Friedrich beschloß, den jungen Trenck auf längere Zeit unschädlich zu machen, ließ ihn verhaften und, ohne Kriegsgericht, durch eine Husareneskorte auf die Festung Glatz bringen. Merkwürdigerweise hatte der Vetter Franz fast um dieselbe Zeit das gleiche Schicksal; er wurde beschuldigt, in der Schlacht bei Soor das preußische Lager geplündert, das Zelt- und Silbergeräth des Königs mit fortgeschleppt zu haben, statt den Preußen in den Rücken zu fallen und so ihren Sieg zu hindern. So wurde er vor ein Kriegsgericht gestellt und in einen langwierigen Prozeß verwickelt.

Die Schilderungen , welche uns Trenck von dem Leben in der Festung Glatz entwirft, zeigen die damaligen militärischen Verhältnisse Preußens in einem eigenthümlichen Lichte: die große Mehrzahl der Offiziere ist bei den Fluchtversuchen, welche Trenck unternimmt, mit im Komplott, und zwar durch Geld bestochen, denn seine hohe Gönnerin war nach wie vor von größter Freigebigkeit und sie stand mit ihm durch Vermittlung eines Offiziers in Verbindung. Eine Erklärung für diesen auffälligen Mangel an Disciplin mag man darin suchen, daß die meisten Offiziere der Garnison zur Strafe von den Feldregimentern dorthin versetzt und daher unzufrieden und mißvergnügt waren.

Drei höchst abenteuerliche Versuche, aus der Festung zu entkommen, machte der verwegene Arrestant mit Hilfe befreundeter Offiziere; aber erst der dritte sollte ihm glücken. Das erste Mal durchschnitt er, nachdem vorher in der Stadt Glatz eine Zuflucht gesichert worden war, mit einem schartig gemachten Federmesser drei dicke eiserne Stangen, weitere fünf mit einer Feile, die ihm ein Offizier verschafft hatte; dann schnitt er sein ledernes Felleisen in Riemen, nähte diese mit einem aufgelösten Zwirnstrumpf zusammen, nahm sein Bettlaken zu Hilfe und ließ sich von erstaunlicher Höhe glücklich herunter. Die Nacht war finster; alles ging nach Wunsch; da mußte er durch die Senkgrube einer öffentlichen Kloake wandern; hier blieb er stecken, konnte nicht weiter mit dem Aufgebot aller Kräfte und rief zuletzt der Schildwache auf der Schanze zu, sie möchte dem Kommandanten melden, der Trenck stecke hier und könne nicht fort. Der Kommandant, General Fouqué, ließ ihn möglichst lange in der tragikomischen Lage, bis er dann herausgezogen und, mit Schmutz bedeckt, in sein Gefängniß zurückgeführt wurde.

Fridrich Freyherr von der Trenck
K K Major der Cavall. in seiner 10 Jährigen Gefängnis und 68 Pfündigen Fesseln in Magdeburg.
J. E. Mansfeld delin / H. J. Finningh sculp. Berol. 1787. N. 16.[1]

Noch abenteuerlicher und fast unglaublich erscheint die Geschichte des zweiten Fluchtversuchs. Der Platzmajor kam in Trencks Gefängniß, begleitet von seinem Adjutanten, untersuchte alle Winkel und ließ sich mit Trenck in eine Unterredung ein. Auf Trencks Frage, auf wie lange ihn der König verurtheilt habe, erwiderte der Major, ein Verräther des Vaterlandes, der mit dem Feinde korrespondirt, habe keine bestimmte Zeit der Strafe; er müsse auf die Gnade des Königs rechnen. Da riß Trenck ihm den Degen von der Seite, sprang zur Thür hinaus, warf die erschrockene Schildwache die Treppe hinunter, stürzte mit dem Degen in der Faust auf die gerade unter dem Gewehr stehende Wache am Stockhausthore zu, hieb rechts und links um sich, verwundete vier Mann, lief mitten hindurch, sprang auf die Brustwehr des Hauptwalls und von der gewaltigen Höhe hinunter, ohne sich Schaden zu thun; ebenso sprang er von dem zweiten niedrigeren Wall hinab. Niemand hatte ein geladenes Gewehr, niemand wollte nachspringen. Aber bei einem Außenwerk traten ihm die Schildwachen entgegen. Die eine verwundete er; als er aber über die Palissaden springen wollte, blieb er mit dem Fuße zwischen denselben stecken. So wurde er festgehalten, mit Kolbenstößen mißhandelt und in sein Gefängniß zurückgebracht.

