Der Vampyr, romantische Oper in drei Akten

Textdaten
Autor: Cäsar Max Heigel; Musik: Peter Joseph von Lindpaintner
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Titel: Der Vampyr
Untertitel: Romantische Oper in drei Akten, nach Lord Byron’s Dichtung
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Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1828
Verlag: Franz Seraph Hübschmann
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Erscheinungsort: München
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Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons und bei MDZ München
Kurzbeschreibung: Oper basierend auf Der Vampyr von John Polidori
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[1]
Der Vampyr.
Romantische Oper in drei Akten,
nach Lord Byron’s Dichtung
von
C. M. Heigel,
mit Musik
von
P. Lindpaintner.



München, 1828.
Gedruckt bei Franz Seraph Hübschmann.


[2]
Personen.


Graf Aubri.
Ingnerand, Graf von Port d’Amour.
Isolde, seine Tochter.
Hippolyt, Graf von Damartin, ihr Verlobter.
Morton, Pächter von Aubri’s Gütern.
Lorette, seine Tochter.
Lavigne, ihr Bräutigam.
Etienne, Schloßgärtner zu Port d’Amour.
Balbine, Isoldens Erzieherin.
Chor der Hochzeitsgäste.
Chor der Landleute.
Chor der Vampyre.


[3]
Erster Akt.


Nr. 1. Introduktion.


Chor der Landleute.
Geschwinde, geschwind!
Es dränget die Zeit,
Die Feier beginnt,
Das Fest sey bereit.

5
Auf rüstet die Maien

Und windet den Kranz!
Es locken Schalmeyen
Zum fröhlichen Tanz!

Lavigne.
O wie fröhlich,

10
Überselig

Fühl’ ich mich in der Natur!
Munt’re Lieder
Tönen wieder
Aus dem Haine, von der Flur.

15
Durch die Lüfte

Wehen Düfte
Süß und würzig, wie der Süd.
Saat und Felder,
Matt’ und Wälder

20
Alles knospet, Alles blüht.
[4]

Chor.
Es lächelt die Sonne
So freundlich und hell,
Es regt sich die Wonne,
Ein sprudelnder Quell.

25
Auf rüstet die Maien

Und windet den Kranz!
Es locken Schallmeyen
Zum fröhlichen Tanz.

Lavigne.
Heute ist Isoldens Fest,

30
Morgen feiert ihr das meine,

Wo ich stattlich, goldbetreßt,
Mit der holden Braut erscheine.
Sparet nur zu dieser Feier
Blumen auf und Bänderkram,

35
Morgen tönet mir die Leier,

Denn auch ich bin Bräutigam.

Chor.
Glück und Heil, Herr Bräutigam!

Balbine.
Wehe! Weh!

Chor.
 Was ist gescheh’n?

Balbine.

40
Ach, ich muß vor Angst vergeh’n! –


Chor.
Sprecht Ihr uns’rer Freude Hohn?

[5]

Balbine.
Ach! Isolde ist entfloh’n!

Chor.
Wie? Isolde?

Balbine.
 Sie ist fort!

Chor.

45
Wehe! weh! welch’ Donnerwort!


Balbine.
Mit dem Vater und Verlobten
War sie gestern auf der Jagd,
Donner rollten, Stürme tobten,
Und die Jäger, schnell verzagt,

50
Kehrten zu dem Schloß zurück,

Doch Isolden sah kein Blick.

Chor.
Wehe, weh! sie ist dahin.

Lavigne.
Aufwärts wendet jetzt den Sinn
Zu dem güt’gen Vater hin,

55
Fleht gebeugt den Ew’gen an,

Der allein sie retten kann.

Chor.
Allmächtiger, Wir flehen hier im Staube,
Beschütze sie mit mächt’ger Vaterhand!
O! laß’ sie nicht dem Elende zum Raube,

60
Erhalte, rette sie vom Grabesrand.
[6]
Nr. 2. Romanze.


Etienne.
Ein Vampyr nimmt wohl die Gestalt
Von jedem Menschen an,
Doch nie erscheint er schwach und alt,
Stets als ein junger Mann:

65
Sein Antlitz und sein Leib ist schön,

Er weiß die Worte glatt zu dreh’n;
Doch in dem Auge, schuldbewußt,
Brennt tief das Feuer böser Lust.
Seht ihr im Aug’ den düstern Schein,

70
So denkt, es muß ein Vampyr seyn.


Chor.
Sieht man im Aug’ den düstern Schein,
So kann es wohl ein Vampyr seyn.

Etienne.
Bald schüchtern naht er und bald keck,
Er spricht von Liebespein;

75
Ganz schlau verfolgt er seinen Zweck

Und schläfert Vorsicht ein.
Doch schmückt ihn nicht der Unschuld Roth,
Sein Angesicht ist bleich wie todt,
Und wenn er lächelt, schaut er aus,

80
Als käm’ er aus dem Leichenhaus.

Sieht einer blaß und schmachtend drein,
So denkt, das kann ein Vampyr seyn.

Chor.
Sieht einer blaß und schmachtend drein,
So kann es leicht ein Vampyr seyn.

Etienne.

