Der große Friedrich und sein Pasquill


Es ist eine Anekdote, die sich bei uns schon in dem Nebel der Tradition aus der Fridericianischen Zeit verliert, daß der große König, vorüberreitend an einem Menschenhaufen, der einen an der Straßenecke angeschlagenen Zettel begaffte, sich erkundigt, was es bedeute und als er erfahren, daß es ein Pasquill auf ihn selbst sei, befohlen habe, ihn niedriger zu rücken, damit die Leute ihn besser lesen könnten. Eine Geschichte, die voll schöner Bedeutung ist, in Berlin aber, wo sie vorgefallen, schon einen so märchenhaften Anklang gewonnen hat, daß man eben nichts weiter als jene einfache Sage zu erzählen weiß. Wie freute es mich, in einer Stadt, wo ich es am allerwenigsten erwartet, in Upsala, einen noch lebenden Zeugen jener Begebenheit in der Person des Kapellmeisters Heffner, eines eifrigen Enthusiasten für den großen König, vorzufinden.

Textdaten
Autor: Willibald Alexis
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Titel: Der große Friedrich und sein Pasquill
Untertitel:
aus: Berliner Conversationsblatt 1827, 2. Halbband, Nr. 253, S. 1012
Herausgeber: Redigirt von Dr. Friedrich Förster und W. Häring (W. Alexis)
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1827
Verlag: Verlag der Schlesingerschen Buch- und Musikhandlung, in Berlin unter den Linden Nr. 34
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Erscheinungsort: Berlin
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Zur Zeit der unglückseligen Kaffeeregie, sagte er, fand sich in der Nähe des Fürstenhauses eines Tages ein großer Auflauf, indem alles mit lächelnden Mienen um ein hoch an der Ecke angeschlagenes Papier versammelt stand. Ich kam von der Kapelle, einige Notenblätter unter dem Arm, und konnte kaum erfahren, was es bedeute, als Jemand anders herzukam, der es ebenfalls nicht wußte, und doch ungleich mehr bei der Sache betheiligt war als ich. Es war der alte Fritz, der einsam mit seinem Heiducken die Jägerstraße herauf geritten kam. Die Mützen flogen herunter, man gaffte den König an mit lächelnden und doch erschrockenen Mienen, man wich zurück, Niemand aber wagte zu sprechen. Der Monarch schickte nun seinen Begleiter ab um zu erfahren, was es gäbe? Indessen musterte er mit seiner großen Lorgnette die Umstehenden, und ich glaubte sogar zu meiner großen Freude, daß auch mich ein besonderer Blick traf, der zu erkennen gab, daß er sich meiner erinnere. Denn darin war der große Fritz einzig, daß er jeden wieder erkannte, mit dem er einmal gesprochen. Zu mir war er neulich, als ich in meinem Dienste dastand, herangetreten und hatte gefragt: „Er bleibt doch in Berlin?“ Worte, die ich nicht vergessen kann. Der Heiduck kam jetzt lächelnd wieder, und wollte auch nicht recht mit der Sprache heraus: „Sie haben etwas auf Euer Majestät angeschlagen.“ Nun ritt der König etwas näher und sah sich selbst auf dem Bilde, wie er in höchst kläglicher Positur auf einem Fußschemel saß, und eine Kaffeemühle zwischen den Beinen emsig mit der einen Hand mahlte, während er mit der andern jede herausgefallene Bohne auflas. Sobald Friedrich den Gegenstand erkannt, wehte er mit der Hand und rief: „hängt es doch niedriger, daß die Leute sich nicht den Hals ausrecken müssen.“ Kaum war dies ausgesprochen, als ein allgemeiner Jubel ausbrach. Man riß das Bild herab und in tausend Stücke, die Jungen warfen die Mützen und ein allgemeiner Jubelruf: Vivat der alte Fritz! scholl dem langsam fortreitenden Könige nach.

Anmerkung (Wikisource) Bearbeiten

Alexis übernahm diese Version der Pasquill-Anekdote in seine Herbstreise durch Scandinavien, Zweiter Theil, Berlin 1828, S. 339 f. Google, wo er auch Näheres über seine Begegnung mit Kapellmeister Friedrich Haeffner mitteilt.