Der getreue Eckardt der Reisenden

Textdaten
<<< >>>
Autor: D.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Der getreue Eckardt der Reisenden
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 52–55
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1861
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[52]

Der getreue Eckardt der Reisenden.

Seit langer Zeit jedes Jahr, sobald die Reisesaison begann und bis zum Ende derselben, durchwanderte ein Mann von kaum mittlerer Größe, aber starkknochig und wohlbeleibt, mit festen, fast harten Zügen, aber gar gutmüthigen und klugen Augen in dem breiten Gesicht, in sehr bescheidenem Anzuge, namentlich mit hoher breitschirmiger Mütze, in tüchtigen Schuhen und Gamaschen, den Regenschirm vorn am obersten Knopfe des Rockes, ohne alles Gepäck bis auf eine von vielem Gebrauch fast schwarz gewordene Reisetasche, Deutschland, oder die Schweiz, oder die Niederlande, oder Italien. Und alle seine langen und wiederholten Wanderungen machte er weder zu seinem Vergnügen, noch aus Rücksicht auf seine Gesundheit; er unternahm sie nur im Interesse anderer Reisenden.

[53]

Karl Bädeker.

Er hatte sich selbst das Amt und die Pflicht auferlegt, alle schönen Aussichtspunkte und die bequemsten dahin führenden Wege aufzusuchen, um Andere darauf aufmerksam zu machen. Er musterte die Merkwürdigkeiten und Sehenswürdigkeiten jedes Ortes und erprobte, in welcher Ordnung und Reihenfolge man sie mit dem wenigsten Zeitaufwande und doch am zweckmäßigsten besichtige; er unterließ sogar nicht zu notiren, wie viel man da und dort Trinkgeld zu zahlen habe. Namentlich hielt er strenge Revision in den Gasthäusern, und wehe dem Wirth mit hohen Rechnungen und schlechten Betten, wehe den trägen Kellnern und hochmüthigen Portiers! Nichts entging seinem scharfen Blicke und seinem unermüdlichen Forschen. Ueberall war er gewesen, alles hatte er gesehen, beobachtet und mit der rücksichtslosesten Unparteilichkeit beurtheilt und notirt. So kam es denn – und es ist kaum zu verwundern – daß dieser vor allem praktische und prosaische Mann in unserer nichts weniger als poetischen Zeit der Eisenbahnen und Telegraphen eine Art Märchen-Figur in Deutschland wurde, etwa wie Rübezahl sonst in dem schlesischen Gebirge, und daß die Sage ihn bald in dieser, bald in jener Gestalt, bald hier, bald dort, ja gleichzeitig an weitentfernten Orten, bald als Schutzgeist irgend eines geprellten Reisenden, bald als Plagegeist in einem Wirthshause erscheinen ließ. Die Anekdoten über dergleichen sind zahllos. Ja man wollte sogar [54] wissen, und hat es trotz aller Widerlegung fort und fort behauptet, seine Landesregierung habe das in Deutschland bis dahin Unerhörte gethan, sie habe ihm nämlich mehrere Pässe auf verschiedene Namen gegeben, damit er in um so sicherem Incognito reise und sein Revisionsamt zum Frommen aller Reisenden um so ungestörter verrichten könne.

Auf der andern Seite fehlt es nicht an Erzählungen, wie irgend ein Abenteuerer oder Spaßvogel den Namen des Gefürchteten angenommen habe, um sich in einem Gasthofe gute Aufnahme, aufmerksame Bedienung und billige Rechnung zu verschaffen, oder auch wie man irgend einem Wirthe, der eine Revision seines Hauses wohl zu scheuen hatte, telegraphisch oder brieflich angezeigt, an dem und dem Tage werde der Wohlbekannte, diesmal unter dem und dem Namen, erscheinen, man möge sich das gesagt sein lassen. Natürlich wurde der also vorher angemeldete und bezeichnete arglose Fremde, der von nichts wußte, wie ein incognito reisender Fürst empfangen und konnte sich nicht erklären, warum man in dem Hause ihn mit Aufmerksamkeiten überhäufe, während der, welcher sich solchen Scherz erlaubt hatte, den Wirth dann gelegentlich verhöhnte. Welchen Kummer mag es auf der andern Seite dem Wirth gemacht haben, der den unscheinbaren Reisenden in ein gar schlimmes Bette hatte legen lassen und nachher, zu spät, erfuhr, der sei sein Gast gewesen, welchen er besser und sorgsamer behandelt haben würde als irgend einen andern, wenn er gewußt, wen er unter seinem Dache beherberge.