85
D’rum, Mädchen, nehmt Euch wohl in Acht

Vor solcher Zauberkunst,

[7]

Ein Vampyr ist ein Kind der Nacht,
Und Tod bringt seine Gunst.
Hat er ein armes Kind berückt,

90
Und mit dem Höllennetz umstrickt;

So stirbt sie schnell in seinem Arm.
Er saugt ihr Blut vom Herzen warm.
D’rum präget Euch die Warnung ein:
Wohl Mancher kann ein Vampyr seyn.

Chor.

95
Mit Keinem lassen wir uns ein,

Jedweder kann ein Vampyr seyn.


Nr. 3. Arie mit Chor.


Hippolyt.

Recitativ.

Isolde! kühn mag’ ich für dich mein Leben,
Der Hölle Schrecken selbst macht mich nicht beben.
Für dich bekämpfe ich des Feuers Glut,

100
Für dich – der Wogen wilde Flut.


Arie.
Ja, mich beseelet hohe Liebe,
Die Flamme lodert hehr und rein;
Sie ist der mächtigste der Triebe,
Für sie will ich dem Tod mich weih’n.

105
Isolden zu retten

Von schmählichen Ketten,
Das fordert mein Muth!

Chor.
Welche Glut!

[8]

Hippolyt.
Und dräuen mir Drachen

110
Mit sprühenden Rachen,

Noch bleibt mir mein Stahl!

Chor.
Kühne Wahl!

Hippolyt.
D’rum fort, den heißen Kampf zu wagen,
Wer wahrhaft liebt, kennt kein Verzagen,

115
Ich weihe mich dem Tod allein!


Chor.
O halt’ ein!

Hippolyt.
Rühren Euch der Liebe Thränen,
Kennet Ihr des Mitleids Sehnen?
Fühlet ihr mit mir mein Leid?

120
O, so theilt mein heisses Sehnen,

Wagt mit mir den kühnen Streit.

Chor.
Ja, wir wollen kühn es wagen,
Fort mit allem feigen Zagen,
Selbst zur Hölle folgen wir.

Hippolyt.

125
Ha! nun mag die Hölle dräuen,

In dem Schutze dieser Treuen,
Folg’ ich dir, Isolde, dir!

[9]

Alle.
Fort, nur fort!
Unverzagt,

130
Kühn gewagt;

Muth und Kraft,
Rettung schafft!
Fort, nur fort!

Hippolyt.
Isolde!

Chor.

135
Isolde! – Wie, Isolde? – Ja, sie ist es ja!


Hippolyt.
Isolde! dir bin ich nun nah!

Isolde.
O Hippolyt! O du mein Leben!

Hippolyt.
Isolde! Ach, welch’ süßes Beben!

Chor.
Wir fanden sie wieder die liebliche Braut,

140
Nun weiht euch der Freude und rufet laut:

Es locken Schallmeyen,
Zum fröhlichen Tanz!
Auf! rüstet die Maien
Und windet den Kranz!

Isolde.

145
Halt! Nichts vom Kranz!
[10]

Hippolyt.
Dort schmücken Blumen schön die Pforten?

Isolde.
Du tödtest mich mit diesen Worten.

Hippolyt.
Was soll die Scheu? der trübe Blick?

Isolde.
Nur dir kann ich es sagen,

150
Nur dir mein Leiden klagen,

O sende sie zurück.

Chor.
Was soll der trübe Blick?

Hippolyt.
Dank soll Eurer Treue werden,
Doch nun zögert länger nicht,

155
Denn der bangen Flucht Beschwerden

Machen Ruhe ihr zur Pflicht.

Chor.
Still den Hütten
Zugeschritten,
Gönnt Isolden Ruh!

160
Gern allein

Will sie seyn,
Eilet still den Hütten zu;
Denn nur Einsamkeit giebt Ruh!
Fort, nur fort!

165
Stille, still!

Fort, nur fort!

[11]
Nr. 4. Duett.


Hippolyt.
Mag sich auch das Leben schmücken
Mit der Hoheit Glanz und Schein,
Eines nur kann mich beglücken,

170
Lieben und geliebet seyn.


Isolde.
Ach, der Hoheit reiche Gabe
Birgt oft nur ein drückend Joch,
Wirf sie hin, die ganze Habe,
Bleibet nur die Liebe noch.

Hippolyt.

175
Höher glüh’n der Unschuld Farben,

Wenn mit ihr die Liebe kost.

Isolde.
Und wenn alle Freuden starben,
Dann gewährt noch Liebe Trost.

Hippolyt.
Gieb mir Liebe, gieb mir Treue!

Isolde.

180
Bald wird sie mir süße Pflicht.


Hippolyt.
Ohne Zwang und ohne Reue –

Isolde.
Glaub’ an mich, doch frage nicht.

[12]

Beide.
Auch in Hymens Rosenbanden
Herrsche Liebe nur allein,

185
Bis die letzten Tage schwanden,

Soll sie uns’re Losung seyn.


Nr. 5. Recitativ.


Isolde.
Weh’ mir! denn dies Gefühl ist nur Betrug.
Mein Herz schlägt nicht mehr seiner Liebe.
Seit dieser Nacht trifft mich der Hölle Fluch!