Endlich gelang es Trenck, einen der wachthabenden Offiziere, einen Lieutenant von Schell, ins Komplott zu ziehen. Infolge eines Mißverständnisses glaubten sie, daß die Sache verrathen sei; da machte sich Lieutenant Schell alsbald mit Trenck auf den Weg, um an die äußersten Außenwerke zu kommen. Jetzt aber begegnet ihnen ein Major, sie springen den Wall hinunter, der hier nicht sehr hoch war, doch Schell verletzt sich den Fuß und kann nicht weiter. Trenck trägt ihn auf seinen Schultern fort. Die Lärmkanone ertönt . . . doch ein trüber Nebel verhüllt Stadt und Festung und kommt den Flüchtlingen zu statten. Trenck watet durch die Neisse, sein Freund hält sich an seinem Haarzopfe fest. Hier in der Richtung nach Schlesien hin sucht niemand die Deserteure. Sie gehen nun eine halbe Stunde die Neisse entlang, bis sie die nächsten Dörfer hinter sich haben; dann bemächtigen sie sich eines Fischerkahns, kommen so ans andere Ufer und nach mancherlei Gefahren und Abenteuern glücklich nach Braunau in Böhmen.

Die weiteren Fahrten der beiden Flüchtlinge, die ohne alle Mittel in einem kläglichen Aufzug durch die österreichischen Lande und dann durch Polen wanderten, hat Trenck in einem Tagebuche aufgezeichnet; es sind Abenteuer, wie sie in keinem Schelmen- und [482] Vagabondenroman in bunterer Fülle wuchern können. In Thorn mußte Trenck, nach einem Zusammenstoß mit preußischen Werbern und Stadtsoldaten, seinen Reisegefährten zuletzt zurücklassen und allein nach Elbing wandern, wo er endlich seine Mutter traf, die ihn aus allen Verlegenheiten riß. Er hatte 169 Meilen durchwandert und beim Antritte seiner Wanderschaft nicht mehr als 4 Gulden in der Tasche gehabt. Gleichwohl hatte er nicht gebettelt und nicht gestohlen, aber Ungemach und Hunger in reichem Maße erdulden müssen.

Einige Zeit später finden wir Trenck, der inzwischen mancherlei Schicksale erlebt hatte und einmal auch bereits auf dem Wege nach Ostindien gewesen war, in russischen Diensten als Hauptmann im Tobolskischen Dragonerregiment wieder. Um seine Mutter und seine Geschwister zu sprechen, bat er sich die Gnade aus, 140 Kranke von Krakau auf der Weichsel nach Danzig und von da ab mit russischen Schiffen nach Riga geleiten zu dürfen. In Elbing angekommen, eilte er nach Ermland, um dort seine Verwandten zu sprechen. Da wurde er in einem Grenzdorfe in unliebsamer Weise von den Bauern angegriffen. Es waren kurz vorher Preußen im Dorfe gewesen und hatten einen Bauernsohn als Rekruten fortgeschleppt. In seinem blauen russischen Dragonerrock wurde Trenck für einen Preußen gehalten. Man fiel mit allerhand Mordprügeln über ihn her, sein Bedienter hatte sich mit den Pistolen in einen Backofen verkrochen; nur der Wirth und ein auf Urlaub befindlicher Jäger halfen ihm, sich des Angriffs erwehren. Doch man hatte ihm das Nasenbein zerschlagen; sein Kopf, seine Augen waren verschwollen; er brauchte acht Tage, um sich ausheilen zu lassen.

