Textdaten
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Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Des Deutschen Lebenslauf
Untertitel:
aus: Rudolf Lavant Gedichte
Herausgeber:
Auflage: 3. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1965
Verlag: Akademie Verlag
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons,
S. 108–109
Kurzbeschreibung:
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[108]
Des Deutschen Lebenslauf


In Deutschland hat in stiller Nacht
Ihn die Mama zur Welt gebracht,
Denn das erlaubt – wir sind ja frei –
Die hohe deutsche Polizei.

5
Als er sodann ins dritte Jahr

Mit Ach und Krach gekommen war,
Beschenkte man den kleinen Schelm
Bereits mit Flinte, Schwert und Helm;
Und er erfuhr – zu rechter Zeit –

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Bei dieser Festgelegenheit

Durch Vaterworte voll Gewicht,
Was eines Deutschen erste Pflicht.
Es ward geschickt zur Schule dann
Der ahnungslose kleine Mann,

15
Wo man ihn gründlich eingeweiht

In Deutschlands Macht und Herrlichkeit
Und wo das Nöt’ge er erfuhr
Von unsrer sittlichen Natur
Und von der Fülle von Gemüt

20
Und Treue, die in Deutschland blüht,

Indes die ganze andre Welt
In Schmutz und Dummheit sich erhält.
Was in der Lehre er gelernt,
Hat zwar fürs Leben nicht entfernt

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Und für die Praxis ausgereicht;

Doch nahm er solches Manko leicht,
Denn bald darauf ward er Soldat,
Den oft man auf die Beine trat
Und den mit Umsicht und Bedacht

30
Zu einem Menschen man gemacht.

Nach ein’ger Zeit, wie man’s so treibt,
Hat er sich regelrecht beweibt

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Und mit der Liebsten bis zuletzt

Sechs Kinder in die Welt gesetzt,

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Auch unter manchem Schicksalsschlag

Sich abgerackert Nacht und Tag.
Es hungert sich zur Not ganz leicht,
Wenn es nur für die Steuern reicht;
Genügt’s doch, daß man mit Gewalt

40
Den Schmachtriem’ etwas enger schnallt.

Nun denkt er mit gerechtem Stolz
Des Schlafrocks wohl aus Fichtenholz,
Weil ehrlich sein Gewerb er trieb
Und Steuern niemals schuldig blieb;

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Und weil in Frieden der verfault,

Der nie gemurrt und nie gemault.

Anmerkungen (Wikisource)

Ebenfalls abgedruckt in:

  • Der Wahre Jacob. Nr. 449 (1903), S. 4160.