190
Es nährt die Brust verbot’ne Triebe.

Bald flüstert es, – bald ruft es laut:
Du, du, du bist der Hölle Braut.

Arie.
Es fliegt die Brust, es pocht das Herz –
Es irrt das Aug’ in öden Räumen.

195
Wer fühlet meinen tiefen Schmerz?

Wer rettet mich von diesen Träumen?
Der Freude Harmonieen schweigen,
Der Jugend Frohsinn ist dahin.
Wie Klage klingt der Hochzeitreigen,

200
Der Brautkranz wird zum Rosmarin.

Ach, die Zeiten sind verschwunden,
Wo ich froh und glücklich war.
Heiter flohen mir die Stunden,
Freundlich winkte der Altar.

205
Und der Liebe süsses Spiel

War der Wünsche reines Ziel.
Da erscheint ein finst’rer Geist,
Der mich in den Abgrund reißt. –
Es fliegt die Brust, es pocht das Herz,

210
Es irrt das Aug’ in öden Räumen,

Wer fühlet meinen tiefen Schmerz,

[13]

Wer rettet mich von diesen Träumen?
Nichts kann, nichts wird mein Schicksal wenden,
Der Tod, der Tod nur kann es enden.


Nr. 6. Arie.


Graf v. Port d’Amour.

215
Bald lehrten Roma’s Säulenhallen,

Wie Reiche blühen und vergeh’n,
Bald sah man uns in Hainen wallen,
Wo Palmen und Oliven weh’n.
Dort an dem attischen Gestade

220
Erschloß sich uns ein neues Seyn;

Ein süsser Wahn zeigt die Najade
Noch in dem dunkeln Myrthenhain,
Wenn am Olympos Donner drohen,
So glauben wir an Zeus Gewalt,

225
Und rings umstehen uns Heroen,

Und Helios ist es, der uns strahlt.
Doch ruf’ ich wehe, weh’ dem Land!
Mein schönstes Glück sank dort hinab;
Denn ferne an dem griech’schen Strand

230
Steht meines theu’ren Freundes Grab.


Nr. 7. Finale.


Graf v. Port d’Amour.
Nun auf! die Hochzeitfackel blinkt.

Hippolyt.
Des Lebens Lust uns leuchtend winkt.

Isolde.
Die Pflicht gebeut, die Hoffnung sinkt.

[14]

Graf v. Port d’Amour und Hippolyt.
Nicht länger laß’ uns weilen.

Isolde.

235
Ha! welch ein Augenblick!


Graf v. Port d’Amour und Hippolyt.
Laß’ uns zum Altar eilen.

Isolde.
Ich folge. – O Geschick!

Graf v. Port d’Amour.
Dieser Bund sey heil’ge Pflicht.
Tochter, länger zög’re nicht.

Isolde.

240
So sey es geschlungen, das heilige Band.


Graf v. Port d’Amour und Hippolyt.
Süsse Lust!

Isolde.
Ich reiche dir willig die bebende Hand.

Graf v. Port d’Amour und Hippolyt.
Jauchze Brust!

Isolde.
Kein Zweifel soll künftig die Liebe entweih’n.

[15]

Graf v. Port d’Amour und Hippolyt.

245
Schwör’ es laut!


Isolde.
Mein Hippolyt! ewig nun bleibe ich dein!

Graf v. Port d’Amour und Hippolyt.
Holde Braut!

Alle.
Nun erst lächelt uns die Sonne,
Und die bange Sorge flieht.

250
Wonne ist es, Himmelswonne,

Die in jedem Herzen glüht.

Chor.
Laßt die Schellentrommel klingen,
Jauchzet in den Sang und Tanz!
Freude regt die gold’nen Schwingen,

255
Freude nur beherrscht uns ganz.


Chor der Mädchen.
Sieh die Blumen, die wir streuten,
In der Farben bunten Glanz,
Glück nur sollen sie bedeuten.
Liebe wand den Blüthenkranz.

Chor der Jünglinge.

260
Heiter sey dein ganzes Leben,

Stark und fest der Liebe Band,
Und dein Abend soll entschweben,
Wie dich dieser Morgen fand. –
Freude regt die gold’nen Schwingen,

[16]
265
Freude nur beherrscht uns ganz,

Laßt die Schellentrommel klingen,
Jauchzet in den Sang und Tanz.

Graf v. Port d’Amour.
Feierlich ist diese Stunde,
Darum folgt mit ernstem Sinn

270
Uns zu der Kapelle hin.


Chor.
Feierlich, wie diese Stunde,
Wallen wir mit frommen Sinn
Zu dem Brautaltare hin.

Etienne.
Herr Graf – Herr Graf –

275
Herr Graf – mir fehlen Worte –

Denn mich erschreckt – ich weiß nicht was –
So eben trat – durch Ihre Pforte –
Ein junger Mann – ganz leichenblaß –
Ich sage ihm, er möchte warten –

280
Bis nach der Hochzeit meint’ ich nur;

Doch schweigend schritt er durch den Garten,
Und folget mir – knapp auf der Spur.

Hippolyt.
So treibet schnell zurück den Frechen,
Kein neuer Aufschub trete ein.

Graf v. Port d’Amour.

285
Will dieser Fremde gleich mich sprechen,

So muß ich deß’ gewärtig seyn.

