Textdaten
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Autor:
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Titel: Der alte Wilderer
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 145, 148
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1887
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[145]

Der alte Wilderer.
Nach dem Oelgemälde von H. Schlitt.

[148] Der alte Wilderer. (Mit Illustration S. 145.) Keine Leidenschaft ist unbesiegbarer als die, welche den Wildschützen zwingt, zur Büchse zu greifen und seinem verbrecherischen Gewerbe sich hinzugeben. Der Wilderer, der aus dem Gefängniß entlassen wird, benutzt die ersten Stunden seiner Freiheit, um zu dem geliebten Raubgewerbe zurückzukehren, das ihn hinter Schloß und Riegel brachte. Nichts kann ihn von dem verbotenen Wege ablenken, nicht die Thränen der Gattin, das Hungern seiner Kinder: er ist nur in der Zeit kein Wilderer, wo ihn die Eisengitter des Kerkers vom Walde trennen.

Verhaßt ist ihm Jeder, der seinem nichtsnutzigen Thun entgegentritt, in erster Linie der pflichtgetreue Forstmann, der Heger und Pfleger des Wildes, und kreuzen sich ihre Wege, so ist vom Wilderer zum Verbrecher nur ein Schritt. Wie mancher brave Grünrock tränkte nicht im deutschen Walde, von der meuchlerischen Kugel des Wildschützen durchbohrt, das Moos mit seinem Blute!

Wie unschuldig läßt uns der Künstler auf seinem Bilde den alten weißhaarigen Raubschützen erscheinen, der mit seinem rostigen Feuerschloßgewehre von Anno 13 hinter der Bretterwand auf dem Anstande sitzt. Vor sich hat er eine Anhöhe, und wenn Meister Lampe aus dem Holze „rückt“, um auf Klee oder junger Saat zu „äsen“, zeichnet er sich dort oben scharf vor dem röthlichen Abendhimmel ab und bietet den vom Alter geschwächten Augen noch einen sichern Zielpunkt. Das sieht so harmlos aus; aber das bewegte, vielleicht verbrecherische Leben, das der Alte hinter sich hat, und sein böses Gewissen hat uns der Künstler nicht zum Ausdruck bringen können, wohl aber, daß das Wildern eine Leidenschaft ist, die selbst das Alter, sonst der beste Arzt für fast alle Leidenschaften, nicht zu kuriren versteht. Und ansteckend, das zeigt uns der Künstler, ist diese Leidenschaft auch. Die Enkel des Alten zittern vor Aufregung und Erwartung, vor Jagdfieber, daß der zweite Hase vor dem Abendhimmel erscheint. Die böse Saat ist gesäet und aufgegangen, und wenn sie die Knabenschuhe ausgezogen haben, werden sie in die Fußstapfen ihres Ahnen treten.