Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Der große Vater Hu
Untertitel:
aus: Chinesische Volksmärchen, S. 179–181
Herausgeber: Richard Wilhelm
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1914
Verlag: Eugen Diederichs
Drucker: Spamer, Leipzig
Erscheinungsort: Jena
Übersetzer: Richard Wilhelm
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
E-Text nach Digitale Bibliothek Band 157: Märchen der Welt
Eintrag in der GND: [1]
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[179]
60. Der grosse Vater Hu

Der große Vater Hu ist ein Fuchsgeist. Wenn die Füchse mit der Bereitung des Lebenselixiers beinahe fertig sind, so können sie Wunder tun. Sie werden dann in die kaiserlichen Opferlisten eingetragen.

Als die Mandschus nach China kamen, da machten sie Mukden zu ihrem Ahnensitz [180] und errichteten daselbst einen großen Tempel, der einem hohen Würdenträger zum Schutze anvertraut wurde. Alles ist genau so wie an dem kaiserlichen Tempel in Peking.

In diesem Tempel sind Dreifüße und Opfergefäße aufgestellt: alle aus Gold, Silber und Edelsteinen gemacht, die viele Millionen wert sind. Die Diebe tragen wohl großes Verlangen nach ihnen; aber sie kommen nicht heran.

Unter dem Kaiser Hiän Fong lebten drei mächtige Räuber, die konnten über die Dächer fliegen und an den Wänden auf- und abgehen. Wenn sie jemand überraschte, so bliesen sie ihm einen giftigen Rauch ins Gesicht, daß er bewußtlos wurde.

Die brachen bei Nacht im kaiserlichen Tempel ein und stahlen von dem Altar goldene Räuchergefäße, Nephritschalen und silberne Schüsseln. Sie bargen sie an ihrem Busen und kletterten damit die Mauer wieder hinauf.

Da sahen sie einen weißbärtigen Greis auf dem Dachfirst des Tempels sitzen. Der deutete mit der Hand nach ihnen. Da mußten die drei rittlings auf der Mauer sitzen bleiben und konnten nicht herunter. Die Beine waren ihnen wie angenagelt.

Als der Morgen dämmerte, fand sie der Tempelaufseher, Er ließ sie herunterholen und verhören. Da gestanden sie, was sich zugetragen hatte. Der Vorsteher des Tempels machte darauf einen Bericht an den Hof und erhielt die Antwort, daß dem Fuchs eine Opferstelle gewährt werden solle.

Seitdem tut er große Wunder. Er erhielt allmählich den höchsten Beamtenknopf und die gelbe Reitjacke.

In der Mandschurei sind allenthalben Tempel und Bilder für ihn errichtet. Er wird dargestellt als ein würdiger, hoher Mandschubeamter. Die Leute, die dort um Gewährung von Glück und Abwendung des Leides bitten, sind so zahlreich, daß sie sich auf den Fersen drängen und sich mit den Ellbogen stoßen. Im Tempelhofe steht ein großer [181] Räucherofen. Darinnen stecken ganze Wälder von Weihrauchstäbchen. Der Opferrauch steigt in dichten Schwaden empor, und die Asche des verbrannten Papiergeldes fliegt wie Schmetterlinge umher. Die Betenden halten den Atem an, wenn sie sich niederwerfen, und wagen nicht, umherzublicken. Die Leute reden von ihm nur als von dem dritten Vater. Sie wagen das Wort Fuchs nicht auszusprechen. Neuerdings hat seine Verehrung auch in Ostschantung Eingang gefunden und ist jetzt sehr verbreitet.

Anmerkungen des Übersetzers

[399] 60. Der große Vater Hu.

Der Name des Gottes ist: Hu Tai San Yä, „großer, dritter Vater Hu“. Er ist der dritte unter seinen Brüdern. Das Zeichen Hu ist als Familienname geschrieben. Doch wird es genau wie Hu = Fuchs gesprochen. Es widerspräche der Achtung, den Gott als Fuchs zu bezeichnen, da ein Fuchs trotz seiner Zauberkünste ein verächtliches Tier ist. Der mandschurische Einfluß der Sage ist deutlich. Die Tempel dieser Fuchsgottheit haben sich in den letzten Jahren der Mandschudynastie, namentlich in Schantung, einer großen Beliebtheit erfreut.

Kaiser Hiän Fong, der Gatte der Kaiserin Tsï Hi, regierte von 1851 bis 1862.