Weit verhängnißvoller in seinen Folgen war ein anderes Abenteuer Trencks. In Danzig, wo er wieder zu seinen Kranken gestoßen war, machte er die Bekanntschaft eines preußischen Offiziers, mit dem er öfter spazieren ritt. Auch sein Bedienter befreundete sich mit dem Bedienten desselben. Wie war Trenck erstaunt, als ihn sein Bedienter eines Tages vor dem preußischen Lieutenant warnte, der ihn vor das Thor locken, dann gefangennehmen, in einen Wagen werfen und in preußische Hände liefern wolle! Trenck erfuhr selbst durch weitere Nachforschungen das Nähere und rüstete sich zur Gegenwehr. In der Vorstadt Langfuhr war ein Wirthshaus auf preußischem Grund und Boden: dort sollten acht Werbeunteroffiziere, nur mit ihren Säbeln bewaffnet, hinter dem Thore auf Trenck lauern und ihm sogleich in die Arme fallen. Zwei Unteroffiziere waren beritten und sollten ihn dann weiter befördern. Trenck brauchte, um den ganzen Anschlag zum Scheitern zu bringen, nur die Einladung zum Spazierritt auszuschlagen, die seitens des verrätherischen Offiziers an ihn erging; doch das war nicht seine Art und Weise, er wollte den Verräther an Ort und Stelle entlarven. Sechs Russen ließ er sich dem Wirthshause gegenüber im Korn verstecken, sie sollten auf den ersten Schuß ihm mit gespanntem Hahn zu Hilfe eilen. Am Tage selbst erfuhr er noch, daß auch der preußische Resident Reimer mit Postpferden dort hinausgefahren sei. Auf den Wunsch des Lieutenants war Trenck vom Pferde gestiegen; als sie dem Wirthshause sich näherten, lag Reimer am Fenster und rief heraus. „Guten Morgen, Herr Hauptmann, herein, herein da, soeben ist das Frühstück fertig!“ Trenck antwortete, er habe keine Zeit, und wollte weiter vorwärts. Da faßte sein Begleiter ihn am Arm, um ihn hineinzunöthigen. Doch Trenck riß sich los, gab ihm eine Ohrfeige und sprang seinen Pferden zu. Da drangen die Preußen aus dem Thore mit Geschrei auf ihn los; er schoß auf den ersten seine Pistole ab, – das Zeichen für die Russen, aus dem Korn hervorzubrechen. Die Preußen liefen davon, doch wurden ihrer vier gefangen und auf Befehl Trencks mit Stockprügeln traktirt. Obgleich Trenck sofort ins Haus stürzte, entwischte der Resident doch durch die Hinterthür und ließ dem Verfolger nur seine weiße Perücke zurück. Dann zog Trenck seinen Degen und forderte den verrätherischen Lieutenant auf, sein Leben zu vertheidigen, doch dieser war so bestürzt, daß er sich nicht zu vertheidigen wagte; er schob alle Schuld auf den Residenten. Nun nahm Trenck einen russischen Korporalsstab und prügelte den Verräther, so lange er konnte. Er ließ ihn übel zugerichtet zurück und rief ihm zuletzt zu: „Schurke, jetzt erzähle Deinen Kameraden, wie der Trenck Straßenräuber zu züchtigen weiß!“

Dieser Vorfall wurde natürlich dem König Friedrich berichtet und trug nicht wenig dazu bei, dessen Erbitterung gegen Trenck aufs höchste zu steigern. Der Dragonerhauptmann ging indeß mit seinen Kranken zu Schiffe. Eine für ihn gefährliche Landung bei Pillau wußte Trenck mit der Pistole in der Hand zu verhindern. Am folgenden Tage lief das Schiff glücklich in den Hafen von Riga ein.

