Textdaten
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Autor: Joachim Ringelnatz
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Titel: Der traurige Onkel
Untertitel:
aus: Reisebriefe eines Artisten, S. 59–60
Herausgeber:
Auflage: 5.–9. Tausend
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928 (EA 1927)
Verlag: Ernst Rowohlt
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[59]
DER TRAURIGE ONKEL

Wundre dich nicht, wenn ich weine,
Weil ein Mensch doch dann und wann
Trotz des besten Willens seine
Sorgen nicht verbergen kann.

5
Nimm aus meiner Schreibtischlade

Den Revolver mir nicht fort,
Auch das Gift nicht. Und verrate
Niemanden davon ein Wort.

Und du selber sollst nicht weinen,

10
Wenn du über mich was liest,

Oder wenn du plötzlich meinen
Hut im Wasser treiben siehst.

Frage nicht, warum ich heute
Etwa etwas seltsam bin.

15
Grüße bitte meine Leute. –

Schau das Laub! – Es welkt dahin.

Bleibe glücklich und genieße
Du das Leben im Erblühn.
Wenn du Zeit hast, so begieße

20
Manchmal dieses Immergrün.


Was für Absichten ich hege?
Frage nicht. – Nimm diesen Kuß,

[60]
Und dann geh ich jene Wege,

Die ich einmal gehen muß.

25
Noch ein Küßchen auf das kleine

Näschen. Noch eins auf den Mund.
Ach was hast du süße Beine. –
Zeig mal! – Und wie bist du rund!

Ach, mir darfst du das schon zeigen,

30
Denn du bist doch schon so gut

Wie erwachsen und kannst schweigen,
Wenn dein Onkel etwas tut!?!