[17]

Isolde.
Mir ist’s, als drohe ein Verbrechen,
Verderben dringet auf mich ein.

Etienne und Lavigne.
Graf Damartin mag selbst ihn sprechen,

290
Ich möchte nicht sein Bote seyn.


Graf v. Port d’Amour.
Aubri!

Hippolyt.
Aubri!

Chor.
Aubri!

Isolde.
Das Traumbild dieser Nacht.

Graf v. Port d’Amour.

295
Du bist es!


Aubri.
Ich bin es!

Beide.
O süsses Entzücken!

Graf v. Port d’Amour.
Den Bruder!

[18]

Aubri.
Den Vater!

Beide.

300
An’s Herz dich zu drücken!


Graf v. Port d’Amour.
Den Tod selbst bezwangst du, um mich zu beglücken.

Aubri.
Nur Liebe soll künftig das Leben uns schmücken.





Graf v. Port d’Amour.
O himmlische Wonne, o selige Lust!

Aubri.
Entzückende Wonne, beglückende Lust!

Beide.

305
Ich drücke den Freund an die pochende Brust.


Hippolyt.
Freudig hab’ ich mit empfunden;
Lust nur folgt der Trennung Qual,
Doch es fliehen schnell die Stunden,
Und mein harrt der Hochzeitsaal.

Graf v. Port d’Amour.

310
Meines Wort’s bin ich entbunden,

Ihn traf früher meine Wahl,

[19]

Meinen Freund hab’ ich gefunden,
Und der Tochter den Gemahl.

Hippolyt.
Ihr wollt von der Braut mich trennen?

Graf v. Port d’Amour.

315
Mein Entschluß war Euch bekannt.


Hippolyt.
Ihr denkt Euer sie zu nennen?

Aubri.
Längst schon wünscht’ ich dieses Band.

Hippolyt.
Jedem Glück soll ich entsagen? –
Ha, mich tödten Schmerz und Wuth.

320
Doch das Höchste will ich wagen,

Noch verläßt mich nicht mein Muth.
Du, Isolde, wirst entscheiden,
Ob mir Glück und Freude winkt,
Ob mir unter ew’gen Leiden

325
Meines Lebens Sonne sinkt.


Graf v. Port d’Amour.
Ja, Isolde mag entscheiden.

Isolde.
Nun wohl! es sey; – es muß geschehen;
Mich dränget eine höh’re Macht,
Und sollt’ ich trostlos untergehen,

330
Und sinken in die ew’ge Nacht –
[20]

Was in mir glüht, bekenn’ ich laut:
Nur diesem geb’ ich mich als Braut! –

Chor.
Sie liebt Aubri, der Fremdling siegt.
Weh, Hippolyt! er unterliegt.

Hippolyt.

335
Nein, ich werd’ nicht unterliegen,

Rache schwör’ ich dem Gemahl!
Durch die Liebe werd’ ich siegen,
Und wo nicht, durch diesen Stahl.
Dir Isolde sey vergeben,

340
Raubst du mir auch gleich das Leben,

Konnt’st du auch die Treue brechen,
Nie will ich an dir mich rächen,
Ewig, ewig lieb’ ich dich. –
Was du, Vater, mir gethan,

345
Schmerzt, doch Hippolyt vergißt.

Heilig bleibt mir stets der Mann,
Der Isoldens Vater ist. –
Dir nur, der vom Grabesrand
Sich zurück in’s Leben fand –

350
All’ mein Glück zu rauben droht,

Dir nur schwör’ ich Rache, Tod!

Aubri.
Schlagt den Rasenden in Ketten!

Hippolyt.
Wag’ es, wer das Leben haßt!

Isolde.
Hippolyt! ich muß ihn retten!

[21]

Graf v. Port d’Amour.

355
Ach, des Wiedersehens Freuden

Wandeln sich in herbe Leiden,
Schmerz und Trauer mich erfaßt.

Alle.
Wehe, wehe, wie sie grollen,
Wie die glüh’nden Augen rollen!

360
Wie die Blicke wild entbrennen!

Rache wüthet, Rache droht!
Sucht die Feinde rasch zu trennen,
Statt des Festes, winkt der Tod.

Hippolyt.
Fluch der Hölle dir, Verwegner!

365
Der mein Glück zu rauben droht!

Dir nur schwör’ ich Rache, Tod!

Aubri.
Zittre, Frevler! Stolzer Prahler!
Der in seiner Wuth mir droht!
Dich nur treffe Rache, Tod!

 (Ende des ersten Aktes.)


[22]
Zweiter Akt.


Nr. 8. Terzett.


Lorette.

370
Nun sagt, wie steht das Kränzchen mir?


Morton. Lavigne.
Du könntest gar nicht hübscher seyn.

Lorette.
Ich dächte, noch ein Röschen hier.

Morton. Lavigne.
Ganz recht, das schmückt dich ungemein.

Lorette.
Nun mein’ ich, daß mir nichts mehr fehlt.

Morton.