In Moskau wurde Trenck der Günstling des englischen Gesandten Lord Hyndfordt und von demselben bei Hofe und der Kaiserin vorgestellt; er verfertigte ein Gedicht auf ihren Krönungstag, wofür er einen goldenen Degen im Werthe von 1000 Rubeln erhielt. Auch durch Zeichnungen und Ingenieurarbeiten machte er Glück. Noch mehr Glück aber hatte er bei den Frauen. Eines der schönsten Mädchen, das im Alter von 17 Jahren einen 60jährigen russischen Minister heirathen sollte, der 300 Pfund wog, verliebte sich in ihn; sie traf sich öfters insgeheim mit ihm und wünschte sehnlichst, Trenck möchte sie doch von dem verabscheuten Bräutigam erretten, sie entführen. Doch die Flucht aus Moskau war unmöglich; die Hochzeit des Mädchens mit dem ungeliebten Hofmanne fand statt mit aller Pracht. Von St. Petersburg aus, wohin sich das Ehepaar begeben wollte, hofften die Liebenden entfliehen zu können, da raffte ein früher Tod das schöne junge Weib dahin. Eine der ersten Hofdamen, der Kanzlerin B., schließt darauf Trenck in ihr Herz, und durch ihre Gunst wird er in alle Geheimnisse der Politik eingeweiht; sie enthüllte ihm eine Intrigue des preußischen Gesandten, die ihm – es handelte sich um eine Zeichnung der Festung Kronstadt – fast eine Anklage wegen Landesverraths zugezogen hätte.

Als Trenck dieser Gefahr entgangen war, erfuhr er, daß sein Vetter Franz auf dem Spielberge in Brünn gestorben sei und ihn unter der Bedingung zum Erben eingesetzt habe, daß er keinem andern Herrn als dem Hause Oesterreich dienen werde. Auf den Rath seiner Freunde, nicht ohne inneren Widerwillen, entschloß er sich, nach Wien zu reisen. Er nahm seinen Weg über Petersburg, Stockholm, Kopenhagen, mußte bei der Fahrt nach Holland in Gothenburg Anker werfen und benutzte den neuntägigen Aufenthalt, reiches Geld den Bewohnern der öden Felseninsel zu spenden, hatte in Amsterdam Händel mit einem Harpunirer, dem er mit seinem Säbel die rechte Hand abhieb, und traf im Jahre 1750 in Wien ein. Aber er hatte dort kein Glück; seine Erbschaft wurde ihm durch alle erdenklichen Plackereien verleidet. Der Vater des Pandurenführers hatte ihn schon dem eignen Sohne substituirt für die ungarischen Güter, dieser selbst aber ihn zum Universalerben eingesetzt, ohne auf jenes frühere Testament Rücksicht zu nehmen. Friedrich wollte sich mit den vom Onkel ihm vermachten Gütern begnügen und auf die Universalerbschaft verzichten, weil sie an die Bedingung geknüpft war, daß er katholisch werde und österreichische Dienste nehme; doch die Kaiserin erklärte, er dürfe nichts von der Trenckschen Masse sich aneignen, wenn er nicht die Bedingungen im Testament des Vetters erfüllt habe. So wurde er in einer möglichst äußerlichen Form katholisch und erhielt eine Rittmeisterstelle bei dem Corduaschen Kürassierregiment in Ungarn. Er hatte wegen seiner Erbschaft 63 Processe führen müssen und von den großen Reichthümern seines Vetters blieben ihm zuletzt nur 63000 Gulden.

Als Trencks Mutter 1754 gestorben war, begab er sich zur Regelung seines Nachlasses nach Danzig. Hier aber widerfuhr ihm das verhängnißvollste Unglück seines Lebens: er fiel in die Hände der Preußen. Als er sich zur Abreise anschickte und eben auf einem schwedischen Schiff einschiffen wollte, wurde er mitten in der Nacht überfallen und durch ein Kommando von 30 Husaren nach Berlin geführt. Ein Verleumder hatte dem König hinterbracht, Trenck plane einen Anschlag auf ihn; das häufte natürlich die Summe der Verschuldungen Trencks gegen Preußen und den König, so daß der letztere die strengste Strafe für geboten hielt.

In Berlin wurde Trenck aufs genaueste untersucht und ausgeforscht; man nahm ihm sein Geld und seine Werthsachen und brachte ihn in das Staatsgefängniß von Magdeburg. Allen Offizieren war bei Androhung strengster Strafe von dem König der Befehl ertheilt, ihn aufs schärfste zu bewachen, und diese übertrieben natürlich die Strenge. Zwar wurde der Gefangene nicht gleich mit jenen Ketten belastet, die wir schon geschildert haben, doch litt er furchtbar an Hunger; die kleine ihm zugemessene Ration Brot genügte ihm nicht entfernt, da er ein starker Esser war. Das Gefängniß, in welchem sich Trenck zuerst befand, war zwar nicht 80 Fuß unter der Erde, wie er selbst in seinen Memoiren angiebt, aber es war immerhin in einer unterirdischen Kasematte angebracht. Uebrigens [483] war es keineswegs ganz dunkel, obschon der Gefangene weder Himmel noch Erde sehen konnte.

