Textdaten
<<< >>>
Autor: Christian Fürchtegott Gellert
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der zärtliche Mann
Untertitel:
aus: Sämmtliche Schriften. 1. Theil: Fabeln und Erzählungen, Erstes Buch. S. 66–67
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1769
Verlag: M. G. Weidmanns Erben und Reich und Caspar Fritsch
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Erstdruck 1746/48
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]
[66]
Der zärtliche Mann.


Die ihr so eyfersüchtig seyd,
Und nichts als Unbeständigkeit
Den Männern vorzurücken pfleget!
O! Weiber, überwindet euch:

5
Lest dieß Gedicht, und seyd zugleich

Beschämt, und ewig widerleget.
Wir Männer sind es ganz allein,
Die einmal nur, doch ewig lieben;
Uns ist die Treu ins Blut geschrieben.

10
Beweist es! hör ich alle schreyn.

Recht gut! Es soll bewiesen seyn.



Ein liebes Weib ward krank; wovon? von vieler Galle?
Die alte Spötterey! Kein Kluger glaubt sie mehr.
Nein, nein, die Weiber siechten alle,

15
Wenn diese Uebel schädlich wär.

Genug, sie wird sehr krank. Der Mann wendt alles an,
Was man von Männern fordern kann;
Eilt, ihr zu rechter Zeit die Pulver einzuschütten;
Er läßt für seine Frau in allen Kirchen bitten,

20
Und giebt noch mehr dafür, als sonst gebräuchlich war;

Und doch vermehrt sich die Gefahr.

[67]
Er ächzt, er weint und schreyt, er will mit ihr verderben.

Ach Engel, spricht die Frau, stell deine Klagen ein!
Ich werde mit Vergnügen sterben,

25
Versprich mir nur, nicht noch einmal zu freyn.


Er schwört, sich keine mehr zu wählen.
Dein Schatten, ruft er, soll mich quälen,
Wenn mich ein zweytes Weib besiegt.
Er schwört. Nun stirbt sein Weib vergnügt.

30
Wer kann den Kummer wohl beschreiben,

Der unsern Wittwer überfällt?
Er weis vor Jammer kaum zu bleiben;
Zu eng ist ihm sein Haus, zu klein ist ihm die Welt.
Er opfert seiner Frau die allertreusten Klagen,

35
Bleibt ohne Speis und Trank, sucht keine Lagerstatt;

Er klagt, und ist des Lebens satt.
Indeß befiehlt die Zeit, sie in das Grab zu tragen.
Man legt der Seligen ihr schwarzes Brautkleid an;
Der Wittwer tritt bethränt an ihren Sarg hinan.

40
Was? fängt er plötzlich an zu fluchen,

Was, Henker, was soll dieses seyn?
Für eine todte Frau ein Brautkleid auszusuchen?
Gesetzt, ich wollte wieder freyn:
So müßt ich ja ein neues machen lassen.

45
Ihr Leute kränkt ihn nicht, geht, holt ein ander Kleid,

Und laßt dem armen Wittwer Zeit!
Er wird sich mit der Zeit schon fassen.