Der Mann aber, der alljährlich im Interesse aller Reisenden und zum Schrecken aller Wirthe solche Wanderungen unternahm, war der Buchhändler Karl Bädeker in Coblenz, der Herausgeber der nach seinem Namen genannten, allbekannten und allbenutzten rothen Reisehandbücher, die als treue Gefährten und zuverlässige Führer dem Wanderer an allen Orten, die er besucht, über alles Auskunft geben, ihn auf alles aufmerksam machen und es auch gelegentlich an nützlichen Warnungen nicht fehlen lassen. Jetzt, wo der wackre Mann unter dem grünen Rasen ruht, dürfen wir – was früher um seiner Zwecke willen nicht statthaft – sein sehr gut getroffenes Portrait bringen.

Man darf wohl behaupten, daß, wie die Eisenbahnen und Dampfer die Reiselust in nie vorher bekanntem Maße gefördert, das Reisen selbst aber in gleicher Weise erleichtert, die Bädekerschen Handbücher erst ein recht fruchtbringendes Reisen (in Mitteleuropa möglich gemacht haben; denn wer nach Anleitung dieser rothen Bücher reist, kann überzeugt sein, daß eigentlich Bedeutendes ihm nicht entgeht, während er vor Zersplitterung an Zeit und Aufmerksamkeit auf Kleinigkeiten verschont bleibt. Sie können deshalb ebensowenig entbehrt werden wie Koffer und Reisetasche und sie haben überdies den Vortheil, daß sie beinahe so gefürchtet sind wie es der Herausgeber selbst war. Erscheint ein Reisender mit dem rothen „Bädeker“ in der Hand, so wissen die Lohndiener und Wirthe, daß er zu den Kluggewordenen gehört und so wenig zu betrügen ist, wie ein erfahrener Einheimischer. Das ist freilich Vielen, die auf unerfahrene Reisende speculiren, denen etwas geboten werden kann, sehr ärgerlich. So kam vor einiger Zeit ein privilegirter Lohnkutscher zu Basel in höchstem Verdruß zur Polizei und zeigte da unwirsch an, er habe sich entschlossen sein Geschäft aufzugeben. Als der Beamte dem stadtbekannten, grollenden alten Mann freundlich zu- und abredete, versetzte der gereizte Pferdemann: „Nein! man wird jetzt seines Lebens nicht mehr froh, seit die verfluchten rothen Bücher da sind.“

Karl Bädeker war 1801 zu Essen an der Ruhr geboren, hatte schon als Knabe über die Siegesbotschaft aus Leipzig laut gejubelt und 1815 bei Napoleons Wiederkehr seinen Vater bestürmt, ihn mitziehen zu lassen gegen den Feind des Vaterlandes. Dies konnte dem Knaben nicht gestattet werden, der dagegen 1817 nach Heidelberg kam, um da die Buchhandlung zu erlernen. In der berühmten Universitätsstadt erwachte aber auch sein Wissensdurst so mächtig, daß er sich inscribiren ließ und ein Jahr lang Vorlesungen über Geschichte und Philosophie hörte. Nachdem er 1822 in Wetzlar sein Freiwilligen-Dienstjahr unter den Jägern bestanden hatte und als Lieutenant der Landwehr zugetheilt worden war, verbrachte er zwei für ihn sehr fruchtreiche und anregende Jahre in dem Hause des berühmten Buchhändler Reimer in Berlin, im Jahre 1827 endlich gründete er in Coblenz die Buchhandlung, der er so bedeutendes Ansehen verschaffen sollte.