Wieder begann er seine Fluchtversuche und arbeitete an einem unterirdischen Gang, welcher ihn in eine benachbarte Kasematte führen sollte, deren Thür stets offen stand. Der König erfuhr, daß Trenck mit einigen Soldaten im Einverständniß stehe, ließ einen derselben hängen, den andern gassenlaufen, und für Trenck sollte ein eignes Gefängniß hergerichtet werden. Dieser fuhr zunächst mit seinen unterirdischen Minirarbeiten fort, da dieselben nicht verrathen worden waren; doch als er eben dem Ziel nahe war, wurde er in das neue Gefängniß gebracht, wo er jene erdrückende Kettenlast tragen mußte. Die neue Zelle war feucht; das Wasser tropfte von der Decke, er stand ungefähr sechs Monate mitten im Wasser – und doch litt seine Gesundheit nicht darunter. Er machte fortwährend neue Fluchtversuche, doch ohne Erfolg – nur fand er später ein Mittel, sich von seinen Ketten zu befreien, die er rasch wieder aufnahm, wenn die Wächter kamen. Man trieb die Grausamkeit soweit, ihn nicht schlafen zu lassen: alle Viertelstunden wurde er durch die Schildwachen aufgeweckt. Das ging so vier Jahre hindurch.

Einen seltsamen Gefängnißsport hatte Trenck sich zurechtgemacht: ähnlich wie Silvio Pellico in seinem Gefängniß eine Spinne, so hatte Trenck sich eine Maus abgerichtet; aber auch das Thierchen wurde ihm nicht gelassen. Der Inspekeur des Gefängnisses, welcher Kunde erhalten hatte von diesem lebendigen Spielzeug, ließ es ihm fortnehmen.

Ab und zu, wenn es ihm gelungen war, die wachhabenden Offiziere zu gewinnen, fehlte es ihm nicht an Schreibmaterial und Licht, ja sogar Bücher wurden ihm zugesteckt. Aber auch ohne diese Hilfsmittel entwarf er ganze Reden, Fabeln, Gedichte und Satiren, trug sie mit lauter Stimme vor und prägte sie seinem Gedächtnisse ein, so daß er nach seiner Freilassung imstande war, gegen zwei Bände solcher Arbeiten aus dem Kopfe niederzuschreiben. Auch gelang es ihm, in die zinnernen Trinkbecher Verse und Zeichnungen mit Hilfe eines gewöhnlichen Nagels einzugraben. Prinzessin Amalie hatte ihren Freund nicht vergessen; sie schickte ihm große Summen zu, womit er die Offiziere der Garnison bestach, und wieder war ein Fluchtplan der Ausführung nahe, als der Gefangene selbst sie durch thörichte Ruhmredigkeit vereitelte. So wurde er von jetzt ab nur strenger bewacht als früher. Erst am 24. Dezember 1763 erschloß sich ihm die Pforte seines Kerkers, in welchem er 9 Jahre, 5 Monate und einige Tage gesessen hatte. Maria Theresia, welche einen jener Becher zu Gesicht bekommen hatte, in welchen er einen Weinberg eingravirt, der an die Geschichte des Naboth erinnerte, nahm lebhaften Antheil an dem Gefangenen. Möglich, daß nach Abschluß des Hubertusburger Friedens sich diese Verwendung wirksamer erwies als früher. Die unglückliche Prinzessin Amalie hatte keine Kosten gescheut, um die österreichischen Minister zu gewinnen; in Thränen und Trauer hatte sie die elf letzten Jahre zugebracht.