375
Wer einfach wählt, hat wohl gewählt.
[23]

Lavigne.
Nein, nein, das ist nicht gut gedacht,
Wer einfach geht, wird ausgelacht.
Nimm hier noch Scabiosen,
Die Malven und die Rosen,

380
Die Veilchen und den Quendel,

Den Thymian und Lavendel,
Die weiß und rothen Bänder,
Zu schmücken die Gewänder,
Hier noch die gold’ne Nadel,

385
Dann bist du ohne Tadel.


Lorette. Morton.
Wo denkst du hin! Du bist nicht klug.

Lavigne.
Die Braut ist mir nie hübsch genug.

Lorette.
Weg mit allem eitlen Tand,
Nur der frische Myrthenkranz

390
Und ein einfach Rosaband

Gilt mir mehr als aller Glanz,
Und gewiß, so werd’ ich Allen,
Die mich sehen, wohlgefallen.

Lavigne.
Allen? Hört Ihr’s, Vater? Allen

395
Will das Mädchen hier gefallen,

Und ich denk’, ich soll allein
Hier der Hahn im Korbe seyn.

Morton.
Ganz allein.

[24]

Lorette.
Regt sich wieder Eifersucht?

400
Ach, der Liebe bitt’re Frucht.

Vollen Glauben fordern Frauen,
Und der Mann soll blind vertrauen.

Morton.
Blind? o nein!

Lavigne
Darf ich ihren Schwüren trauen!

Morton.

405
Zweifle nicht!


Lorette.
Soll ich auf den Mann nur bauen?

Morton.
Das ist Pflicht.

Alle drei.
Nur bei Liebe und Vertrauen
Drücken Hymens Fesseln nicht,

410
Glaubt ihr Männer, glaubt ihr Frauen,

Treu’ um Treu’ ist süsse Pflicht.


Nr. 9. Chor und Ensemble.


Willkommen sey uns hier auf’s Neue,
Wo dir so manche Thräne floß.
Es grüßen Liebe dich und Treue

415
In deiner hohen Ahnen Schloß.

[25] Recitativ.

Aubri.
Nehmt meinen Dank, ihr guten Leute!
Ein Freudenfest begeh’ ich heute.
Von frohen Menschen hier umgeben,
An meines Freundes Vaterbrust,

420
Lacht mir so wonnevoll das Leben,

Empfind’ ich doppelt eure Lust.

Chor.
Heil! Heil! Aubri! Heil seinem edlen Freunde!

Graf v. Port d’Amour.
Nein, nein – hier droht der Tochter nicht Gefahr –
Er ist der Edle noch, der stets er war.

Aubri.

425
Uebernehmet meine Rechte,

Sprecht für mich in diesem Kreise,
Lasset mich nach meiner Weise
Still des Augenblicks mich freu’n. –
Dieser gründet heut’ mein Glück –

430
Vater ist er mir – uns Allen,

Sucht dem Grafen zu gefallen,
Nützt den frohen Augenblick.

Chor.
Welche Liebe, welche Güte!

Aubri.
Willst du, Holde, mich erhören,

[26]

Chor.

435
Lasset uns der Freude weih’n!


Aubri.
So gehör’ ich dir allein!

Chor.
Freundlich winkt des Lebens Blüthe.

Aubri.
Jedes Band will ich zerstören,

Chor.
Ja, wir werden glücklich seyn.

Aubri.

440
Glücklich nur mit dir zu seyn.


Chor.
Heil, Aubri! er lebe hoch!

Aubri.
Vater, sagt den guten Leuten,
Daß ihr Wunsch mich hoch erfreut.
Euer Glück wird es bereiten,

445
Ihm verdankt ihr Alles heut.


Chor.
Rings soll Freude sich verbreiten,
Heiter lächle uns die Zeit.

[27]

Aubri.
Zweifel kann ich nicht ertragen,
Sprich nur rasch: Ja oder Nein!

Lorette.

450
Gnäd’ger Herr, wie könnt’ ich’s wagen –

Nie darf ich die Eure seyn.

Graf v. Port d’Amour.
Alles dürft ihr von ihm hoffen.

Aubri.
Holdes Mädchen, laß’ mich hoffen.

Lorette.
Tief hat mich sein Blick getroffen.

Graf v. Port d’Amour.

455
Für sein Wort verbürg’ ich mich.


Aubri.
Dort im Garten seh’ ich dich.

Lorette.
Wohl! es sey! erwartet mich.

Aubri.
Sicher kommst du?

Lorette.
 Ja doch, ja!

[28]

Aubri.

460
Ha! wie ist mein Glück mir nah!


Graf v. Port d’Amour.
Euch zu beglücken ist er da.

Aubri.
Fort nun zur Freude, zur taumelnden Lust,
Jubel nur schwelle die pochende Brust.
Nicht in dem Schlosse, im dumpfigen Saal,

465
Draußen im Freien bereitet das Mahl.


Chor.
Auf, in das Freie, zum fröhlichen Mahl,
Spendet uns blinkenden Wein im Pokal.
Jubel nur schwelle die pochende Brust,
Fort nun zur Freude, zur tobenden Lust.


Nr. 10. Arie.


Hippolyt.

