Der tolle Jäger
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Der tolle Jäger.
(Zu beiliegender Zeichnung.)
Vor Gott ist jedes Leben werth,
Das seine Huld erschuf;
Zu Lust und Leben hat ein Has’,
So wie der Mensch, Beruf.
Im sammetgrünen Klee, –
Ich schoß ihn todt – sein starres Aug’ –
Darüber ward mir weh. –
Gezielt hab’ ich, da hat er mich
Da schoß ich ihn; – sein starres Aug’
Sah nach mir unverrückt. –
Das starre Auge brannte mich,
Und brannte bis ins Herz. –
Und eilte heimathwärts.
Und als die Abendglocke scholl,
Da kam ich aus dem Wald
Auf’s offne Feld; als sie verklang,
Wollt’ steigen über’n Gatter weg; –
Wie wog mein Hase schwer!
Er zog’, ich konnte nicht vom Fleck’
Und konnt’ es nimmermehr.
Und hemmte meinen Lauf,
Gespenstig, riesig, fürchterlich
Stieg’s aus dem Boden auf.
Thurmhoch, es war ein Hasenpaar,
Mit starren Augen sah’s mich an. –
Ringsum war’s finster Nacht.
Da pfiff ein Wind vom Walde her;
Das klang so bang und weh,
Er kam und brachte Schnee.
Die Flocken fielen groß und dicht,
Und jede Flock’ ein Has’,
Und alle, alle seh’n mich an
Und Hasen, Hasen schneit es fort,
Millionen jede Stund’,
Und alle stürmten auf mich ein
Mit gierig offnem Schlund. –
Des todten Bruders Vließ;
Sie klammerten an die Flinte sich,
Daß ich sie fahren ließ.
[59] Sie brachen sie in tausend Stück’;
Sie kletterten an meinem Leib
Von hinten und von vorn’.
Sie rissen mir den Hut vom Kopf,
Und alle Kleider ab.
Ein’ Stimme aus dem Grab:
„Für jeden Hasenmord der Welt
Sollst büßen du allein!“ –
Auf meinem Jagdhorn bliesen sie
Und immer schauten sie mich an,
Ich mußte halten Stand. –
Mein Hund entsprang, er wurde toll;
Doch ich blieb – bei Verstand.