Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm

Textdaten
Autor: Unbekannt
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Titel: Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm
Untertitel:
aus: Zeitung für Einsiedler, Nr. 6. Sp. 47–48
Herausgeber: Achim von Arnim und Clemens Brentano
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 20. April 1808
Verlag: Mohr und Zimmer
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Erscheinungsort: Heidelberg
Übersetzer: Wilhelm Grimm
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: UB Heidelberg, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
Mit einer Nachschrift Achim von Arnims; Abgewandelt in Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen (1811): Des Leuen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm. Google
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Des Löwen und König Dieterichs Kampf mit dem Lindwurm.

Altes deutsches Lied aus dem Kreise des Heldenbuchs und der Nibelungen, aus dem Dänischen übersetzt von Wilhelm Grimm in Cassel.

Der König Meister Dieterich, der wollt von Bern ausreiten,
Einen Löwen und Lindwurm fande er da, die standen in furchtbarem Streiten.
Sie streiten einen Tag, sie streiten zwei, am dritten Tage zur Nacht,
Da hat der ungestalte Lindwurm den Löwen zur Erde gebracht.

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Da schrie der Löwe in der Noth, da er den König sah reiten,

Hilf mir Herr König Dieterich, hilf mir in diesen Leiden.
Um deiner allerhöchsten Macht, befrei mich Herr Dieterich so mild,
Befrei mich um des vergoldeten Löwen, den du führst in deinem Schild.
Komm mir zum Trost König Dieterich, hilf mir bei deinem Namen gut,

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Da ich stehe gemahlt in deinem Schild, so flammend wie Feuers-Glut.

Lang stand der König Dieterich, das dünkt ihm wohl gethan:
Ich will helfen dem armen Löw’ wie es auch möge ergahn.
Das war der König Dieterich, auszog er das Schwert so gut,
Er kämpft mit dem Lindwurm, ungestalt sein Schwert stand tief im Blut.

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Nicht säumen wollt sich der gute Herr, wie kämpfet er da mit Muth

Tief stieß er das Eisen hinein, da zersprang sein Schwert so gut.
Der Lindwurm zog ihn auf seinen Rück, das Roß unter seine Zunge,
So drängt er sich in den Berg hinein, zu seinen elf kleinen Jungen.
Das Roß warf er den Jungen vor, in eine Höhle den Mann,

20
Eßt nun das kleine Stück, ich will zu schlafen gahn.

Eßt nun die geringe Beut, ich will zu schlafen gahn.
Wann ich wieder vom Schlaf erwach, sollt ihr den Mann greifen an.
Der König Meister Dieterich, sucht in dem Berg zur Hand,
Da fand er das gute Schwert, das Adelring ist genannt.

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Da fand er so stark ein Schwer, und vergoldete Messer zwei:

Gott gnade deiner Seel, König Siegfried, hier hast du gelassen deinen Leib.
Ich bin gewesen in manchem Kampf, in Herren Fahrt mit dir,
Nie hab’ ich die Zeit gewußt, wo du bist blieben hier.
Da wollt der König Dieterich prüfen des Schwertes Kraft gut,

30
Er hieb in den harten Fels, daß der Berg stand all in Glut.

Da der junge Lindwurm stehn den Berg in Flammen fach:
Wer hat Schwert Zwietracht gethan, aus seinem eignen Gemach?
Er sagts den Lindwürmern all, zur Höhle sie hingehn:
Weckst du unsere Mutter auf, wie schlimm soll dirs ergehn.

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Da sprach der König Dieterich, sein Haupt schwer in Unruh:

Ich will wecken deine Mutter aus dem Schlaf, einen Traum ihr rufen zu.
Deine Mutter schlug den König Siegfried, den Hochberühmten Mann,
Das will ich an euch allen rächen, mit meiner rechten Hand.
Auf wacht da der alte Lindwurm, ihm ward dabei so bang:

40
„Wer macht mir solch Unruhe? was ist das für ein Klang?“

Das bin ich König Dieterich, mich lüstet zu reden mit dir,
Gestern, unter deinem geringelten Schwanz, zogst du mich zum Berg hierher.

[48]
„Du töd’t mich nicht König Dieterich, hier ist mein rothes Gold:

Das ist viel besser gethan, wir bleiben dir treu und hold.“

45
Ich traue nicht deiner falschen List, du willst mich gewißlich bethören,

Du hast ermordet so manchen Held, das geziemt sich nimmermehre.
„Hör du König Dieterich, o schlag zu todt mich nicht,
Ich zeig dir deine verlobte Braut, die verlobt im Berge liegt.
Zu oben bei meinem Haupte, da liegen die Schlüssel klein,

50
Zu nieden bei meinen Füßen, da kannst du gehen ein.“

Zu oben bei deinem Haupte, da will ich greifen an,
Zu nieden bei deinen Füßen, da will ich lassen ab.
Erst schlug er den Lindwurm, und dann seine elf Jungen,
Doch konnt er nicht aus dem Berg, vor giftigen Würmer Jungen.

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Da grub er so tief eine Höhle, vor seinem linken Fuß,

Daß er nicht da umkomme, in giftigem Würmer Blut.
Da flucht zuerst König Dieterich, er ward dem Löwen so feind,
Verwünschet sey der Löw’, ihn treffe Fluch und Pein.
Da betrog mich der listige Löw’, Gott bring in Unglück ihn,

60
Wär er nicht gemahlt in meinem Schuld, mein Roß hätt’ mich getragen dahin.

Da das hörte der Löwe gut, wie der König so sehr sich beklagt:
„Steh fest du König Dieterich, ich grabe mit starker Macht.“
Der Löwe grub, König Dieterich schlug, der Berg in Feuer sprang aus,
Er hätt’ sich gegrämet zu todt, hätt’ der Löw’ nicht gegraben ihn aus.

65
So ging er aus dem Berg heraus, mit Panzer, Schild und Schwert

Und da er nun gekommen hervor, da trauert er um sein Pferd.
„Hör du König Meister Dieterich, du sollst nicht seyn so in Leid,
Du setz dich auf, ich trage dich sanft, auf meinem Rücken breit.“
Da reis’t er über das tiefe Thal und über die Wiese grün,

70
So frei mit ihm der gute Löw dringt durch den Wald dahin.

Der Löwe und König Diterich, die blieben zusammen beid,
Der eine hatt’ den andern befreit von Kummer und vielem Leid.
So oft der König zu Land ausritt, lief neben ihm der Löwe groß,
Wenn er aber stille saß, legt er das Haupt in seinen Schooß.


(Der Leser wird gebeten, daß unter uns noch sehr gewöhnliche Volksbuch von Heinrich dem Löwen hiemit zu vergleichen, um sich eine lebendige Anschauung zu verschaffen, wie dieselbe Erfindung, wenn sie ächt aus dem Volkssinne hervorgegangen, sich immer wieder an spätere Namen und Begebenheiten anschließt, und so sich gegen Untergang bewahrt.)
Einsiedler.