Nach diesem großen Märtyrerthum seines Lebens hatte Trenck noch genug kleinere Leiden zu erdulden. In Wien war er eine Zeit lang Gefangener durch die Intriguen derjenigen, welche über die Verwaltung der Erbschaft seines Vetters nicht Rechenschaft geben wollten. Er wurde für halb wahnsinnig erklärt und erst als Kaiser Franz I. selbst den Gefangenen besucht hatte, um sich von seinem Geisteszustand zu überzeugen, wieder freigelassen. Zum Major ernannt, begab er sich nach Aachen, wo er 1765 die Tochter des Bürgermeisters heirathete. Hier beschäftigte er sich eifrig mit publicistischen Arbeiten, wechselte selbst Briefe mit Kaiser Josef II., dem er mancherlei Vorschläge für seine Reformen machte, schrieb ein Epos „Der macedonische Held“, gab eine Zeitschrift „Der Menschenfreund“ heraus, die in Oesterreich verboten wurde. Er ließ sie dann eingehen, um seine Gönnerin Maria Theresia nicht zu erzürnen. In den Jahren 1774 bis 1777 machte er große Reisen in Frankreich und England; er wurde mit Franklin befreundet, der ihm in Amerika eine glänzende Laufbahn verschaffen wollte. Doch aus Liebe zu seiner Frau und seinen Kindern ging er auf diese Vorschläge nicht ein. Er hatte inzwischen ein einträgliches Geschäft mit ungarischen Weinen betrieben; aber durch eine Betrügerei englischer Kaufleute und Beamten verlor er wieder den ganzen Gewinn, hatte auch sonst viele Verdrießlichkeiten mit Fürsten und Fürstendienern, so daß er, nach 16jährigem Aufenthalt in Aachen, sich zurück nach Oesterreich wandte.

Um so mehr gab er sich wieder seiner schriftstellerischen Thätigkeit hin, die unter dem Schutz der Kaiserin Maria Theresia stand. Diese zeigte sich fortwährend als seine Wohlthäterin und setzte auch seiner Frau ein Jahrgehalt aus. Auch zu mehreren vertraulichen diplomatischen Sendungen wurde er verwendet. Da starb Maria Theresia, und damit sanken auch die Hoffnungen auf eine glänzende Stellung, die Trenck an die Gunst und Gnade der Kaiserin geknüpft hatte, ins Grab.

Er zog sich dann auf sein Gut Zwerbach bei Mölk zurück, mit dessen Bewirthschaftung er sich ohne sonderlichen Erfolg beschäftigte. Dagegen gab er seine Prosawerke und seine Gedichte heraus, die ihm einen bedeutenden Ertrag abwarfen. Im Jahre 1787 wurde er von König Friedrich Wilhelm II. in Berlin und vom ganzen preußischen Hofe in so liebenswürdiger Weise empfangen, daß er in seinen Aufzeichnungen nicht Worte genug finden kann, um seine Freude darüber auszudrücken. Das Bild, das er von dem neuen König entwirft, ist jedenfalls das schmeichelhafteste, das je von diesem Monarchen gezeichnet worden ist. Auch Prinzessin Amalie sah er wieder, die Geliebte seiner Jugend, deren Liebe seines Lebens Unglück geworden war. Sie versprach, für seine Kinder zu sorgen; aber bald darauf starb sie, als ob sie nach diesem Wiedersehen in der Welt nichts mehr zu suchen gehabt hätte.

Seine in deutscher Sprache erschienene Lebensbeschreibung machte Trenck zu einem berühmten Manne, sie wurde fast in alle Sprachen übersetzt. Ueberall sah man Trencks Bildniß. Im Wachsfigurenkabinette des Palais-Royal zu Paris sah man ihn in Wachs im Gefangenenkittel mit allen seinen Ketten. Auf dem Théâtre d’Audinot wurde ein Stück gegeben, dessen Held er war und das den Titel führte: „Der Baron von Trenck oder der preußische Gefangene“.

