Des Kampfes Ende
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Des Kampfes Ende.
Die weiße Flagge stieg empor am Mast
und kündet uns: die Schlotbarone siegen!
Die Menge aber fragt in wirrer Hast:
„Wie, unsre Crimmitschauer unterliegen?
Wie sollen wir das nur verstehn und fassen?
Gab nicht das Volk, was immer es vermocht?
Es hätte niemals sie im Stich gelassen!“
Doch eine Stimme spricht: „Es musste sein!
Und stellten wir das Ringen jetzt nicht ein,
begingen wir des blinden Trotzes Sünde.
„Wir hielten‘s Wochen noch und Monde aus,
doch hat die Lage drohend sich verschoben.
seit sich das ganze Kapital erhoben,
Und tritt erst dieses finster auf den Plan,
mit dem Entschluß, für seinen Haß zu zahlen,
So ist’s ein eitler, trügerischer Wahn,
Nein, wenn man endlich unterliegen muß,
wenn dies Verhängnis niemals abzuwenden,
So ist’s ein kluger, männlicher Entschluß,
vor dem Verbluten noch den Kampf zu enden.
entwanden wir den Junkern und den Pfaffen
Im allerunerwünschtesten Moment
die schneidigsten, die mörderischsten Waffen.
Sie müssen jetzt, sie haben keine Wahl,
Den Kampf beschließen, und das Kapital
zieht murrend sich zurück in seine Höhle.
Sie hätten gern, nun es so weit gediehn,
das Volk entnervt bis auf das Mark der Knochen
bevor die Kraft zum Widerstand gebrochen.
„Wohl haben wir die Lippe uns zernagt,
doch ungebrochen schauen wir ins Weite:
Es ward das Ringen nur von uns vertagt
Auch unentehrt, mit fleckenlosem Schild,
wenn ihn der Gegner auch gespickt mit Pfeilen,
Und ohne Trauer darf auf diesem Bild
und ohne Scham des Volkes Auge weilen!“
und Händedrücke tauschen die Genossen:
„Nun wohl, es war ja kein Zusammenbruch
und ehrenvoll habt ihr den Kampf beschlossen!
„Wir achten euch, ihr Braven, nach wie vor
Und wer die Arbeit und das Brot verlor,
den wird es nicht vergessen und verlassen.
Nehmt eure Kinder tröstend bei der Hand
und eurem bleichen Weib mögt ihr erklären:
wird auch den Arbeitslosen man gewähren.
Es sei kein Auge trüb und tränennaß;
wir schützen euch vor schwarzer Sorge Stunden,
Bis auch der letzte, den der Feinde Haß
„Seid ruhig denn, geht unbekümmert heim,
denn mag man auch in Horden und in Rudeln
Den Heldenkampf mit Geifer und mit Schleim
mit der gewohnten Niedertracht besudeln –
und euch durch nichts in ihm beirren lassen,
Der Sieger hohlen Jubel aber dämpft
ein einz‘ger Blick in die geleerten Kassen,
Und selbst das Scheusal, den Zehnstundentag,
Ihn wird das Reich, was immer kommen mag,
durchs Parlament den Arbeitsbienen bringen!“
R.L.
Anmerkungen (Wikisource)
Bearbeiten- Gedicht von Rudolf Lavant über den Crimmitschauer Streik.