470
Mag auch mein ganzes Glück zertrümmern,

Und faßt mich auch der sich’re Tod;
Nie soll mich ein Geschick bekümmern,
Das nur mein eig’nes Seyn bedroht.
Ich trotze kühn den Ungewittern

475
Und selbst des Himmels Flammenstrahl,

Für sie nur, für Isolden zittern,
Das wäre mehr als Höllenqual!
Ihrer Augen holde Sterne
Hellten meines Lebens Nacht;

480
Auch verstossen – in der Ferne

Fühl’ ich ihre sanfte Macht.
Mag sie mich auch treulos hassen,
Schwand der Liebe letzter Schein –

[29]

Nimmer werd’ ich sie verlassen,

485
Will ihr nah als Retter seyn.


Nr. 11. Duett.


Hippolyt.
Zittern soll der feige Bösewicht.

Lavigne.
Meine Braut soll er mir nicht entreissen.

Hippolyt.
Hier zu strafen ist mir heil’ge Pflicht.

Lavigne.
Mit den Zähnen will ich ihn zerreissen.

Hippolyt.

490
Fällen will ich dieses schuld’ge Haupt.


Lavigne.
Mädchenräuber, nimm dich wohl in Acht!

Hippolyt.
Meines Lebens Glück hat er geraubt.

Lavigne.
Warum hat er mich in Wuth gebracht?

Hippolyt.
Fort, die Rache zu vollstrecken.

[30]

Lavigne.

495
Herr, erst müßt Ihr Euch verstecken.


Hippolyt.
Solche feige List entehrt.

Lavigne.
Könnt Ihr sonst die Schuld beweisen?

Hippolyt.
Offen ford’r’ ich ihn auf’s Schwert.

Lavigne.
Erst die List und dann das Eisen.

Hippolyt.

500
Wohl, es sey, doch nicht entflieh’n

Soll er meinem Strafgericht,
Ihn zur Rechenschaft zu zieh’n,
Machet Liebe mir zur Pflicht.

Lavigne.
Nun, schwarzes Gräflein, nun bist du dahin,

505
Denn seiner Rache entgehest du nicht;

Solch ein Vertheid’ger ist wahrlich Gewinn,
Ohne zu fragen erst, haut er und sticht.

Beide.
Nun fort ohne Weilen,
Auf lasset uns eilen

510
Zum dunkeln Gericht.

Die Tugend erretten,

[31]

Das Laster zertreten
Ist heilge Pflicht.


Nr. 12. Cavatine.


Lorette.
Wo der holde Frühling lächelt,

515
Wo ein sanfter West uns fächelt,

Da ist sicher Amor auch.
Aus den Blumenkelchen nickend,
Uns mit Blüthenduft entzückend,
Flüstert Liebe jeder Hauch.

520
Wo nur eine Quelle rauschet

Fliehet schnell, denn Amor lauschet
Unter jedem Blüthenstrauch.
Blinkt nun erst der Mond hernieder,
Flöten Nachtigallenlieder,

525
Schweigt des Tages lauter Scherz,

Kommt die Nacht in stiller Feier,
Hüllt uns in den Zauberschleier,
Wer, wer rettet dann das Herz.
Brechen muß es, untergehen,

530
Unter Sehnen, unter Wehen,

In der Liebe süssem Schmerz.


Nr. 13. Cavatine.


Etienne.
Frühling hat bald ausgelächelt,
Sturmwind saußt, wo West gefächelt,
Eisig weht sein starrer Hauch.

535
Wo der Zeiten Fittig rauschet,

Flieht die Jugend, Reue lauschet
Unter jedem Dornenstrauch.
Dräuend blickt der Himmel nieder,
Uhu’s heulen Todtenlieder –

540
Sprich, wer rettet dann dein Herz?
[32]

Brechen muß es, untergehen,
Und für jegliches Vergehen
Trifft dich der Verzweiflung Schmerz.


Nr. 14. Finale.


Aubri.
Führe, grause Macht der Hölle,

545
Führ’ das Opfer mir herbei,

Bring’ Lorette mir zur Stelle,
Daß aus frischer Lebensquelle
Ich mein Daseyn rasch erneu’!
Aber wenn sie ferne bliebe,

550
Sich entzöge meiner Liebe,

Wenn, von Angstgefühl gemahnt,
Meiner Neigung Quell’ sie ahnt?
Grause Macht der Hölle!
Führe sie zur Stelle,

555
Führe sie herbei, herbei!

Daß sie mein – mein eigen sey! –
Sie bebt, – sie kämpft, sie weint, – sie naht –
Bald ist erfüllt, um was ich bat –
Umsonst ist alles Widerstreben,

560
Sie kommt – und bringt mir neues Leben.


Lorette.
Es zieht mich fort, mit Macht, mit Macht,
Und gält’ es auch mein ganzes Leben,
Und gähnte hier der Hölle Schacht,
Ich kann, ich kann nicht widerstreben.

Aubri.

565
Der Abend sinkt, – mein Tag erwacht

Ich finde dich, mein süsses Leben,

[33]

Wo mir dein holdes Auge lacht,
Seh’ ich die Sonne sich erheben.

Lavigne.
Herr Graf, sie sind’s, gebt Acht, gebt Acht!

Aubri.

570
Willst du dich liebend mir ergeben?


Lavigne.
Sie stirbt, wenn sie ihm Hoffnung macht.

Lorette.
Es pocht das Herz mit bangem Beben.