Einen unruhigen Kopf, einen Märtyrer fürstlicher Gewaltherrschaft, wie er es war, mußte die revolutionäre Bewegung alsbald in ihre Kreise ziehen. Er schrieb Betrachtungen über die französische Revolution 1791, obschon er in Oesterreich sein Wort gegeben hatte, nichts mehr zu schreiben. Als Gefangener wurde er nach Wien gebracht, zwar nach siebzehn Tagen wieder freigelassen, aber mit dem Verluste seiner Pension bestraft. Gegen Ende desselben Jahres kehrte er nach Frankreich zurück in der Hoffnung, die damaligen Machthaber würden ihn mit offenen Armen empfangen, doch er täuschte sich; man kümmerte sich anfangs wenig um ihn; er lebte in einem Zustand des Mangels und der Entbehrung. Und die Revolution, die wie Saturn ihre eigenen Kinder verschlang, hatte auch keine Gnade für diejenigen, die in andern Ländern als Apostel der Freiheit aufgetreten waren. Und so begab sich das Unglaubliche, daß Trenck, zeitlebens ein Opfer fürstlicher Willkür, sein Leben auf dem Schaffot enden mußte, das die Männer der Freiheit errichtet hatten.

Trenck war ein Ausländer und deshalb verdächtig; man hielt ihn für einen Sendling des Königs von Preußen, und so lernte er nach den preußischen und österreichischen Gefängnissen auch noch ein französisches kennen: in St. Lazare sperrten ihn die Schreckensmänner ein. Es war die Blüthezeit des Schreckens, kurz vor Robespierres Sturz. Bestimmte Anklagepunkte konnte man gegen Trenck nicht vorbringen; er wurde in die Gefängnißverschwörungen verwickelt und auf das Blutgerüst geschickt wie hundert andere, unter dem Vorwande, eine Verschwörung zu seiner Befreiung und zum Sturze der Republik angezettelt zu haben. An demselben Tage wie André Chenier, der gefeierte königlich gesinnte Dichter, wurde er hingerichtet, am 25. Juli 1794; er zeigte sich so standhaft wie seine Schicksalsgenossen. Zur Hinrichtung schreitend, sagte er zu der Menge, die ihn neugierig umstand: „Was wundert Ihr Euch? Das ist nur eine Komödie à, la Robespierre!“ Drei Tage darauf folgte ihm dieser aufs Schaffot. Trencks Unstern wollte, daß er als eines der letzten Opfer des blutigen Regiments fiel.

So endete das Leben eines Mannes, dessen Schicksale so merkwürdig sind, daß kaum die Phantasie eines Romandichters sie wunderbarer hätte erfinden können. Er war ein Mann von Geist und Muth, aber vaterlandslos, den Lockungen des Vortheils und der Leidenschaft zugänglich – und das mag einigermaßen aussöhnen mit der seltenen Grausamkeit, mit der das Schicksal ihn behandelt hat. Er trug das Gepräge des Abenteurers – abenteuerlich war sein Leben und sein Tod.
Rudolf v. Gottschall. 


  1. Dem obenstehenden Bilde, das wir faksimilirt wiedergeben, hat Friedrich von der Trenck selbst folgende „Erklärung“ beigefügt:
    a. Das handbreite Eisen um den Hals, worin die ganze Kettenlast hing und die ich Tag und Nacht mit einer Hand in die Höhe halten mußte, weil die Last die Nerven am Halse klemmte.
    b. und e. Zwei Schellen über dem Ellenbogen, welche hinterwärts mit einer Kette am Halseisen befestigt waren.
    NB. Diese habe ich nicht 4 Wochen getragen. Sie wurden mir abgenommen, da ich krank ward.
    d. Ein eiserner breiter Ring um den Leib, wo in h eine Kette befestigt war, die bei g auf der Handstange auf und ab lief.
    e und f. Die zwei Handschellen, welche so, wie sie hier gezeichnet sind, an einer zwei Schuh langen, einen Zoll dicken eisernen Stange g angeschmiedet waren, so daß ich nur die Spitzen der Finger zusammenbringen konnte.
    i. Ein eiserner Ring in der Mauer, an welchem ich angeschmiedet war.
    k und m. Dreifache leichtere Ketten, die alle in einem großen Ringe in l am rechten Fuße zusammenkamen und eine ungeheure Last verursachten.
    n. Mein Leibstuhl, auf dem ich sitzen konnte.
    o. Mein Wasserkrug.
    p. Mein Leichenstein mit dem eingehauenen Todtenkopfe und meinem Namen Trenck. Unter diesem sollte ich begraben werden, nachdem er mir 10 Jahre lang zum Bette gedient hatte.