Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Der gute Handel
Untertitel:
aus: Kinder- und Haus-Märchen Band 1, Große Ausgabe.
S. 39-44
Herausgeber:
Auflage: 2. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1819
Verlag: G. Reimer
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
seit 1819: KHM 7
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Bearbeitungsstand
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Begriffsklärung Andere Ausgaben unter diesem Titel siehe unter: Der gute Handel.


[39]
7.

Der gute Handel.

Ein Bauer der hatte seine Kuh auf den Markt getrieben, und für sieben Thaler verkauft. Auf dem Heimweg mußte er an einem Teich vorbei und da hörte er schon von weitem, wie die Frösche riefen: ak, ak! ak, ak! „Ja, sprach er für sich, die schreien auch ins Haberfeld hinein, sieben Thaler sinds, die ich gelöst habe, keine acht.“ Als er an das Wasser heran kam, rief er ihnen zu: „dummes Vieh, das ihr seyd! wißt ihrs nicht besser? sieben Thaler sinds und keine acht!“ Die Frösche blieben aber bei ihrem ak, ak! ak, ak! „Nun, wenn ihrs nicht glauben wollt, ich kanns euch vorzählen;“ holte das Geld aus der Tasche und zählte die sieben Thaler ab, immer vierundzwanzig Groschen auf einen.“ Die Frösche kehrten sich aber nicht an sein Rechnen und riefen abermals: „ak, ak! ak, ak! „Ei, rief der Bauer ganz bös, wollt ihrs besser wissen, als ich, so zählt selber!“ und warf [40] das Geld miteinander ins Wasser hinein. Er blieb stehen und wollte warten, bis sie fertig wären und ihm das seinige wiederbrächten, aber die Frösche beharrten auf ihrem Sinn, schrien immerfort, ak, ak! ak, ak! und warfen auch das Geld nicht wieder heraus. Er wartete noch eine gute Weile, bis der Abend einbrach und er nach Haus mußte, da schimpfte er die Frösche aus und rief: ihr Wasserpatscher, ein groß Maul habt ihr und könnt schreien, daß einem die Ohren weh thun, aber sieben Thaler könnt ihr nicht zählen! meint ihr, ich wollte da stehen, bis ihr fertig wärt!“ damit ging er fort, aber die Frösche riefen ihm noch nach: ak, ak! ak, ak, ak!“ daß er ganz verdrießlich heim kam.

Ueber eine Zeit erhandelte er sich wieder eine Kuh, die schlachtete er und machte die Rechnung, wenn er das Fleisch gut verkaufe, könnte er so viel lösen, als die beiden Kühe werth wären und das Fell hätte er obendrein. Als er nun mit dem Fleisch zu der Stadt kam, war vor dem Thore ein ganzes Rudel Hunde zusammengelaufen, voran ein großer Windhund; dieser sprang um das Fleisch, schnupperte und bellte: was, was! was, was! Als er gar nicht aufhören wollte, sprach der Bauer zu ihm: „ja, ich merk wohl, du sagst was, was! weil du etwas von dem Fleisch verlangst, da sollt’ ich aber schön ankommen, wenn ich dir’s geben wollte.“ Der Hund antwortete nichts als, was, was! „willst du’s auch nicht wegfressen und du für deine Cameraden da gut stehen?“ „Was, was!“ sprach der Hund. „Nun, wenn du dabei bleibst, so will ich dirs lassen, ich kenne dich wohl und weiß, bei wem du dienst; aber das sag ich dir, in [41] drei Tagen muß ich mein Geld haben, du kannst mirs hinausbringen.“ Darauf lud er das Fleisch ab und kehrte wieder um; die Hunde machten sich darüber her und bellten laut was, was! der Bauer der es von weitem hörte, sprach zu sich: „horch, jetzt verlangen sie alle was, aber der große muß mir einstehen.“

Als drei Tage herum waren, dachte der Bauer vergnügt: heute Abend hast du dein Geld in der Tasche. Aber es wollte niemand kommen, und es auszahlen. Es ist kein Verlaß mehr auf jemand,“ sprach er und endlich riß ihm die Geduld, daß er in die Stadt zu den Fleischer ging und sein Geld foderte. Der Fleischer meinte, es wäre ein Spaß, als aber der Bauer sagte: „Spaß beiseite, ich will mein Geld; hat der große Hund euch nicht die ganze geschlachtete Kuh vor drei Tagen heim gebracht!“ da ward der Fleischer zornig, griff nach einem Besenstiel und jagte ihn hinaus. „Wart, sprach der Bauer, es giebt noch Gerechtigkeit auf der Welt! und ging in das königliche Schloß und bat sich Gehör aus. Er ward vor den König geführt, der da saß mit seiner Tochter und fragte: was ihm für ein Leid wiederfahren wäre? „Ach, sagte er, die Frösche und Hunde haben mir das meinige genommen und der Metzger hat mich dafür mit dem Stock bezahlt“ und erzählte weitläuftig, wie es zugegangen war. Darüber fing die Königstochter laut an zu lachen und der König sprach zu ihm: „Recht kann ich dir hier nicht geben, aber dafür sollst du meine Tochter zur Frau haben, ihr Lebtag hat sie noch nicht gelacht, als eben über dich, und ich habe sie dem versprochen, der sie zum Lachen brächte. Du kannst Gott für dein Glück danken.“ [42] „O, antwortete der Bauer, ich will sie gar nicht, ich hab daheim nur eine einzige Frau und wenn ich nach Haus komme, so ist mir doch als ob in jedem Winkel eine stände.“ Da ward der König zornig und sprach: „bist du so ein Grobian, so mußt du einen andern Lohn haben, jetzt pack dich fort, aber in drei Tagen komm wieder, so sollen dir fünfhundert vollgezählt werden.“

