Textdaten
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Autor: Kasimir Walchner
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Titel: Der rettende Brotlaib
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch I, S. 81–83
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
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Der rettende Brotlaib.

Im 13. bis gegen die Mitte des 14. Jahrhunderts kam es oft vor, daß die Stadt Pfullendorf von den Kaisern, welche sich gar häufig in Geldverlegenheit befanden, verpfändet wurde. Dadurch entstand das unangenehme Verhältniß, daß die Gläubiger des Kaisers, selbst, oder durch Bevollmächtigte, die Reichssteuer und andere kaiserliche Einkünfte des Ortes verwalten und einziehen, auch das Amt des Stadtammanns versehen ließen, was zu vielen Verdrießlichkeiten zwischen dem Rath und der Bürgerschaft einerseits, und diesen Pfandgläubigern andrerseits Anlaß gab. Damit nun ein so mißlicher Zustand nicht wiederkehre, erwirkte sich die Stadt (1348) von Kaiser Karl IV. ein Privilegium , demgemäß sie nie mehr aus des Reiches Händen kommen oder verpfändet werden solle. Während Pfullendorf auf solche Weise bemüht war, sich von Innen und Außen Kraft und Ansehen zu verschaffen, nahte sich ihr unversehens große Gefahr. Die Ritter und Edelleute aus der Umgegend machten miteinander einen Anschlag, die Stadt unvermuthet zu überfallen und einzunehmen. Zu diesem Ende wollten sie sich ihr nächtlicher Weile von drei Seiten nähern und verborgen halten, bis früh Morgens die Viehheerde der Stadt aus die Weide getrieben würde, dann sollte der eine Haufe auf diese losgehen und sie wegnehmen, die beiden andern aber, während die Bürger zur [82] Rettung ihres Viehes hinauseilten, in die unbewachte Stadt dringen und sich derselben bemächtigen.

Von diesem Vorhaben war Graf Wernher von Zimmern zu Mößkirch in Kenntniß gesetzt, wir wissen nicht, ob als Theilnehmer oder durch Zufall. Seit langer Zeit war er ein freundlicher guter Nachbar der Stadt und kam oft aus seinem Schlosse bei Mößkirch auf Besuch dahin. Da er nun den vom Adel gegen Pfullendorf gefaßten Anschlag nicht abzuwenden vermochte und ebensowenig denselben verrathen durfte, ward er traurig und mißlaunig, wich seinem Hausgesinde aus und schloß sich in sein Gemach ein, so daß seine Gattin, Brigitta von Gundelfingen, darüber in Sorgen gerieth und eine Gelegenheit suchte, den Grund des beunruhigenden Betragens ihres Gemahls zu erfahren. Lange blieb ihr Forschen umsonst, bis sie endlich eines Tages, da sie zufällig ein Selbstgespräch ihres Mannes belauschte, die Ursache davon entdeckte. Ihre erste Angelegenheit war nun, die Stadt auf geheime sichere Weise vor dem drohenden Unglücke zu warnen. Sie schrieb demnach ein Brieflein an den damaligen Stadtammann von Gremblich, verbarg es in einen Laib Brot und übergab ihn einem treuen Diener mit dem Auftrage, denselben in keine anderen Hände, als in die des Stadtammanns selbst abzugeben und ihm dabei zu sagen, er möge sich das Brot wohl empfohlen seyn lassen. Der Stadtammann, neugierig, den Sinn dieser räthselhaften Botschaft herauszubringen, untersuchte den Brotlaib näher und fand darin den Brief der Frau von Zimmern, welcher ihn von der nahen Gefahr unterrichtete und zur Wachsamkeit ermahnte.

Als nun der zum Ueberfall bestimmte Tag erschienen war, brach ein Haufe Reisiger der Verabredung gemäß aus einem Hinterhalt hervor und nahm die so eben ausgelassene Viehheerde der Stadt weg. Alsbald wollten die Bürger hinauseilen und ihr Vieh dem Feinde wieder absagen. Allein Stadtammann Gremblich hatte alle Thore schließen und bewachen lassen, und belehrte nun die erstaunte Bürgerschaft von dem, was so eben vorgehen sollte. Da rüstete sich Alt und Jung und sah, wie zwei andere feindliche Haufen aus dem Walde hervorbrachen und gegen die Stadt heraufsprengten, in der Meinung, die Thore offen und unbewacht zu finden, und eindringen zu können.

[83] Als sie aber die Thore wohl verschlossen und die Bürger alle bewaffnet auf Mauern und Thürmen erblickten, zogen sie unverrichteter Dinge wieder ab, und dachten auch in der Folge nie wieder daran, die Stadt zu gewinnen. Dies geschah um das Jahr 1348 und die handschriftliche Chronik der Herren von Zimmern hat das Andenken daran aufbewahrt.

Zum ewigen Gedächtniß und zu dankbarer Erinnerung an diese merkwürdige Rettung der Stadt, verordnete der Rath zu Pfullendorf, daß jährlich ein sogenanntes Hochmahl gehalten werden sollte, wozu nebst dem Stadtammann, Burgermeister, Rath und Geschlechtern, jedesmal auch der Herr von Zimmern geladen wurde, wobei er auch gewöhnlich sich persönlich einstellte. Im 16. Jahrhunderte hörte jedoch diese Gewohnheit auf; das Geschlecht der Herren von Zimmern erlosch mit dem Letzten dieses Namens, dem Grafen Wilhelm, im J. 1593 und die Herrschaft Mößkirch kam an den Grafen Joachim von Fürstenberg, welcher die Schwester des Grafen, Anna, zur Gemahlin hatte.

K. Walchner.
(Siehe dessen „Geschichte von Pfullendorf.“ Constanz 1825, Wallis. S. 10 ff.)

Anmerkungen (Wikisource)

Für die Pfullendorfer Mordnacht ist die Zimmerische Chronik Bd. 1, S. 207 ff. die einzige Quelle.

Schnezler stützt sich auf Kasimir Walchner: Geschichte der Stadt Pfullendorf vom Jahre 916 bis 1811. Konstanz 1825, S. 10-13 Google.