Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Des blinden Kindes Klage
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 489
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Des blinden Kindes Klage.

Ich klage nicht, daß ich nicht seh’
Des Lenzes Zauberglanz,
Des Himmels köstlichen Azur,
Der Sterne milden Kranz,
Nicht, weil der Schönheit eitles Gut
Für mich ein Traumgesicht –
Trifft nie des Meeres Pracht mein Blick,
Darüber klag’ ich nicht!

Der Vogel, der so lieblich singt,
Man sagt, er sei nicht schön –
Die Blüthe, deren Duft entzückt,
Soll oftmals farblos stehn.
O nein! die Schönheit reizt mich nicht,
Sie ist wohl bettelarm –
Ein andrer Wunsch mein Herz bewegt,
Mein Herz so liebeswarm.

Mein kleiner Bruder führet mich
Zum duft’gen Veilchenhain –
Ich kenne seinen leichten Schritt,
Für mich wie Sonnenschein;
Und meiner Mutter süßes Wort
Ist mir, wie Saitenspiel –
In ihrer Näh’ des Himmels Glück,
Der Seligkeit Gefühl!

Wenn bei der Theuren Zärtlichkeit
Mein ganzes Sein erbebt,
Wenn mich des Vaters Arm umschlingt,
An seine Brust mich hebt –
Dann füllt mit Thränen sich der Blick,
Ich weine, weil ich blind:
Der Liebe Augen seh’ ich nicht,
Ich armes, armes Kind!