Wie der Bauer hinaus vor die Thüre kam, sprach die Schildwacht: „du hast die Königstochter zum Lachen gebracht, da wirst du was rechtes bekommen haben.“ „Ja das mein ich! antwortete der Bauer, fünfhundert werden mir ausbezahlt.“ „Hör, sprach der Soldat, gieb mir etwas davon, was willst du mit all dem Geld anfangen.“ „Nun, sprach der Bauer, weil du’s bist, so sollst du zweihundert haben, in drei Tagen meld’ dich beim König und laß dirs aufzählen.“ Eine Jude hatte in der Nähe gestanden und das Gespräch mit angehört, der lief dem Bauer nach, hielt ihn beim Rock und sprach: „Gotteswunder, was seyd ihr ein Glückskind! ich wills euch wechseln, ich wills euch umsetzen in Scheidemünz, was wollt ihr mit den harten Thalern!“ „Mauschel, sagte der Bauer, dreihundert kannst du noch haben, gieb mirs nur gleich in Münze, heut über drei Tage wirst du dafür beim König bezahlt werden.“ Der Jude war froh über das Profitchen und brachte die Summe in schlechten Groschen, wo drei so viel werth sind als zwei gute. Nach Verlauf der drei Tage ging der Bauer, dem Befehl gemäß, vor den König. „Zieh den Rock aus, sprach dieser, du sollst deine fünfhundert haben.“ „Ach! sagte der Bauer, sie gehören nicht mehr mein, zweihundert habe ich [43] an die Schildwache verschenkt und dreihundert hat mir der Jude eingewechselt, von Rechtswegen gebührt mir nicht ein einziges.“ Indem kam der Soldat und der Jude herein, verlangten das ihrige, das sie dem Bauer abgewonnen hätten und erhielten die Schläge richtig zugemessen. Der Soldat ertrugs geduldig und wußte schon, wie’s schmeckte, der Jude aber that jämmerlich: „auh weih geschrien! sind das die harten Thaler!“ Der König mußte über den Bauer lachen, und weil aller Zorn verschwunden war, sprach er: „hast du den Lohn schon verloren eh du ihn empfangen, so will ich dir einen Ersatz geben, geh in meine Schatzkammer und hol dir Geld, so viel du willst.“ Der Bauer ließ sich das nicht zweimal gesagt seyn, und füllte in seine Taschen, was nur hinein wollte. Darnach ging er ins Wirthshaus und überzählte sein Geld; der Jude war ihm nachgegangen und hörte wie er mit sich allein brummte: „nun hat mich der Spitzbube von König doch hinters Licht geführt! hätte er mir nicht selbst das Geld geben können, so wüßte ich, was ich hätte, wie kann ich nun wissen, ob das richtig ist, was ich so eingesteckt habe!“ – „Gott bewahre, sprach der Jude für sich, der spricht despectirlich von unserm Herrn, ich lauf gleich und gebs an, so krieg ich eine Belohnung, und er wird noch obendrein bestraft.“ Als der König die Reden des Bauern erfuhr, ward er zornig, und hieß den Juden hingehen und den Sünder herbeiholen. Der Jude lief zum Bauer: „ihr sollt gleich zum Herrn König kommen, wie ihr geht und steht.“ „Ich weiß besser, was sich schickt, antwortete der Bauer, erst laß ich mir einen neuen Rock machen: meinst du ich [44] wollte in dem alten Lumpenrock hingehen, wenn ich so viel Geld habe.“ Der Jude sah, daß der Bauer ohne einen andern Rock nicht wegzubringen war, und weil er fürchtete, wann der König seinen Zorn verliere, so verliere er seine Belohnung und der Bauer die Strafe, so sprach er: „ich will euch so lang einen Rock leihen aus bloßer Freundschaft; mein! was thut der Mensch nicht aus Liebe!“ Der Bauer ließ sich das gefallen, zog einen Rock vom Juden an und ging mit ihm fort. Der König hielt ihm die bösen Reden vor, die ihm der Jude hinterbracht hatte. „Ach! sprach der Bauer, was ein Jude sagt, ist immer gelogen, denen geht kein wahres Wort aus dem Munde: der Kerl da ist im Stand und behauptet, ich hätte seinen Rock an!“ „Was soll mir das, schrie der Jude, ist der Rock nicht mein, hab ich ihn nicht aus Freundschaft geborgt, damit ihr vor den Herrn König treten konntet!“ Wie der König das hörte, sprach er: „einen hat der Jude gewiß betrogen mich oder den Bauer!“ und ließ ihm noch etwas in harten Thalern nachzahlen; der Bauer aber ging in dem guten Rock mit dem guten Geld in der Tasche heim und sprach: diesmal hab ichs getroffen!