Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Der gefangene Riese
Untertitel:
aus: Die Neue Welt
Nr.1, S.14
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Goldhausen
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
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[14]

Der gefangene Riese.
Kein Märchen.      Von Rudolf Lavant.

Er rang sich wund an seinen Ketten
Verzweiflungsvoll in strenger Haft,
Und nimmer hofft er sich zu retten
Aus dem Verließ durch eigne Kraft,

5
Und Sonnenlicht und Wellenrinnen

Und Finkenschlag und Fichtenduft,
Sie wurden seinen trüben Sinnen
Zu Traum und Schaum im Bann der Gruft.

Es starrt sein Blick in öde Weiten

10
Und grau ist alles, todt und kalt.

Da sieht er schlüpfen es und gleiten
Behend durch jeden Gitterspalt,
Und Zwerglein sieht er dann erscheinen
In knappen Wämsern, silbergrau,

15
Und all’ die fünfundzwanzig Kleinen,

Sie nicken tröstend ihm und schlau.

Und emsig trippelnd sieht er eilen
Ans Rettungswerk den Zwergenschwarm,
Und emsig, unermüdlich feilen

20
Die Fesseln sie von Fuß und Arm.

Sie sehn mit kicherndem Gelächter,
Wie er die Eisenthür erbricht ―
Er fällt mit einem Schlag den Wächter
Und stürmt empor zu Luft und Licht.

25
Es fliehn mit schreckensbleichen Wangen,

Die lange sicher sich geglaubt,
Seit sie den Mächtigen gefangen
Und Reich und Freiheit ihm geraubt.
Er war im Kerker wohl verdorben,

30
Von wannen keine Wiederkehr,

Er war vielleicht bereits gestorben ―
Sie durften schwelgen nach Begehr.

Nun steht er da ― sein Auge lodert.
Zerstoben ihr gestohlen Glück!

35
Mit drohender Geberde fordert

Sein Recht der Schreckliche zurück.
Es scheucht der Anblick seiner Züge
Den Troß, der lange ihn verlacht,
Es flüchtet die entlarvte Lüge

40
Zurück ins Schattenreich der Nacht.


Und Jubel weckt in Feld und Gassen
Das Tagen einer bessern Zeit,
Und freudig zeigt der Fürst den Massen
Die Zwergenschar, die ihn befreit.

45
Er neigt sich dankend vor den Kleinen,

Die ihn erlöst aus Kerkerdunst ―
Ja, als Erretter darf erscheinen
Dem Menschengeist die Druckerkunst. ―