Hippolyt.
Bald sinket er zur ew’gen Nacht.

Aubri.
Freudig wird es bald mir tagen,

575
Du Lorette wirst nun mein,

Fühl’ mein Herz für dich nur schlagen,
Holdes Mädchen, will’ge ein.

Lorette.
Nur mit Beben, nur mit Zagen,
Sag’ ich dir nur, dir allein,

580
Liebe kann ich nicht versagen,

Engel, Teufel, ich bin dein.

[34]

Hippolyt.
Darf der Freche solches wagen!
Darf ich’s dulden, nein, o nein!
Rache will ich, weg mit Klagen!

585
Rache soll mir Wonne seyn.


Lavigne.
Länger kann ich’s nicht ertragen,
Das ist mehr als Höllenpein.
Ha, mich drängt’s, ihn todt zu schlagen,
Waffen her, Stock oder Stein!

Aubri.

590
Horch auf, das sind die Hochzeitgäste!


Lorette.
Sie sind’s, sie sammeln sich zum Feste!

Aubri.
Komm, holdes Liebchen, folg’ mir nach!

Chor.
Auf, ihr Schönen!
Lieber tönen,

595
Und der Brautkranz winkt.

Zum Altar,
Holdes Paar,
Eh’ die Sonne sinkt.

[35]

Aubri.
Hölle! soll sie mir entgehen!

600
Ha! ich lechz’ nach ihrem Blut!


Lorette.
Mich durchwühlen tausend Wehen!
Welches Leben! welche Glut!

Aubri.
Folge mir, du zarte Taube,
Günstig ist der Augenblick.

Lorette.

605
Wilder Angst bin ich zum Raube,

Himmel, was wird mein Geschick!

Aubri.
Fort, Geliebte, laß’ uns flieh’n!

Hippolyt.
Feiler Bösewicht, fahre hin!

Aubri.
Hippolyt! o Höllenpein!

Hippolyt.

610
Mein Gewissen spricht mich rein.
[36]

Chor.
Was war das? Was ist geschehen?

Graf v. Port d’Amour.
Ha! Aubri! – was muß ich sehen?

Lavigne.
Meine Braut wollt’ er verführen,
Da traf ihn der Rache Strahl.

Graf v. Port d’Amour.

615
So den theuren Freund verlieren,

Schicksal, das ist Höllenqual.

Aubri.
Schwöre mir bei deinem Leben –
Schwöre bei Isoldens Glück,
Keine Kunde ihr zu geben

620
Von dem gräßlichen Geschick –

Bis – die zwölfte Stunde tönt –
Und – ich sterbe dann – versöhnt –

Graf v. Port d’Amour.
Wohl, ich schwöre! –

Aubri
 Nun ist’s gut!

625
Ströme – ströme hin – mein Blut!
[37]

Alle.
Weh! es faßt uns wildes Grausen,
Fliehet, fliehet diesen Ort.
Hört ihr’s durch die Lüfte sausen,
Das ist Gottes Donnerwort!

630
Fluch bezeichnet diesen Ort,

Und die Leiche, und den Mord –
Fliehet fort! –

Aubri.
Wer kann die Todten morden!
Noch ist Isolde mein!

 (Ende des zweiten Aktes.)


[38]
Dritter Akt.


Nr. 15. Romanze.


Isolde.

635
In stiller Nacht das Sternlein glimmt

Am tiefen Himmelssaum;
Der Kahn des blassen Mondes schwimmt
In ungemeß’nem Raum.
Die Erde liegt in bleichem Schein,

640
Der Nachtwind flüstert durch den Hain.

Es tönen Stimmen um mich her
So traurig, mild und fern;
Es braußt wie das erzürnte Meer,
Und tiefer sinkt mein Stern.

645
Im ungemeß’nem Ocean

Schwimmt steuerlos mein Lebenskahn.
Wo mich retten
Von den Schauern,
Die mich furchtbar still umringen,

650
Von den Ketten,

Die mich enger stets umschlingen.
Ew’ger Geist der heitern Fernen,
Der du thronest über Sternen,
Dir nur ist mein Leid bewußt.

[39]
655
Warne, Vater, wenn ich fehle,

Ende diesen Streit der Seele,
Sende Frieden in die Brust.


Nr. 16. Duett. Arie. Finale.


Hippolyt.
Dich nur wollt’ ich retten!

Isolde.
Ungeheuer!

Hippolyt.

660
Brechen deine Ketten!


Isolde.
Mir so theuer!

Hippolyt.
Unwerth war er deiner Hand.

Isolde.
Frevle nicht!

Hippolyt.
D’rum zerriß ich dieses Band.

[40]

Isolde.

665
Bösewicht!


Hippolyt.
Kannst du mich so sehr verkennen!

Isolde.
Mörder nur will ich dich nennen!

Beide.
Wo Liebe glühte, regt sich Haß,
Ich fühl’s, ich kann nicht widerstehen.

670
Im Auge Wuth, die Wange blaß,

Soll ich feindlich vor mir sehen.
Fort Anblick zu entflieh’n! –
Doch mächtig zieht mich’s zu hin.
Nein, nie werd’ ich in Haß entbrennen,

675
Die früh’re Neigung regt sich doch.

Wir müssen uns auf ewig trennen,
Doch bleib’ ich ewig noch.

