Der Turmbläserbrunnen in Bremen
Der Turmbläserbrunnen in Bremen. (Mit Abbildung.) Die alte Hansestadt Bremen ist seit einiger Zeit um eine künstlerische Zierde, wie sie ähnlich ihre altersgrauen Patrizierhäuser an ihren Renaissancefassaden in oft verschwenderischer Fülle zeigen, reicher geworden. Zugleich ist in diesem neuen Schmuck eine aus alten Tagen auf uns gekommene und noch heute gern geübte Sitte verkörpert. Allsonntäglich vormittags spielte und spielt man auch heute noch vom Glockenstuhl der Domtürme herab einen feierlichen Choral, unter dessen Klängen die Kirchenbesucher das alte Gotteshaus verlassen, und in dem sogenannten Turmbläserbrunnen, den man jetzt enthüllt hat, ist diese hübsche Sitte in Stein und Bronze festgehalten worden. In der Ecke, die von den Domtürmen und der Fassade des Künstlervereinshauses gebildet wird, hat der Brunnen seinen Platz erhalten; er steht also in der Nähe des Marktplatzes, wo die alten Renaissancehäuser ihre zierlichen Giebel emporstrecken, wo das ehrwürdige Rathaus mit seinem prächtigen Figurenausschmuck an die kunstfrohe Zeit des späten Mittelalters erinnert. Auf einem turmartigen Unterbau aus Sandstein, der sich in seinen Formen an den gotischen Stil des Doms anlehnt, erhebt sich eine Bronzegruppe, drei Turmbläser darstellend. Jeder einzelne von ihnen ist vom Künstler, Max Dennert aus Friedeberg in der Neumark, individuell und gewissermaßen als Träger und Vertreter einer Spezialität unter den Musikanten aufgefaßt. In der Tracht des Rattenfängers sind die drei fahrenden Leute in ungezwungenster Haltung hingestellt und blasen ihr Stücklein ganz offenbar mit der Tendenz: wenn es nur laut klingt. Viel Harmonie würde, wenn sie ihren alten Hörnern und Pfeifen wirkliche Töne entlocken könnten, wohl nicht zu stande kommen, und glücklicherweise blasen die modernen lebenden Turmbläser ihre Choräle nach anderen Prinzipien als diese drei Kumpane. Sonst würde die alte Sitte heute wohl kaum noch so gute Freunde haben, wie es der Stifter des Brunnens, Franz Schütte, ist, einer der bekanntesten bremischen Großkaufleute, der schon oft, wenn es galt, künstlerische oder gemeinnützige Zwecke zu fördern, eine offene Hand gezeigt hat.