Der schwarze Bruno zu Leipzig
In einem Kloster zu Meißen lebte ein Mönch, mit Namen Bruno, den man gewöhnlich den schwarzen Bruno hieß. Mit Hilfe der schwarzen Kunst, die er in Italien gelernt hatte, hinterging und betrog er die frommen, geistlichen Klosterherren und trieb nächtelang in den Frauenklöstern unter den jungen Nonnen sein Wesen. Endlich verwieß ihn der Erzbischof aus dem Kloster und aus der ganzen Gegend. Er ging hierauf nach Bautzen und wurde dann zu [364] Leipzig in einem Kloster aufgenommen. Hier führte er indeß ein noch ruchloseres und wollüstigeres Leben als zuvor und wurde endlich von einem großen Zauberer in eine Krystallflasche gebannt und diese 19 Fuß tief unter die Erde vergraben.
Nach vielen Jahren, als man in der Stadt an der Stelle, wo er eingegraben worden war, ein stattliches Haus zu bauen begann, fand ein Erdgräber die Flasche, in welcher der schwarze Klosterbruder alsbald erkannt ward. Alle Versuche, sich dieser Flasche wieder zu entäußern, blieben fruchtlos. So oft er sie an einen Andern verschenkte oder an irgend einen entlegenen Ort verbarg, hat sie sich stets wieder in seiner Tasche eingefunden und ihn Tag und Nacht geängstigt, bis er sie endlich unter die Erde in den Keller seines Hauses vergrub und dieses verkaufte.
Einst schickte der neue Eigenthümer desselben seine Tochter in den Keller, um Wein zu holen. Wie sie dahin kommt, funkelt ihr etwas Helles entgegen, sie hebt eine fest verschlossene Flasche von der Erde auf, in welcher ein leuchtendes Golddingchen lustig auf- und abhüpft, nimmt es mit und bittet ihren Vater, ihr das schöne Thierchen zu schenken, das sie in der Nacht zum Leuchten neben ihr Bett setzen wolle.
Voll Entsetzen erkennen die Eltern den bösen Klostergeist darin, entreißen dem Mädchen das Gefäß, knüpfen ein schweres Eisen daran und senken es in den tiefsten Grund der Pleiße.[1]
In Leipzig hat man nachher lange nichts von dem gebannten Bruno vernommen. Es heißt aber, er sei aus seiner Verbannung erlöst und wandle als schwarzer Hund an den [365] Ufern der Elster und Pleiße, wo man oft sein nächtliches Heulen höre.
- ↑ Vogel, Leipz. Chronik, S. 123, erzählt, als man im Jahre 1546 die Kapelle zu St. Katharinen völlig abgebrochen, habe man im Grunde derselben ein schmales Glas gefunden und vermuthet, ein Mönch habe da hinein den Teufel gebannt. Deshalb vermauerte man es wieder im Grunde der Halle’schen Bastei, die man von jenen Steinen überhaupt bauete.