Auf den Gedanken, zunächst sein Reisehandbuch für Deutschland zu schreiben, kam er zuerst, als er in den Händen aller die Rheinlande so zahlreich besuchenden Engländer das bekannte rothe englische Reisehandbuch des Buchhändlers Murray in London sah. Auch legte er dies dem seinigen anfangs zu Grunde, wie er wohl auch den damals noch ziemlich in Ansehen stehenden „Passagier auf Reisen“ von Reichardt dabei benutzte. Aber er erkannte sehr bald und zuerst vor Allen, daß sein Buch an sehr vielen Fehlern, Mängeln und Ungenauigkeiten litt, machte deshalb mehr als die Hälfte aller von ihm gedruckten Exemplare zu Maculatur und gab eine revidirte, viel verbesserte neue Auflage heraus, die den verdienten Beifall fand. Diesem ersten folgte die „Rheinreise“, „die Schweiz“ (später sein Lieblingsbuch, mit dem er selbst am meisten zufrieden war), „Belgien, Holland und Paris“, so wie die übrigen: „Oesterreich und Oberitalien“, „Tyrol und Salzburg“ etc., die alle bereits eine Frucht seiner aufmerksamen und sorgfältigen Wanderungen waren. Da aber stets überall Neues auftaucht und Altes verschwindet, kurz Aenderungen eintreten, welche die sonst genaueste Beschreibung unrichtig erscheinen lassen, so machte Bädeker, wie oben gemeldet, jährlich seine Revisionsreisen, um für die immer nöthig werdenden neuen Auflagen seiner Bücher an Ort und Stelle Berichtigungen zu sammeln und ihnen so die größtmögliche Zuverlässigkeit und Vollständigkeit zu geben.

Hatte er in dieser Weise den Sommer hindurch mit wahrem Bienenfleiße, unter allerlei Mühen und Beschwerden, eingetragen, so saß er dann den Winter über buchstäblich vom frühesten Morgen bis in die späteste Nacht hinein an seinem Schreibpult, um seine tausend und abertausend gesammelten Notizen, nebst den ihm in vielen Hunderten von Briefen zugegangenen Andeutungen, Bemerkungen und Berichtigungen zu ordnen und für die neuen Auflagen zu verwenden. Denn seine Bücher würden trotz dem ungewöhnlichen Fleiß des Mannes, eines Einzelnen, nicht so zuverlässig und vortrefflich geworden sein, wenn nicht das große reisende Publicum selbst sich als Mitarbeiter betheiligt und ihm viel Nutzbares zugetragen oder ihn auf Irrthümliches aufmerksam gemacht hätte. Bädeker selbst kannte bei solchen Winterarbeiten weder Sonn- noch Festtag. Und eins seiner Hauptverdienste darf nicht vergessen werden: was er schrieb, trug den Stempel der Wahrheit an sich, und schonungslos sprach er den Tadel aus, wo er begründet war. Er hätte viel erzählen können von Cigarrenkisten und Champagnerkörben, die er solchen, welche seine Empfehlung suchten, mit der kalten Ruhe eines Ehrenmannes zurücksandte, nicht selten mit der Bemerkung, daß seine Empfehlung um keinen Preis käuflich sei, daß aber Freundlichkeit, auch gegen unscheinbar aussehende Fremde, die Haupttugend eines Wirthes ausmache. Ein Fall solcher Art möge hier erzählt sein:

Wir haben gesehen, wie gar bescheiden das Aeußere Bädeker’s war, wenn er sich auf Reisen befand. So kam er denn eines Abends, ermüdet von langer Fußwanderung, nach Vevey und wollte da in einem der ersten Hotels Nachtquartier nehmen. Mit dem Dampfer war eben eine große Menge von Fremden mit zahllosen Koffern, Taschen und Schachteln angekommen, und die Kellner achteten nicht im Geringsten auf den schlichten Mann, der sich denn auch lange in das Unvermeidliche geduldig fügte. Als ihn endlich ein Kellner in nicht weniger als freundlichem Tone nach seinem Begehr fragte, verlangte Bädeker ein gutes Zimmer mit der Aussicht auf den See. Der Kellner führte ihn in das dritte Stock und zwar in ein Zimmer, das in den Hof hinaussah. Das verschmähte unser Reisende, der mit dem Wirthe selbst zu sprechen verlangt, als ihm erklärt worden war, es sei kein anderes Zimmer im ganzen Hotel frei. Der Wirth wußte ihm allerdings noch ein anderes Zimmer zu schaffen, aber eine Revision des Bettes zeigte sehr unangenehme Mängel. Ueberdies war die Bedienung eine sehr nachlässige und unfreundliche, wie die Speisen viel zu wünschen übrig ließen. Bädeker, der keine zu großen Ansprüche machte, grollte mit Recht. Endlich wurde ihm das Fremdenbuch vorgelegt, und kaum hatte der Wirth daraus ersehen, daß der von ihm nichts weniger als aufmerksam behandelte Fremde kein anderer als der von allen Gastwirthen Gefürchtete selbst sei, als er herbeieilte und unter den tiefsten Bücklingen, so gut als es eben gehen wollte, sich zu entschuldigen versuchte. Bädeker hielt ihm aber rückhaltslos sein langes Sündenregister vor und erklärte ihm zuletzt, er könne in dem Reisehandbuch das Sternchen nicht mehr stehen lassen, mit dem der Name des betreffenden Gasthauses bis dahin als Auszeichnung versehen gewesen. Trotz [55] aller Bitten und Beschwörungen des reuigen Wirths führte Bädeker aus, was er gesagt hatte, und in der einen Auflage fehlte das Sternchen. Nach Verlauf der neuen Reisesaison erhielt Bädeker einen äußerst kläglichen Brief von jenem Hotelbesitzer, der unter Anderm schrieb: „Der mir durch Auslassung meines Sternes in Ihrem Buche erwachsene Schaden war zu groß, als daß ich mir ein Vergehen gegen Reisende von Neuem sollte zu schulden kommen lassen, ich bitte also mein Haus wieder anzuführen wie sonst, und füge beifolgende Zeugnisse bei.“ Erst nachdem der gewissenhafte Bädeker sich durch Aussage zuverlässiger Freunde überzeugt hatte, daß jener Wirth in der That gründlich sich gebessert, erfüllte er den Wunsch desselben, doch nicht ohne ihn noch einmal brieflich mit allem Ernst zu ermahnen.

Sein gutes Herz bethätigte er unter Andern in einer Weise, die der Mittheilung werth ist. Wir wissen, daß er Lieutenant bei der Landwehr war. Er kam seinen Pflichten als solcher stets mit der gewissenhaftesten Pflichttreue nach, es entging ihm dabei aber auch während der alljährlichen vierzehntägigen Uebungen nicht, ein wie trauriges Gesicht mancher der einberufenen Landwehrmänner machte,und wie manche Thräne heimlich der und jener Familienvater vergoß, der seine Familie in Noth hatte verlassen müssen. Als später gar häufig Mobilmachungen eintraten, veranlaßte ihn sein Mitleid zu einer Stiftung für arme Frauen seines Landwehrbezirks. Er setzte ein Capital von 1000 Thlr. aus, von dessen Zinsen solche arme Frauen unterstützt werden sollten, und meldete dies dem Kriegsministerium in Berlin. Kaum aber war das Schreiben abgegangen, als ihm einfiel, man könne „oben“ aus der Stiftung wohl gar Veranlassung nehmen, ihn mit einem Orden oder dergleichen für seine That belohnen zu wollen. Er sandte deshalb sofort ein zweites Schreiben des Inhalts nach, daß er nicht nur jede etwaige Belohnung ablehnen, sondern sogar seine Stiftung zurückziehen würde, wenn man ihn etwa zu einem Orden und dergleichen vorschlage.