Isolde.
Leb’ wohl, mein Hippolyt!

Hippolyt.
Isolde, lebe wohl!

[41]

Beide.

680
Auf ewig wohl! – auf ewig wohl!


Isolde.

Recitativ und Arie.

Er geht, ihm folget scheu mein Blick.
Mir ist’s, als würde nun mein Leben
Und meiner ganzen Jugend Glück
Auf immer mir mit ihm entschweben.

685
Schöne, gold’ne Frühlingstage,

Wo – wo seyd ihr hin entfloh’n?
Ach, vergebens seufzt die Klage,
Es verhallt ihr leiser Ton.
Freudig klangen sonst die Lieder,

690
Fromm und rein war mein Gebet,

Und vom hohen Himmel nieder
Engelsflüstern mich umweht.
Und dürft’ ich mich nicht mehr erheben?
Und dürft’ ich nimmer aufwärts streben? –

695
Du Vater, der im Himmel wohnet,

Sieh gnädig auf dein flehend Kind!
Ein Blick von dir, der oben thronet,
Und jedes Nebelbild zerrinnt,
Und siegend steht in ew’ger Klarheit

700
Vor meinem Aug’ die hehre Wahrheit.

Ha! es wird Licht!
Fort, Traumgesicht! –
Ein sanfter Strahl aus tiefer Nacht,
Der, wie der Sterne holdes Licht,

705
Die Wolken meines Wahns durchbricht,

Erleuchtet mich durch Gottes Macht.
Heil mir, es tagt – der böse Traum
Verfließt vor meinem Blick wie Schaum,
Und in dem Herzen, Gott erfüllt,

710
Strahlt mild und rein der Tugend Bild.
[42]

Wonnegefühle beleben die Brust –
Das Trugbild der Hölle verschwindet!
O himmlisch Entzücken, o selige Lust!
Gott hat mir die Wahrheit verkündet!

715
Es drohte am Abgrund die höllische Macht!

Der Glaube erleuchtet die finstere Nacht.
Ich sehe die Engel im himmlischen Chor –
Mein Dank steigt zum Vater der Liebe empor!

Recitativ.

Tag ist’s vor meinen Augen!

720
Das Ungeheuer, das mich verfolgt

Mit wilder Gier –
O Schrecken und Grauen! ist – ist –
Ein Vampyr!

Aubri.
Ha! wer wagte den Verrath!

Isolde.

725
Wehe! weh! er kehrt zurück!


Aubri.
Vorwärts drängt’s! die Stunde naht.

Isolde.
Schrecklich drohet mir sein Blick.
Heil’ger Glaube schütze mich!

[43]

Aubri.
Ha! mich fesselt höh’re Macht!

Isolde.

730
Herr, dein Vaterauge wacht!


Aubri.
Nun, so muß ich denn verderben,
Aber du sollst mit mir sterben.

Isolde.
Wehe, weh! wer rettet mich!

Graf v. Port d’Amour.
Was seh’ ich? Du, und immer du!

735
Durch eine finst’re Höllenmacht

Zum zweitenmal dem Grab entstiegen.

Aubri.
Trotz dir soll auch die Hölle siegen,
Du giebst mir selbst der Tochter Hand,
Und knüpfest schnell der Liebe Band.

Graf v. Port d’Amour.

740
Nie, nie, du bist –
[44]

Aubri.
Halt ein! gedenke deines Schwurs!

Graf v. Port d’Amour.
Nein! Nimmermehr! des Vaters Rechte,
Sie schützen gegen Höllenmächte.
Kehr’ hin, von wannen du gekommen,

745
Nichts soll dein finstres Werk dir frommen,

Isolde ist und bleibet

Aubri.
 Mein!

Graf v. Port d’Amour.
Der Tod durchrieselt mein Gebein!

Aubri.
Bald bist du der Hölle verfallen,

750
Bald wird uns die Mitternacht schallen,

Dann sinkst du mit mir hinab, hinab –
In’s ew’ge Grab! –

Atramidur.
Die Glocke ruft zum Höllenpfade.
Atramidur fällt nicht allein.

[45]

Graf v. Port d’Amour.

755
Laß’ mir die Tochter! Gnade, Gnade!


Isolde.
In seinen Armen selbst bin ich rein!

Atramidur.
Herab mit mir zum tiefsten Schlunde.

Graf v. Port d’Amour.
Dem Vater bleibt sein heilig Recht!

Unterirdischer Chor.
Die Stunde ruft!

Atramidur.

760
Die Brüder sind mit mir im Bunde.


Chor mit Atramidur.
Herab zur Gruft!

Graf v. Port d’Amour.
Du selbst nur, feiler Sündenknecht!

[46]

Atramidur.
So treffe Euch mein ew’ger Fluch!

Chor.
Nur dich verdammt des Ew’gen Spruch!

Schluß-Chor.

765
Dank dir, allmächtiger,

Ewiger Gott!
Preis dir, du gütiger,
Liebender Gott!
Bosheit im Staube liegt,

770
Rächender Gott!

Tugend und Unschuld siegt,
Dank dir, o Gott.

 Ende.