Die Mobilmachung im Jahre 1859, die seine Söhne zum Dienst berief, machte es ihm zum ersten Male unmöglich, seine gewohnte Inspektionsreise zu unternehmen; er hoffte zwar sie noch im Herbst nachholen zu können, aber auch diese Hoffnung täuschte ihn, denn statt seiner gewöhnlichen Wanderung mußte er „die große Reise in das unbekannte Land“ antreten. Er erkrankte, aber muthig und unerschrocken, wie er stets im Leben gewesen, sah er dem Tode entgegen. Mit seiner gewohnten Klarheit und Umsicht benutzte er die schmerzlosen Zwischenzeiten seiner Krankheit (Brustkrämpfe), um sein Haus zu bestellen und namentlich auch Anordnungen zu treffen, damit seine Reisehandbücher auch nach seinem Tode in ihrer Zuverlässigkeit sich erhielten. „Die ganze Stadt Coblenz erschrak, als sie von seinem Tode hörte,“ sagte der Pfarrer in seiner Gedächtnißrede. Ein anderes Beispiel von der Theilnahme, die er in allen Kreisen fand, ist folgendes: Als es mit seiner Krankheit schlimmer und schlimmer geworden war, erschien ein Officier von sehr hohem Rang, unter welchem er vor mehr als 40 Jahren als freiwilliger Jäger gedient hatte, jeden Morgen zur bestimmten Stunde in dem Buchladen und frug mit soldatischer Kürze: „wie geht’s?“ Als er am letzten Morgen (4. October 1859) ebenfalls kam, um sich zu erkundigen, und man ihm auf seine gewöhnliche Frage antwortete: „heut früh ist er gestorben,“ rief der Mann erschrocken aus: „gestorben?“ eilte durch das Haus die Treppe hinauf in das Sterbezimmer, legte hier die Hand auf die kalte Stirn des Entschlafenen und sprach mit tiefem Athemzuge: „alter Schütze, braver Mann, leb wohl!“

Ja, ein braver Mann war Karl Bädeker, ein Mann, dem stets sein einfaches Wort soviel galt als ein Eidschwur, ein Mann mit felsenfesten Grundsätzen, aber mit weichem Herzen und freigebiger Hand; ein echter Bürger, dem das Wohl Aller jeder Zeit höher stand als das eigene Behagen, und der viel von seiner ihm karg zugemessenen Zeit den öffentlichen Angelegenheiten seiner Heimathsstadt widmete; ein deutscher Patriot, dem das Wohl und die Ehre des Vaterlandes über Alles ging und der ihm jedes Opfer zu bringen bereit war. „Nur von Frömmigkeit und vom Bekenntniß hat er nie viel, schier zu wenig gesprochen,“ hieß es in der schon erwähnten Gedächtnißrede des Geistlichen, und in Bezug auf diese Aeußerung findet sich in der „Hundsrücker Chronik“ die Erläuterung: „Bädeker war allerdings von jenen Naturen eine, welche, in tiefem Abscheu vor der Afterfrömmigkeit oder auch, vor dem Geräusch und Gebehrdenspiel des Glaubens, ihren Glauben als das wesentlichste Eigenthum und höchste Gut mit großer Scheu im Herzen hüten, ja mit jungfräulichem Schleier vor fremden Augen verschließen. Nur mit den Vertrautesten redete er davon in geweihten Stunden.“

Die Trauer um den Tod des verdienten Mannes hallte wieder durch ganz Deutschland, und im Stillen freuete sich darüber höchstens ein Gastwirth, vor dessen Hause Bädeker die Reisenden gewarnt. Als charakteristisch aber ist noch beizufügen, daß dem langen Zuge der Leidtragenden, der sich am 7. October 1859 durch Coblenz bewegte, als Repräsentant der großen Zunft der dankbaren Reisenden, um welche der Verstorbene sich so hochverdient gemacht hatte, ein fremder Tourist im Reiseanzug sich anschloß und in der Hand das rothe Buch trug, wie bei andern Begräbnissen Einer wohl die Orden des Verstorbenen trägt.
D.